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0985 - Libertys Tränen

0985 - Libertys Tränen

Titel: 0985 - Libertys Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Seafood Salon vor sich geht -wenn Zamorra hier ist, wird’s nichts mit Touristen im Vollrausch zu tun haben. Nicht mal ansatzweise.«
    Irgendwas an seinem Tonfall schien die junge Frau ihre Wut vergessen zu lassen. »Sondern?«, hakte sie nach und blinzelte perplex.
    Andy deutete Zamorra, einzusteigen. »Na ja«, antwortete er ihr dann. »Ich an Ihrer Stelle würde vom Schlimmsten ausgehen.«
    ***
    Der Himmel brannte.
    Zumindest machte er den Eindruck, als Zamorra und die beiden Polizisten die City Island Avenue hinunterrasten. Trotzdem es laut Uhrzeit noch Nachmittag war, herrschte fast nachtartige Dunkelheit. Dies lag an der dichten Wolkendecke, die sich über der Insel gebildet hatte - und »Decke« klang noch viel zu harmlos. Das war nichts Glattes, Regelmäßiges, sondern ein Sturm aus Wolken, eine Anballung aus Anballungen, die sich ständig und kräftig ineinander verschlangen, gegeneinander rieben. Zwischen den Wolkenbergen flackerte ein grünlicher Schein, der an Wetterleuchten erinnerte. Doch irgendwie bezweifelte Zamorra, dass es sich darum handelte. Irrte er sich, oder wurde Merlins Stern an seiner Brust warm?
    »Ist das schon länger hier so?«, fragte er. »Das Wetter?«
    »Paar Tage«, antwortete Andy vom Fahrersitz aus. Er fuhr schnell und sicher, blieb aber schweigsam. Den Grund dafür ahnte Zamorra: Unserer gemeinsamer Abenteuer wegen ist er hier draußen gelandet - und jetzt tauche ich sogar hier auf. Kein Wunder, dass er wenig begeistert ist.
    »Mhm.« Der Professor wandte sich an Amy. »Officer Williams, wären Sie so freundlich, mir den genauen Wortlaut des Notrufs zu verraten, wegen dem Sie nun unterwegs sind?«
    Williams sah ihn an, als habe er den Verstand verloren. Sie hielt ohnehin nichts davon, Zamorra mitzunehmen. In ihren Augen war er Zivilist.
    »Erzählen Sie’s ihm«, sagte Andy. »Zamorra fragt nie ohne Grund.«
    »Na ja«, begann sie zögernd. »Der Ruf kam von Ellie Dougal, der Betreiberin des Seafood Salon in der Beiden Street. Sie sagte, eine Gruppe verkleideter Touristen sei in ihr Lokal gestürmt und randaliere nun. Sie vermutet, die Kerle sind betrunken.«
    »Verkleidet?«, hakte Zamorra nach. »Als was?«
    »Äh, als Indianer. Ich schätze, der Aufzug hat was mit der 250-Jahrfeier zu tun. Das hier war früher mal Indianergebiet.«
    Zamorra schwieg. Nachdenklich sah er aus seinem Fenster.
    Die Straße lag wie verlassen da. Der Wind peitschte durch sie hindurch, brachte Baumwipfel zum Schwanken und blies herabgefallenes Blattwerk gegen die Außenwände der Häuser, wo diese dank des Sintflutregens meist einfach kleben blieben. Zwischen den einzelnen Gebäuden konnte Zamorra die Bay sehen. Ihr Anblick ließ ihn erschaudern; das unruhige dunkle Wasser erinnerte doch erschreckend an seinen eigenartigen Albtraum. Die Lichter der Bronx in der Ferne wirkten fast, als kämen sie von einem fremden Planeten.
    »Heilige Scheiße!«
    Andys gemurmelter Fluch ließ den Dämonenjäger herumfahren. Dann hielt der Wagen an - und der Kampf begann!
    ***
    Ich könnte jetzt einen Dhyarra gebrauchen. Und Nicole.
    Abermals verfluchte Zamorra den Moment, an dem Nici unwissentlich mit der Tasche abgezogen war. Der Seafood Salon, daran konnte kein Zweifel bestehen, war ein Ort schwarzmagischer Aktivität! Über dem eingeschossigen, edel wirkenden Meeresrestaurant schienen die Wolken einen Trichter gebildet zu haben. Grünlicher Schein fiel aus ihm und tauchte die Szenerie in ein ungesundes, krankes Licht. Zamorra wusste nicht, was genau er da sah, aber Wetterleuchten war es garantiert nicht.
    »Gehen wir rein?«, fragte Andy. Er hatte seine Dienstwaffe, eine Glock 19, gezogen, und blickte Zamorra mit der kompromisslosen Entschlossenheit an, die dieser von ihm kannte. Sie machte ihn zu einem guten Polizisten.
    »Wir werden’s müssen«, erwiderte Amy Williams, der hörbar unbehaglich zumute war.
    Zu dritt traten sie auf die Eingangstür zu. Auf ihrer Schwelle lag eine Frau ohne Kopfhaut.
    »Ellie!«, flüsterte Amy, als sie neben der so grauenvoll entstellten Person in die Hocke ging und nach einem Puls fühlte. »Sie… sie ist tot!«
    Blutspritzer prangten an den Innenseiten der Lokalfenster. Soweit Zamorra sehen konnte, waren im Schankraum Möbel umgestoßen worden.
    Vorsichtig trat er ein, und die zwei Beamten folgten ihm.
    Der Anblick übertraf seine kühnsten Erwartungen. Der Seafood Salon bestand aus einem einzigen Raum von vielleicht siebzig Quadratmetern Größe. Die hintere Wand wurde

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