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0982 - Die Kinder der Zeitsäufer

0982 - Die Kinder der Zeitsäufer

Titel: 0982 - Die Kinder der Zeitsäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Sie, wir sind Ihnen sehr verbunden, dass Sie uns hierher gebracht haben. Und wenn es leichter für Sie ist, dann halten Sie uns für die Spinner, die Sie besser hätten verhaften sollen. Aber ich versichere Ihnen, dass nichts von dem, was wir sagen, Unsinn ist. Ich hoffe nur für Sie, dass sich nichts ereignet, was das beweist.«
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Nur weil Sie ein Professor sind und im weißen Anzug eine gute Figur machen, wie ich neidlos anerkenne, können Sie sich nicht aufführen, als ob…«
    »Leute? Hallo?«, sagte Dylan. »Sollten wir die Grundsatzdiskussionen nicht verschieben, bis wir draußen sind?«
    »Von mir aus«, knurrte Hernandez. »Aber glauben Sie nicht, dass ich Sie einfach so davonkommen lasse.«
    »Onyx also«, griff der Schotte Zamorras Gedanken auf.
    »Man sagt ihm interessante Eigenschaften nach. Er soll das analytische Denken fördern und…«
    »Wenn das so ist, sollten Sie sich mal drauflegen«, grummelte Hernandez. Sofort hob er die Hände. »Ich sag ja schon nichts mehr. Vorerst.«
    »… und die Lebensfreude steigern«, fuhr Zamorra fort. »Womöglich wäre er also doch eher etwas für Sie! Außerdem soll er negative Einflüsse Schwarzer Magie lindern.«
    Dylan runzelte die Stirn. »Echt? Warum haben die Gosh einen solchen Stein benutzt? Schließlich standen sie nicht gerade auf der Seite der Guten.«
    »Wohl wahr.« Der Parapsychologe hakte das Amulett von der Kette um seinen Hals und hielt es einen halben Meter über den Block. Dann presste er es seitlich dagegen. »Erstaunlich! Die Ausstrahlung ist tatsächlich schwarzmagisch. Sie müssen ihn mit einem Ritual umgedreht haben. Aber nur an der Seite! Der Altar entfaltet seine positive spirituelle Wirkung nur nach oben.«
    »Sie schwächte also den darauf liegenden Asmodis oder Teufel oder wen auch immer, aber nicht die danebenstehenden Gosh.«
    Zamorra nickte und ging an dem Opferstein entlang.
    Dylan begutachtete in der Zwischenzeit einen der sechsarmigen Leuchter. »Solche Kaventsmänner hab ich noch nie gesehen. Und kein Tropfen Wachs läuft herab. Entweder liegt das daran, dass sie zu diesen ewigen Lichtern gehören, oder die haben eine verdammt gute Putzfrau hier. Dann hätte sie aber etwas besser Staub wischen können.«
    »Da haben Sie recht«, sagte Hernandez. »Kommen Sie her.«
    Dylan löste den Blick von den Kerzenungetümen und ging zu dem Polizisten, der hinter dem Altar stand. Zamorra näherte sich von der anderen Seite.
    Vorhin hatten sie vor dem Onyxblock gestanden und nicht gesehen, was dahinter auf dem Boden lag. Nun taten sie es.
    Sie blickten auf die Leiche eines uralten Mannes. Die aufgerissenen Augen starrten zur Höhlendecke. Der Mund war weit aufgesperrt in einem lautlosen Schrei. Überhaupt bildete das ganze Gesicht eine Grimasse des Entsetzens und zeigte, welche Schrecken dieser Mann in den letzten Sekunden seines Lebens hatte erleiden müssen.
    Sekunden?
    Nicht eher Jahre oder Jahrzehnte?
    »Aramintas Freund?«, hauchte Dylan.
    Er musterte die faltige Pergamenthaut, die schlohweißen Haare, die zu Krallen verkrümmten, knotigen Finger und versuchte, dahinter das lachende Gesicht oder den Körper eines Siebzehnjährigen zu entdecken. Es gelang ihm nicht.
    Zamorra nickte. »Vermutlich.«
    Hernandez kniete neben der Leiche nieder. »Das ist eindeutig zu viel des Guten. Ich muss die Kollegen informieren.«
    Auch Dylan beugte sich hinab. Er verspürte das irrationale Verlangen, Javier die Augen zu schließen. So, wie er es in unzähligen Filmen gesehen hatte. Nie hatte er sich gefragt, welchen Zweck das erfüllte. Ging es darum, die Würde des Toten zu wahren, soweit es möglich war? Oder wollten die Lebenden die Anwesenheit des Todes verdrängen, indem sie der Leiche ein Aussehen verliehen, als schlafe sie nur?
    Er streckte die Hand aus, legte sie auf Javiers Gesicht - und fühlte, wie der Tote unter seinen Fingern zerfiel.
    Er riss die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt, doch es war zu spät. Einmal in Gang gesetzt, ließ sich der Zersetzungsvorgang nicht mehr aufhalten. Javiers Körper rieselte in sich zusammen, gab dem Staub auf dem Boden neue Nahrung. Nach zehn Sekunden war alles vorbei. Selbst von der Kleidung blieb nichts übrig.
    »Vielleicht sollten Sie die Kollegen doch nicht informieren. Oder haben Sie eine vernünftige Erklärung hierfür parat?«
    Hernandez schwieg.
    Dylan stand auf, sah zu Zamorra und machte eine weit schweifende Geste. »Dieser Staub. Sind das alles Opfer

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