0986 - In den Fängen der Nacht
bestehen.
Die kalten Halbkugeln der Augen standen jetzt still. Sie waren so gnadenlos auf das Opfer fixiert, als sollte es auf der Stelle gebannt werden.
Barry suchte verzweifelt nach einer Waffe, mit der es sich hätte verteidigen können. Vergeblich.
Nicht mal ein mit Erde gefüllter Blumentopf stand in seiner Nähe.
Die Kreatur der Finsternis, die sich nicht einmal hinter der Fassade eines Menschen versteckt gehalten hatte, kam näher. Auch als Barry zurückging, holte sie auf, sie wollte ihn, sie wollte an ihn heran, ihn töten und fressen.
Die schrecklichsten Vorstellungen liefen in seinem Kopf ab. Die Bilder überdeckten sogar noch die Realität. Die aber hatte ihn schnell wieder, als er mit dem Rücken gegen die Wand stieß, die das Ende des Flurs markierte. Nichts gab es dort, nicht mal ein Fenster, auch keinen Topf mit Blumen oder Pflanzen.
Nur eben die Wand.
Sie hielt Bracht auf.
Das Wesen bekam es mit. Ein Ruck durchschoß die Gestalt. Sie schleuderte den Körper auf Bracht zu.
Im selben Augenblick fielen die Schüsse!
***
Bracht hörte die peitschenden Schüsse. Ihr Klang weckte bei ihm auch wieder die Hoffnung. Er bekam auch mit, wie die Kugeln in den Körper einschlugen. Die Gestalt wurde von der Wucht nach vorn gestoßen, weiter auf Bracht zu, der die Arme ausstreckte, um sie aufhalten oder abwehren zu können. Auf keinen Fall wollte er von einem Schnabelhieb getroffen werden.
Beide prallten zusammen. Barry tat das einzig Richtige in seiner Lage. Er ging in die Knie und umklammerte die Beine des Wesens. So konnte er die Horror-Gestalt von den Beinen reißen, die tatsächlich den Halt verlor.
Sie blieb liegen.
Bracht schaute über sie hinweg. Im schwachen Licht entdeckte er Suko, der auch geschossen hatte.
Der Inspektor war noch nicht richtig beisammen. Über seine untere Gesichtshälfte war das Blut aus der Nase gesickert und ließ ihn schaurig aussehen. Er lehnte an der Wand und hatte sich dabei etwas nach links gedreht, um auf Barry F. und diese Kreatur schauen zu können. Die Pistole hielt Suko noch fest, aber die Mündung wies schräg zu Boden. Suko sah dabei aus, als wollte er sich mit beiden Händen an diese Waffe festklammern, um Halt zu finden.
Er atmete schwer. Er riß sich aber zusammen, wollte nicht mehr umfallen und rief Bracht keuchend zu. »Komm her, verdammt, sonst holt sie dich noch!«
In den Lektor geriet Bewegung. Er selbst kam sich vor wie jemand, der nicht mehr wußte, was er überhaupt tat. Er gehorchte einzig und allein seinem Überlebenswillen, und mit einem Satz, den er sich selbst nicht zugetraut hätte, übersprang er die am Boden liegende Kreatur, wäre beinahe noch ausgerutscht, aber er hatte das Glück, sich fangen zu können.
So stolperte er weiter.
Etwas hakte sich an seinem linken Fuß fest, der über dem Boden schwebte.
Zuerst dachte er an eine Hühnerklaue. Aber sie war es nicht, die den Knöchel umspannte. Es war die Hand der Kreatur, die einfach nicht losließ und Barry von den Beinen zerren wollte.
Er wäre nach vorn gefallen, schaffte aber die Drehung und klatschte mit beiden Händen zugleich vor die Wand, um dort einen Halt zu bekommen. Sie war zu glatt. Er rutschte daran herab. Ziemlich langsam sogar, und er sah den Boden im Zeitlupentempo auf sich zukommen. Seine Fingernägel kratzten über die alte Tapete, wo sie Streifen hinterließen, dann lag er plötzlich unten.
Er wurde noch immer gehalten, und die Kreatur bewegte sich auch. Ihr rechter Arm zuckte. Sie wollte das Opfer noch näher an sich heranholen, um es mit dem Schnabel zu zerhacken.
Suko hatte es gesehen, aber er war noch nicht in der Lage, voll einzugreifen. Selbst die Aktivierung des Stabs hätte nichts bewirkt, denn in der Kürze der Zeit wäre er längst nicht fit geworden. Und mit einer dritten Kugel erreichte er auch nicht viel. Das geweihte Silber konnte eine Kreatur der Finsternis zwar schwächen, sie aber nicht vernichten.
Wenn die Magie des Stabs etwas erreichen sollte, mußte Suko so nah wie möglich an den Ort des Geschehens heran, was natürlich auch Zeit in Anspruch nahm. Wenn er sich bewegte, kam es ihm vor, als wäre er mit gefüllten Säcken behangen, die auch an allen Gliedern zerrten und die Beine ebenfalls nicht ausließen.
Um nicht zu fallen, stützte er sich an der Wand ab. Er hatte die Zähne so hart zusammengebissen, daß es knirschte. Er wußte selbst, wie schaurig er aussah. Das Blut war aus der dick gewordenen Nase in zwei Strömen geschossen, hatte
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