0988 - Die Magnetfrau
murmelte sie. »Aber es liegt schon eine Ewigkeit zurück.«
»Sehr lange also!«
»Kann sein.«
Ihr Zustand hatte sich verändert, das war auch Suko aufgefallen, denn er blickte sie ziemlich skeptisch an. Auf der Stirn hatten sich Falten eingegraben, und er wirkte wie ein Mensch, der plötzlich aus seinem Sessel in die Höhe schnellen wollte. Spürte er mehr als ich? Als ich ihn danach fragen wollte, ließ er sich wieder zurücksinken, aber er war noch nicht der alte.
»Was ist denn los?« flüsterte ich ihm zu. Das konnte ich, denn Celia hatte ihren Blick abgewandt.
»Du hast es nicht gespürt?«
»Was denn?«
Suko schaute etwas verlegen aus der Wäsche, als er sagte: »Dieses Zupfen an der Waffe.«
»Was sagst du da?«
Suko hob die Schultern, bevor er leise weitersprach. »Es ist komisch, John, aber ich glaube nicht, daß ich mich irrte. Ich habe das Zupfen an der Beretta gespürt, und ich weiß auch, daß unsere Pistolen aus Metall bestehen.«
»Das stimmt.«
»Du hast nichts bemerkt?«
»Mir ist nichts aufgefallen.«
»Und dein Kreuz?«
»Das hängst ruhig.«
»Dann scheine ich mit meiner Meinung wohl allein zu stehen.« Er hob die Schultern. »Macht aber nichts, denn ich denke, daß wir noch einige Überraschungen vor uns haben.«
»Das kann durchaus sein.«
»Dann kümmer du dich mal intensiver um unsere Freundin. Vielleicht spürst auch du etwas, wenn du allein mit ihr redest.«
»Werde ich machen.«
Celia saß jetzt entspannter auf ihrem Sessel, dessen Stoff ein Blumenmuster aufwies. Es zeigte blasse Farben aus Rot und Gelb, die an verschiedenen Stellen ineinander übergingen. Die Arme hatte sie auf die Lehnen gelegt, die Hände waren gestreckt, so daß wir auf ihre Fingernägel schauen konnten.
Ich versuchte durch ein Lächeln ihre starre Gesichtsmimik zu lösen, was mir aber nicht gelang. Deshalb fragte ich sie: »Haben Sie sich wieder ein wenig beruhigt?«
»Wieso?«
»Es ist ganz natürlich, daß Sie unser Besuch gestreßt hat. Da wären Sie nicht die erste.«
»Es geht wieder.«
»Darf ich Ihnen dann weitere Fragen stellen?«
»Wenn Sie wollen.«
»Sie wissen ja selbst, daß Sie über Kräfte verfügen, die nicht jeder Mensch in sich trägt.«
Celia hob die Schultern.
Ich nahm es als Zustimmung hin. »Wir sprachen auch davon, daß diese Kräfte aus einer lang zurückliegenden Zeit stammen und nun wieder an die Oberfläche dringen. Ist das richtig?«
»Ich weiß es nicht genau.«
Sie sperrte sich, das spürte ich. Celia wußte es genau, aber sie wollte nicht mit der Sprache heraus. Ich versuchte es deshalb anders herum.
»So sehr diese Fähigkeiten einen positiven Aspekt zeigen können, aber wo Licht ist, findet man immer wieder Schatten. Das könnte, muß aber nicht auch auf Sie zutreffen. Es ist bestimmt nicht einfach für Sie, mit diesem Wissen zu leben, deshalb möchte ich, daß Sie unsere Hilfe nicht ablehnen. Wir wollen Ihnen wirklich helfen, Celia, auch wenn Sie das möglicherweise anders sehen.«
»Das weiß ich nicht«, gab sie leise zurück. »Es ist mir sowieso alles nicht geheuer, wenn Sie verstehen. Sie kommen zu mir, Sie reden mit mir. Sie wollen einfach so tun, als wäre ich…«
»Nein, nein, das nicht. Aber es ist eine Tatsache, daß Sie bestimmte Gegenstände angezogen haben.«
»Na und?«
»Ein Verbrechen ist das nicht«, erklärte ich mit ruhiger Stimme. »Eher ein Phänomen, und wir beide möchten gern die Gründe dafür erfahren. Ist das denn so außergewöhnlich?«
»Dazu kann ich nichts sagen.«
»Warum sperren Sie sich?«
»Ich will nicht mehr, daß Sie bleiben.« Ihre Stimme hatte sich ebenso verändert wie auch die Haltung. Plötzlich saß sie starr und aufrecht in ihrem Sessel. Das Gesicht hatte auch die letzte Spur einer normalen Weichheit oder Entspannung verloren. Es wirkte jetzt hart, wie aus einem anderen Material gemeißelt. Die Lippen hielt Celia fest zusammengepreßt, und sie atmete nur mehr durch die Nase.
Sie sprach nicht mehr, aber zumindest ich spürte trotzdem den Kontakt oder die Verbindung zwischen uns.
Ich warf Suko einen kurzen Blick zu. Auch ihm war die Szene nicht geheuer. Er starrte die junge Frau ebenfalls an, die sich um unsere Anwesenheit nicht mehr kümmerte, weil sie plötzlich zu stark mit sich selbst beschäftigt war.
Ein Zittern durchrann ihren Körper. Gleichzeitig bewegten sich die Haare. Wir stellten mit Erstaunen fest, wie sie in die Höhe glitten, um einen Moment später wie dünne Nadeln in die Höhe zu
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