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0978 - In den Ruinen von London

0978 - In den Ruinen von London

Titel: 0978 - In den Ruinen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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eben!«
    Carrie schüttelte den Kopf. »Ich sagte doch Freunde.«
    »Scheiße, was ist das für eine Sorte Blumen? Gab’s die schon, bevor die Stadt den Bach runter ging?« Das Misstrauen war ihm deutlich anzusehen.
    Carrie nickte. »Hab sie schon vor zwei Wochen entdeckt. Da waren sie aber noch bunt.«
    »Bunt…« Tom blickte auf die lackschwarzen Blütenkelche, dann drehte er sich um und streckte die Arme aus, um sich wieder geduckt durch das Gebüsch zu kämpfen, das diesen Bereich des Gartens vor Blicken vom Cottage aus schützte. Allerdings hatte man einen freien Blick schräg die Hänge von Highgate Woods hinunter bis zur City. Bis zu der Stelle, wo sich der gigantische Baum seit gestern in den Himmel schraubte.
    »Wohin willst du?«
    »Was denkst du denn?«
    »Gefällt’s dir hier nicht?«
    »Das ist so abgefahren wie fast alles, was ich vor die Linse kriege. Aber für heute reicht’s mir. Macht’s dir was aus, wenn ich mich ein bisschen in deiner Hütte umsehe? Ehrlich gesagt, hab ich verdammten Kohldampf. Ich glaub zwar nicht, dass euer Kühlschrank noch funktioniert, aber das eine oder andere dürfte noch genießbar sein.«
    Noch während er sprach, verschwand er im Dickicht.
    Carrie sah zu den Blumen hinauf, als wollte sie sich für das Verhalten ihres neuen Freundes entschuldigen. »Wir kommen wieder«, versprach sie. »Ich bring ihn wieder mit. Wenn ich hungrig bin, kann ich mich auch nicht leiden.«
    Sie tastete in Nabelhöhe über ihr Kleid. Der Bauch dort knisterte, und etwas schien leise zu lachen wie über einen guten Witz.
    ***
    »Ihr habt noch Strom. Wir kommt’n das?«
    Tom blickte den offenen Kühlschrank wie das neunte Weltwunder an (das achte überragte definitiv gerade London) und grapschte sich schließlich mehrere Frischhaltebehälter, in denen Carries Mum Essensreste von den Vortagen aufbewahrte, die nur noch in der Mikrowelle erhitzt werden mussten.
    »Mhm - das riecht selbst kalt schon lecker. Das muss man deiner Mum lassen: Kochen konnte sie.«
    Carrie spürte, wie sich in ihrem Magen ein Knoten zusammenzog. Verdrängen funktionierte nicht immer. Das »konnte« von Tom rief ihr brutal ins Bewusstsein, dass sie nach 30 ihrem Dad nun auch ihre Mum verloren hatte, auch wenn die offenbar noch irgendwo in der City herumlief.
    Plötzlich schoss Hitze in ihren Kopf.
    Die Vorstellung, dass ihre Mum auch hier wieder aufkreuzen könnte, hatte sie bislang völlig außer Acht gelassen. Dabei war es naheliegend.
    Sie zitterte. »Tom?«
    »Was gibt’s?«
    Tom hatte die Behälter offen in die Mikrowelle gestellt, klappte gerade die Tür zu und stellte den Wählschalter auf fünf Minuten.
    Mum reichten meist drei.
    Hatten meist drei gereicht.
    Carrie spürte ein Kribbeln am ganzen Körper und fragte sich, ob das nun endlich die Angst war, die panische Angst, die sich bislang so diskret von ihr ferngehalten hatte.
    »Tom, was machen wir, wenn sie kommt?«
    »Wer?«
    »Meine… Mum.«
    Die Frage schien auch sein Denkstübchen anzukurbeln. Er blickte an ihr vorbei und reagierte erst wieder, als das »Pling!«, der Mikrowelle anzeigte, dass die fünf Minuten um waren.
    Mit dem dampfenden Essen flegelte er sich aufs Sofa und angelte sich die Fernbedienung vom Tisch. Dann sagte er einen Satz, der Carrie zweifeln ließ, dass er schon in der Realität angekommen war - oder sich durch aufgesetzte Coolness selbst etwas vorgemacht hatte. Vielleicht sogar weiter etwas vormachte. Denn der beiläufige Ton, in dem er redete, passte überhaupt nicht zum Inhalt seiner Feststellung.
    »Wir werden sowieso sterben.«
    »Arschloch!«, schrie Carrie.
    Tom blickte verwundert vom Sofa quer durch den Raum bis hin zur Küche, die durch keine Wand abgetrennt, sondern komplett offen war.
    »Was’n jetzt los?«
    Sie griff nach dem erstbesten Utensil - eine Porzellanvase mit Küchenkräutern - und warf sie auf Tom.
    Der konnte gerade noch den Kopf zur Seite nehmen, sonst hätte Carrie voll getroffen.
    Die Vase zerschellte auf den Dielen.
    »Hey! Dreh nicht durch. War nich’ so gemeint!«
    »Arschloch! Blödes Arschloch! Hau ab! Hau ab aus meinem Haus!«
    Er kicherte. »Dein Haus. Von heute an ist das ebenso gut mein Haus. Immer noch nicht kapiert? Wir beide sind was Besonderes. Wir können wahrscheinlich jedes Haus hier in der Gegend haben. Wir können sogar, wenn wir Bock haben, in den Buckingham Palast runter und mal bei Königs vorbeischauen! Hey - das ist überhaupt die Idee! Obwohl, besser wir warten noch ein paar

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