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098 - Der Kerkermeister

098 - Der Kerkermeister

Titel: 098 - Der Kerkermeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Gärten zu sehen, und die Luft war vom Duft unzähliger blühender Obstbäume und Blumen erfüllt.
    Der Kapitän führte mich in den Stadtteil Dejima, in dem die meisten Ausländer wohnten. Hier besaß der Kapitän ein eigenes Haus.
    Verwundert blickte ich mich im Inneren des Hauses um. Ich folgte dem Beispiel des Kapitäns und schlüpfte aus den Stiefeln. Er führte mich in ein Wohnzimmer. Der Boden war mit Strohmatten bedeckt, auf denen kleine Kissen lagen. Der Tisch war ungewöhnlich niedrig. Teile der Wände bestanden aus Papier. Man konnte sie beliebig verschieben.
    „Setzt Euch, Michele", sagte der Kapitän. Ich starrte die Kissen an. Er grinste. „Ich werde Euch jetzt zeigen, wie die Japaner sitzen."
    Er kniete nieder und preßte sein Gesäß auf die Fersen.
    „Sieht verdammt unbequem aus", stellte ich fest und folgte seinem Beispiel.
    „Ihr sagt es", sagte Tristao seufzend. „Wenn man daran nicht gewöhnt ist, schlafen einem dabei die Beine ein. Aber Ihr müßt Euch an diese Art des Sitzens gewöhnen."
    Der Kapitän stand auf.
    „Wohin geht Ihr?" fragte ich.
    „Ich bin in ein paar Minuten zurück. Ich sehe nach Masako. Sie ist meine Dienerin."
    Er blieb tatsächlich kaum länger als zehn Minuten fort.
    „In einer halben Stunde bekommen wir das Essen", sagte er zufrieden und setzte sich. „Jetzt werde ich einiges von den Japanern erzählen, was Ihr Euch unbedingt merken sollt. Erstens: Ein Japaner spricht niemals von sich selbst. Er ist Schwächen und Sorgen der anderen gegenüber vollkommen stumm, taub und blind. Diese Grundregel wird bildhaft ausgedrückt durch die drei Affen von Nikko. Nichts Unangenehmes sehen, nichts Unangenehmes hören, nichts Unangenehmes sagen. Daran haltet Euch unbedingt. Zweitens: Der Japaner vermeidet üblicherweise ein glattes Nein. Er redet um den heißen Brei herum, und oft wird man nicht klug aus ihm. Drittens: Die Japaner trinken gern, vertragen aber nicht viel. Betrunkene werden sehr nachsichtig behandelt. Ausländer jedoch verlieren sofort ihr Gesicht, wenn sie lallend herumtaumeln. Sie werden niemals mehr ernst genommen. Viertens: Die Frauen. Die Frau verbeugt sich zuerst vor dem Mann, niemals umgekehrt. Eine Galanterie, wie sie in Europa üblich ist, gibt es hier nicht. Der Japaner ist es gewohnt, daß eine Frau gehorcht. Sie öffnet ihm die Tür und bedient ihn. Fünftens: Das ewige Lächeln. Laß Euch davon nicht täuschen. Die gelbhäutigen Brüder lächeln auch dann, wenn sie etwas Trauriges oder Unangenehmes zu sagen haben. Sie können Euch sagen, daß Ihr zum Tode verurteilt seid - und werden dabei von einem Ohr zum anderen grinsen. Werdet niemals ungeduldig, was auch immer geschehen mag. Sechstens: Die Japaner widersprechen kaum. Ihr könnt den größten Blödsinn erzählen, und sie werden Euch zustimmen. Wenn Ihr Euch an diese Regeln haltet, habt Ihr sicherlich keine Schwierigkeiten."
    Ich prägte mir diese Regeln ein.
    Ein junges Mädchen trat ins Zimmer. Ihr pechschwarzes Haar lag eng am Kopf. Sie war recht hübsch, und ich bewunderte die dunklen mandelförmigen Augen.
    „Das ist Masako", sagte der Kapitän.
    Das junge Mädchen verbeugte sich vor mir.
    „Bleibt sitzen, Michele", sagte Tristan rasch. „Verbeugt Euch leicht und legt dabei Eure Hände flach vor die Knie."
    Ich gehorchte. Das Mädchen verließ das Zimmer und kehrte kurze Zeit später mit einem Tablett zurück, auf dem ein Dutzend kleiner Schalen standen.
    Sie servierte einen grünen Tee, der noch dampfte. Überrascht betrachtete ich die Eßstäbchen.
    „Ich zeige Euch, wie man mit diesen Stäbchen ißt, Michele."
    Es war gar nicht schwierig, wie ich nach einigen Versuchen feststellte.
    Zuerst aßen wir Reis, über den wir Tee schütteten, damit er saftiger wurde. Je länger ich aß, desto leichter gewöhnte ich mich an die Handhabung der Stäbchen. Danach wandten wir uns leicht gekochten Fischscheiben zu, die mit Chrysanthemenblättern bedeckt waren. Abschließend gab es Sukiyaki, ein Gericht, das aus dünnen Rindfleischscheiben bestand, die mit verschiedenen Gemüsesorten in einer Mischung aus Sojasoße und Reiswein gebraten worden waren.
    Zu meiner Überraschung hatte mir das Essen recht gut geschmeckt.
    Nach dem Essen tranken wir einen Becher Sake.
    „Ich werde Euch jetzt Pater Covinus vorstellen, der Euch sicherlich weiterhelfen kann. Der Pater ist mit dem Daimyo Minamoto recht gut befreundet. Dieser Daimyo ist ein mächtiger Mann, der Euch vielleicht ein kleines Schiff zur

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