098 - Der Kerkermeister
die Stelle als Sekretär bei Vincente da Fonseca erhalten, dem Erzbischof von Goa. Er war drei Monate in Portugal und seiner Heimat gewesen. Jetzt wollte er nach Goa zurückkehren.
Die Winde waren günstig. Wir kamen rasch vorwärts. Der Konvoi segelte Afrikas Küste entlang und um das Kap der guten Hoffnung herum. Dann nahm er Kurs auf Sumatra.
Die beiden Japaner sprachen etwas Portugiesisch. Sie hießen Noboru Yano und Kozaburo Miyata. Beide waren sehr zurückhaltend. Sie waren sichtlich von Europa beeindruckt. Es dauerte mehrere Wochen, bis sie zu mir Vertrauen gefaßt hatten.
Mit van Linschoten hatte ich mich angefreundet. Stundenlang gingen wir an Deck auf und ab und diskutierten. Meist sprachen wir deutsch, das an Bord außer uns beiden niemand sprach.
So wie ich hielt der Holländer nicht viel von den Portugiesen. Er hielt sie für unfähig, das riesige Reich zu verwalten, das sie besaßen. Das Land war einfach zu klein dazu. Er war sicher, daß die Niederlande nicht mehr allzu lange zu Spanien gehören würden. Außerdem glaubte er, daß in Zukunft mit den Engländern zu rechnen sein würde.
Ich hatte von Francis Drake gehört, der 1577-1580 als zweiter die Erde umsegelt hatte. Englische und holländische Piraten machten die Meere unsicher, und die Spanier und Portugiesen hatten höllische Angst vor ihnen. Deshalb fuhren sie meist in großen Konvois. Doch auch das half nicht immer. Die Piraten wurden immer frecher.
Von den Japanern lernte ich einige Brocken ihrer merkwürdigen Sprache. Ich ließ mir ihre Schrift erklären, die für mich ein Rätsel war, und erfuhr einiges über ihre Gebräuche und Ansichten.
Dabei dachte ich immer wieder an Franca Marzi und hoffte, daß er noch am Leben war.
Nie zuvor war eine Reise reibungsloser verlaufen. Wir waren in kein Unwetter gekommen und hatten keine Piraten gesehen, und die Verpflegung war ausreichend gewesen.
Wir fuhren zwischen Java und Sumatra hindurch und legten in Malakka an.
Hier verabschiedete ich mich von van Linschoten, der das Schiff verließ, um weiter nach Indien zu reisen.
Drei Tage später fuhren wir weiter. Jetzt sollte es direkt nach China gehen.
Wieder hatten wir Glück. Ohne Zwischenfall erreichten wir die chinesische Küste und bald danach Macao, das sich seit 1557 im Besitz von Portugal befand.
Mit dem Kapitän hatte ich mich darüber unterhalten, wie ich am besten von Macao aus nach Japan gelangen konnte. Dabei hatte ich einige interessante Dinge erfahren.
Die Chinesen erlaubten den eigenen und auch japanischen Schiffen nicht die Ausfuhr ihrer Waren. Doch den Portugiesen war es erlaubt, mit China und mit Japan zu handeln. Sie hatten das Monopol für den Handel zwischen den beiden Ländern. Aus China bezogen sie Porzellan, Baumwolle und Seide und aus Japan Silberbarren.
Jährlich fuhren riesige Schiffe, die Naos genannt wurden und bis zu 1600 Tonnen schwer waren, von Goa aus und liefen Kotschin, Penang und Malakka an, wo sie einen Teil der Ladung gegen Gewürze tauschten. Danach fuhren sie nach Macao und anschließend nach Nagasaki.
Ich mußte auf das Eintreffen der Naos warten. Das konnte aber noch mehr als zwei Monate dauern. Persönlich überwachte ich das Ausladen der Musketen. Sie wurden in einen Lagerraum getragen. Ich quartierte mich in einem Gasthof ein, der von einem Deutschen geführt wurde.
Macao, diese Insel an der Mündung des Perlflusses, gefiel mir außerordentlich. Hier lebten Europäer und Chinesen friedlich nebeneinander.
Ich hörte mich auf der Insel um, denn ich hoffte auf eine Gelegenheit, rascher nach Japan zu gelangen.
Der Hafen war voll mit chinesischen Dschunken und Wohnbooten. Die meisten Dschunken waren viel kleiner als europäische Schiffe und hatten meist vier, gelegentlich auch fünf Masten.
Wieder einmal lachte mir das Glück. Ein betrunkener Matrose half mir weiter. Er gab mir den Rat, mich mit Tristao d'Albuquerque, dem Kapitän einer schnellen Karracke, in Verbindung zu setzen. Mit einem Sampan ließ ich mich zur Lugo bringen. Die Karracke war klein und nur mit sechs Kanonen bestückt.
Tristao d'Albuquerque empfing mich in seiner Kajüte, die winzig klein war. Er war etwa dreißig Jahre alt, ein breitschultriger, finster blickender Bursche. Seine Haut sah wie Leder aus, und er war abstoßend häßlich. Sein Gesicht war voller Narben, und die Vorderzähne fehlten ihm.
Nach der Vorstellung nahmen wir Platz.
„Was kann ich für Euch tun, Herr?" fragte er interessiert.
„Ich will so rasch
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