0990 - Der Killer-Clown
Böses, vielleicht sogar Unheimliches und auch Unmenschliches. Im Gesicht und auch im Kostüm entdeckte sie nicht den Funken von Fröhlichkeit.
Auf dem Kopf trug er einen Hut, der aussah wie eine übergroße Eistüte.
Außen golden. Auf der Spitze saß eine rote Kugel. Sie hatte dieselbe Farbe wie die Bänder, die die Mütze umliefen und sich eng an das Material schmiegten. Da der untere Durchmesser für den großen Kopf zu klein war, mußte die »Tüte« in dem krausen Haar festgesteckt worden sein.
Wie bei einem Clown üblich, war das Gesicht geschminkt. Nicht weiß und kalkig, sondern bei ihm mit einer grauen, schon düsteren Farbe, die einen leichten Stich ins Bläuliche bekommen hatte. Die Augenbrauen waren sehr dunkel nachgezeichnet worden. Die Pupillen sahen aus wie Teer, und zwei senkrechte Striche zogen sich von der Stirn her über die Augen hinweg bis zu den Wangen hin.
Grellrote Schminke ummalte die Lippen und war auch auf der Nasenspitze zu sehen. Kein helles, freundliches Rot, sondern eines, das mehr an Blut erinnerte.
Der Hals dieser Gestalt war nicht zu sehen, da ein in Stoffalten gelegter Latz ihn bedeckte. Und der übrige Körper verschwand unter einem dunkelgrünen, mantelartigen Cape oder Umhang. Der Saum reichte dabei bis zu den Schuhen. Sie waren schwarz und mit Schmutzflecken bedeckt.
Handschuhe trug der Clown. Weiße. Aber auf diesem Stoff zeichneten sich rote Flecken ab. Jane konnte nicht herausfinden, ob es sich dabei um Schminke oder um echte Blutspritzer handelte.
Beide Arme hielt der Clown angewinkelt. Seine Hände trafen sich dabei vor der Brust. Sie umklammerten einen Gegenstand, der nichts anderes war als ein gedrechselter Stab. Aus dessen Ende schaute eine Spitze hervor, vergleichbar mit dem Ende eines Schwerts. Auch an der Spitze schimmerte etwas Rotes. Für Jane war dies keine Farbe, sondern echtes Blut. Das eines Menschen.
Und noch eine Besonderheit wies dieser Stab auf. Es war makaber und widerlich, denn unterhalb der Stahlspitze wurde die Stablänge von einem häßlichen Kopf unterbrochen.
Auch ein Clowngesicht, aber wesentlich widerlicher als das des echten.
Ein bleiches, leicht grünlich schimmerndes Gesicht. Böse, kreisrunde Augen mit kalten, blauen Pupillen, die ebenfalls so rund wie Bälle waren.
Hohe Ohren, eine breite Nase und darunter ein Maul, das weit offenstand und trotzdem auf eine gummiartige Art und Weise verzogen war. Da standen die beiden Enden in die Höhe. So produzierte dieses Gesicht ein schon abstoßendes Grinsen.
Auch der Clown selbst grinste. In seinen Augen glitzerte es, als er Jane betrachtete. Um den Löwen kümmerte er sich nicht. Er blickte einfach über ihn hinweg, als wäre dieser mächtige Körper nicht vorhanden. Jane konnte sich vorstellen, daß hier ein gefährlicher Killer und Psychopath vor ihr stand. Einer, dem es nichts ausmachte, einen Menschen aufzuspießen. Ihm die Waffe so tief in die Brust zu rammen, bis die Spitze am Rücken wieder hervorschaute. Er nickte ihr zu. Jane sagte nichts.
»Kannst du nicht reden?« fragte er. Zum erstenmal hatte sie seine Stimme gehört. Sie war normal, aber Jane ekelte sich trotzdem davor. Dieser Mensch war so schleimig, so widerlich, und er schien zudem noch eine gewaltige Macht zu besitzen, denn ihm gehorchte sogar der Löwe.
»Auf dich habe ich gewartet, Jane Collins…«
Mist, er kennt sogar meinen Namen, dachte Jane.
»Ja, ich habe auf dich gewartet«, sprach er weiter. »Ich wußte ja, daß du kommst. Bisher habe ich eigentlich nur Vorbereitungen treffen können, doch jetzt, wo du da bist, wird sich der Vorhang öffnen, und das Spiel kann beginnen…«
Er schüttelte sich vor Lachen, aber es hörte sich nicht laut an. Es wehte kichernd aus seinem breiten Maul.
Jane hörte weiter hinter sich, wo die Straße das Gelände durchschnitt, die fahrenden Autos. Sie huschten vorbei; ihre Reifen sangen auf dem Asphalt.
Das war die normale Welt. Nicht mal weit entfernt. Aber hier kam sich Jane vor, als wäre sie aus ihrem Leben herausgerissen worden.
Der Clown bewegte sich wieder. Er löste seine linke Hand vom Griff der Waffe, dann streckte er den Arm aus und krümmte die Finger, die er auch bewegte.
»Komm her, Jane, komm zu mir…«
***
Sie hatte die Worte gehört, und sie waren ihr vorgekommen wie ein Befehl.
Jane wußte genau, daß sie ihm nicht widerstehen konnte und durfte. Wenn sie sich weigerte, würde er zu härteren Maßnahmen greifen, zudem hatte er noch den perfekten
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