0985 - Luzifers Gesandte
sich die Insel in den letzten Jahren als Urlaubsziel ausgesucht. Dementsprechend wuchs die Anzahl der Hotels. Zum Glück waren es keine gewaltigen Hochhäuser.
Man baute flacher, verwendete auch mehr Holz, so daß die Hotels mehr Landhäusern ähnelten.
Wir liehen uns einen kleinen Jeep, und Suko ließ es sich nicht nehmen, das dunkel lackierte Auto zu steuern.
Die Fahrt nach St. Peter Port war nur eine Sache von Minuten. Gern hätte ich den Ausblick genossen, aber meine Gedanken drehten sich zu sehr um den vor uns liegenden Fall. So hatte ich vom Gefühl her den Eindruck, als läge über der Insel ein unheimlicher Schleier.
Die Einsamkeit der Landschaft verschwand, als wir in die Nähe der Hafenstadt gerieten. Den Hafen ließen wir links liegen und fuhren direkt in die Stadt hinein, die wirklich aussah wie aus dem Bilderbuch. Hier hielt sich alles in beschaulichen Grenzen. Es gab keine Hochhäuser, die Luft war trotz des Autoverkehrs noch gut, und die Fassaden der Bauten waren farblich unterschiedlich gestrichen.
Hin und wieder kam die Sonne durch, die schon ziemlich schräg stand.
Dann wirkte St. Peter Port wie vergoldet.
Suko war bis in das Zentrum hineingefahren. Wir wollten uns dort ein Hotelzimmer nehmen. Es war wichtig, zentral zu wohnen, denn keiner von uns hatte vor, Urlaub zu machen.
Ein altes Steinhaus fiel uns auf, dessen Fassade einen Schmuck aus Schlingpflanzen zeigte. Dazwischen schauten die Fenster als kleine Vierecke hervor mit hell gestrichenen Läden. Das Haus hatte zwei Stockwerke, und über der Eingangstür baumelte ein Schiff. Der Betrieb war hier ziemlich stark, aber Suko hatte Glück mit dem Parken, denn ein Fiat fuhr aus einer Lücke, in die wir sehr gut hineinpaßten.
Das Hotel hieß Island Inn. Der Eingang bestand aus einer grauen Tür mit einer mächtigen Klinke. Eine zweite Tür führte in die Gaststube.
Wir nahmen die erste und waren von dunklem Holz umgeben. Balken schmückten die Decke wie starre, braune Arme. Die Rezeption bestand aus hellerem Holz, und eine mit einem Teppich belegte Treppe führte neben einer Sitzgruppe nach oben.
Vor der Rezeption blieben wir stehen. Auf einem Teil lagen Prospekte, die Reklame für die Insel machten. Im Hintergrund hörten wir leise Musik. Sehen ließ sich niemand.
Dafür hatte Suko eine Klingel entdeckt. Er schlug auf den Knopf, wir lauschten dem hellen Klang und hörten aus dem Hintergrund eine Stimme. Dann schwang am anderen Ende eine Tür auf. Licht fiel in die Lobby, und ein Mann erschien, der einen Hammer in der rechten Hand trug. Er war in unserem Alter, und ein dunkler Bart umwuchs die untere Gesichtshälfte. Auf dem Kopf lag sein Haar in wirren Naturlocken. Das Gesicht sah ziemlich klein aus, es war rund, der Mund wirkte ebenfalls so, und die Nase erinnerte an einen Knorpel.
Der Mann trat hinter die Rezeption, legte den Hammer zur Seite, begrüßte uns und sagte: »Sie möchten Zimmer haben?«
»Stimmt«, sagte ich.
»Drei?«
»Richtig.«
»Haben wir.« Er lächelte und streckte uns die Hand entgegen. »Ich heiße Irvin Falaise. Meiner Frau und mir gehört dieses schmucke Hotel.«
Auch wir murmelten unsere Namen, bekamen einen Block zugeschoben, mußten uns eintragen, und während wir das taten fragte uns der Besitzer mit einem gewissen Unterton in der Stimme, ob wir geschäftlich auf der Insel weilten.
»Das nicht gerade«, erklärte Suko, »falls Sie damit herauskriegen wollen, ob wir unser Geld vor dem Fiskus in Sicherheit bringen wollen.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber deshalb kommen doch viele auf die Insel«, sagte ich.
»Das ist durchaus möglich«, gab Falaise zu. »Aber wir beherbergen mehr Touristen als Steuerflüchtlinge.«
»Sehen Sie uns einfach als Touristen an«, sagte ich.
»Gut, alles klar.« Er grinste so, als würde er uns kein Wort glauben. »Möchten Sie heute abend hier essen?«
»Das kann sein.«
»Sonst hätte ich reserviert.«
Ich schaute hoch. »Sind Sie denn immer ausgebucht?«
»Fast immer.«
»Da kann man gratulieren.«
»Meistens Stammgäste.« Er beugte sich vor. »Wir sind bekannt für unsere Muscheln. Jetzt geht es allmählich damit los. In diesem Jahr sind sie besonders gut.«
»Stammgäste«, wiederholte ich. »Darf ich davon ausgehen, daß es dann nicht unbedingt Touristen sind?«
»Das können Sie.«
»Also Bewohner der Insel.«
»Und Geschäftsleute natürlich.«
»Klar, das dachten wir uns.« Ich hatte den Anmeldezettel inzwischen ausgefüllt und schob den
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