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0981 - Tränenjäger

0981 - Tränenjäger

Titel: 0981 - Tränenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Breuer
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offenbar war der Unbekannte wohl gerade mit etwas anderem beschäftigt.
    Aus der Tiefe der Dunkelheit waren gieriges Kauen und Schmatzen zu hören.
    Domingo spürte, wie sich eine eiskalte Hand um sein Herz krampfte, dennoch setzte er tapfer einen Fuß vor den anderen, bis er die gewaltige Heiligenstatue umrundet hatte, hinter der er sein Ziel vermutete.
    Die Augen des tapferen Priesters weiteten sich. Nun hätte er selbst fast einen heiseren Schrei ausgestoßen, doch mühsam riss er sich zusammen. Er fühlte sich, als habe ihm jemand brutal die Faust in den Magen gerammt. Eine heftige Übelkeit umfing ihn.
    Eine der Grabstätten war geöffnet worden. Neben der Grube hockte eine große, gorillahafte Gestalt, die sich gerade hingebungsvoll schmatzend mit dem Körper des freigelegten Leichnams beschäftigte. Sie musste den Toten mit roher Gewalt aus seiner letzten Ruhestätte gezerrt haben. Der reichlich deformiert wirkende Körper der Leiche ließ keinen anderen Schluss zu.
    Pestilenzartiger Gestank wehte durch die Nachtluft und erreichte die Nase des tapferen Paters. Das war endgültig zu viel für ihn!
    Ich muss kotzen , dachte er ganz unpriesterlich. Tatsächlich gerieten seine Innereien gerade gehörig ins Schlingern. Ein bellendes Husten löste sich aus seiner Kehle, als er bittere Magensäure auf stieß.
    Knurrend fuhr das gorillahafte Wesen herum und ließ den Körper des Toten fahren. Jetzt hatte Domingo erstmals die Gelegenheit, es in seiner ganzen gotteslästerlichen Abscheulichkeit zu betrachten.
    Die ungeschlachte Kreatur war überaus muskulös, was durch ihre Nacktheit umso deutlicher zu erkennen war. Ihre Haut wies einen ekelerregenden, gelblich-braunen Ton auf. Winzig kleine, bösartige Augen musterten den Priester. Im nächsten Moment riss das Wesen den riesigen Mund weit auf. Unendlich viele, spitze Reißzähne wurden sichtbar.
    Domingo prallte zurück.
    Das Geschöpf ließ das schmackhafte Körperteil, mit dem es sich gerade hungrig beschäftigt hatte, fallen und stützte sich auf die Hände. Gierig funkelte es den Priester an.
    Und dann setzte es sich explosionsartig in Bewegung und stürmte Domingo entgegen.
    Ich weiche nicht, dachte dieser, obwohl die Panik sein Herz umklammerte. Instinktiv riss er das Kruzifix hoch und hielt es der alptraumhaften Kreatur entgegen.
    Das Monstrum hielt inne und bäumte sich mit einem lauten Heulen auf.
    Obwohl sie auf dem Friedhof natürlich von Grabkreuzen umgeben waren, schien das Kruzifix des Priesters doch einen entscheidenden Unterschied zu machen, denn es befand sich in der Hand eines Gläubigen.
    Nicht zweifeln, nicht weglaufen, dachte Domingo hart. Wenn du jetzt Angst zeigst, ist alles vorbei!
    Endlose Sekunden stand sich das ungleiche Paar gegenüber und der junge Priester hatte ausreichend Zeit, das Geschöpf zu mustern.
    Erst jetzt zog sein Gehirn die naheliegenden Schlüsse und ihm fiel die Ähnlichkeit des Ausschlags seines verstorbenen Patienten mit der Haut des Monsters ins Auge.
    Das kann nicht sein, dachte er.
    Das Monster scharrte mit den Krallen am Boden, als überlege es, sich im nächsten Moment auf ihn zu stürzen. Die Sekunden schienen zu einer Ewigkeit zu gerinnen und Domingo sah sich schon ebenfalls zerfleischt am Boden liegen.
    Endlos starrten sie sich in die Augen, Mensch und Monster. Es war der Kreatur deutlich anzusehen, wie gerne sie ihre Zähne in den weichen Leib des Priesters geschlagen hätte.
    Dazu kam es jedoch nie.
    Ein lauter Knall zerriss die Nacht.
    Das Monstrum stieß ein erschrockenes Heulen aus, dann warf es sich herum und hetzte auf allen Vieren in den Dschungel, um zwischen den nahen Bäumen zu verschwinden.
    Jetzt erst wandte Domingo den Kopf.
    Doktor Delgado stand breitbeinig auf dem Kiesweg und hielt eine rauchende Kniegelenkpistole in den Händen. Der wackere Arzt schien über seinen eigenen Mut völlig fassungslos zu sein. Jedenfalls war er kreidebleich.
    Domingo riss sich zusammen.
    »Komm, wir müssen hier weg«, rief er. »Du hast es nur verschreckt, aber es wird mit Sicherheit zurückkommen!«
    Er stürzte auf den dicklichen Arzt zu und griff ihn an den Schultern. »Wir schaffen alle in die Kapelle und verschanzen uns dort!«
    »In die Kapelle?«, fragte Delgado zweifelnd.
    »Wir müssen zusammenbleiben«, gab der Priester knapp zurück. »Der Herr wird unser Hirte sein!«
    Domingo blickte hinaus in den Dschungel - dorthin, wo das Monster verschwunden war. Wieder stiegen die altbekannten Zweifel in ihm auf. Sein

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