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098 - Der Kerkermeister

098 - Der Kerkermeister

Titel: 098 - Der Kerkermeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Sie reichte ihm ein Glas Wasser, und er trank dankbar.
    „Erinnern Sie sich, Hunter", sagte Olivaro wieder. „Erinnern Sie sich. Es wird in kurzer Zeit für Sie äußerst wichtig sein, daß Sie sich an diese Dinge genau erinnern. Coco und ich werden Ihnen helfen, damit Sie die geistige Barriere vor Ihren Erinnerungen durchbrechen können."
    Dorian dachte über sein Leben als Michele da Mosto nach. Olivaro hatte tatsächlich recht. Er konnte sich an sein weiteres Leben mit O-Yuki kaum erinnern. Es klaffte eine gewaltige Lücke in seinem Gedächtnis.
    „Konzentriere dich, Dorian", sagte Coco und griff nach seiner rechten Hand.
    Der Dämonenkiller spürte, daß unsichtbare Kräfte von Coco auf ihn überflossen.
    „Sie waren in Prag, Hunter", sagte Olivaro drängend. „Erinnern Sie sich!"
    Prag - ja, daran erinnerte sich Dorian. Rabbi Loew, John Dee und Gebhard Stampfer von Vierort. Der Golem, den er schließlich getötet hatte. Danach war er noch kurze Zeit in Prag geblieben. Dann war er zusammen mit seinem Freund und Diener Franca Marzi nach Venedig gefahren. Er war der letzte da Mosto und mußte sich um die Geschäfte kümmern. Franca blieb noch ein Vierteljahr in Venedig, dann hatte er genug. Er langweilte sich. Dorian hatte ihn zurückhalten wollen, doch Francas Entschluß hatte festgestanden: Er wollte fort. Sein unruhiges Blut trieb ihn weiter. Er wollte Abenteuer erleben. Schweren Herzens hatte er Michele Franca ziehen gelassen.
    „Erzähle, Dorian", bat Coco.
    Und der Dämonenkiller erzählte…

    1586
    Ich wußte, daß Venedigs Reichtum und Macht für immer dahin waren. Die Konkurrenz der Portugiesen im Handel mit dem Fernen Osten wurde von Monat zu Monat stärker. Venedigs Tage waren gezählt. Die Geschäfte gingen schlecht. Ich kam mir wie ein Gefangener vor. Oft dachte ich an Franca Marzi und fragte mich, wo er sich wohl herumtreiben würde. Ein Jahr war verstrichen - ein Jahr voller Arbeit, die mich nicht interessierte., Ich war kein Kaufmann und würde es niemals werden. Dafür war ich nicht geschaffen.
    Mißmutig saß ich in meinem Arbeitszimmer, blätterte einige Papiere durch und schob sie schließlich zur Seite. Ich stand auf, trat ans Fenster und blickte über den Canal Grande. In den vergangenen Tagen hatte ich oft mit den Gedanken gespielt, all meine Besitztümer zu verkaufen. Nichts hielt mich in Venedig.
    Ich wurde aus meinen trüben Gedanken gerissen, als an der Tür geklopft wurde. Ein Diener meldete mir, daß mich ein Bote aus Portugal sprechen wollte.
    Der Bote überreichte mir einen versiegelten Umschlag.
    „Wer hat dir diese Botschaft für mich übergeben?" fragte ich ihn.
    „Pater Markus, Herr", antwortete er.
    Nie zuvor hatte ich etwas von Pater Markus gehört.
    Der Bote sah meine verwunderte Miene und sprach rasch weiter.
    „Pater Markus ist Jesuit. Herr. Er war lange Zeit in Japan."
    „Japan?" fragte ich überrascht.
    „Ja, Herr. Er kam vor vier Wochen zurück. Alles Nähere steht in der Botschaft."
    Ich befahl einem Diener, dem Boten ein Zimmer zu geben und ihn zu bewirten. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatten, setzte ich mich nieder, starrte den Umschlag an und brach das Siegel. „Edler Herr", begann das Schreiben. „Ich habe Euch eine Botschaft von Eurem Freund Franca Marzi zu überbringen, den ich in Japan kennengelernt habe. Es ist eine lange traurige Geschichte, die ich in diesem Brief nicht erzählen kann. Nur soviel: Euer Freund ist ein Gefangener des Kokuo no Tokoyo, was soviel wie ,Herrscher von Niemandsland' heißt. Der Kokuo quält ihn täglich. Seine einzige Rettung ist, daß jemand für ihn ein hohes Lösegeld bezahlt. Euer Freund bat mich, Euch von seiner Notlage zu unterrichten. Wenn Ihr ihm helfen wollt, dann kommt bitte nach Lissabon. Ich werde Euch dann alles Weitere persönlich erzählen."
    Wohl ein dutzendmal las ich dieses kurze Schreiben. Ich ging unruhig im Zimmer auf und ab.
    Mein Freund war ein Gefangener eines japanischen Herrschers. Da gab es nicht viel zu überlegen. Venedig hing mir zum Hals heraus. Japan - dorthin wollte ich.
    Drei Tage später hatte ich alle meine Besitztümer verkauft. Der Preis, den ich dafür erzielt hatte, war eher mäßig gewesen. Doch mir war es gleichgültig, da ich mir noch nie sehr viel aus Geld gemacht hatte.
    Mit einer venezianischen Galeere fuhr ich nach Cartagena, und von dort aus mit einer Karracke nach Lissabon.
    Phillip II., der Sohn Karl V., regierte über Spanien, die Niederlande, Neapel und Mailand. Und

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