0993 - Das Rätsel der Schattenfrau
es akzeptieren. Auch den Mord an Donata. Aber er wußte nicht, wer sie wirklich war. Kannst du dich mit der Theorie anfreunden?«
»Immer«, sagte ich.
»Gut, dann machen wir weiter. Wir sollten…«
Das Telefon meldete sich. Suko winkte ab und überließ es mir, den Hörer hochzunehmen. Ich schaltete den Lautsprecher ein, damit alle hören konnten, und wir alle hörten auch das Lachen unseres Freundes Wladimir Golenkow, der sich darüber freute, wieder einmal mit uns in Kontakt treten zu können.
Er wollte wissen, ob es uns gutging, was wir bestätigten, dann war er an der Reihe. Über die vielen Probleme, mit denen er sich in seinem Land herumschlagen mußte, wollte er nicht sprechen, ihm ging es einfach um andere Dinge, auf die wir ihn aufmerksam gemacht hatten.
Wir erfuhren es noch einmal aus erster Hand, daß Donata eine außergewöhnliche Persönlichkeit gewesen war. Selbst Skeptiker hatte sie von ihren einmaligen und schon unheimlichen Fähigkeiten überzeugen können, und sie war auch eine Frau gewesen, die sich selbst menschlich gegeben hatte. Sie hatte jedem geholfen, ob er sie nun bezahlen konnte oder nicht.
»Und trotzdem wurde sie getötet«, sagte ich.
»Ja, leider John. Ich hätte sie gern persönlich kennengelernt, aber dazu ist es nicht mehr gekommen.«
»Man hat ihren Mörder nicht gefunden.«
»Stimmt.«
»Habt ihr einen Verdacht gehabt?«
»Vieles kamen in Frage. Ich denke da an ihre Kunden und an Menschen, denen sie keine gute Zukunft vorausgesagt hatte: Das alles kommt hier zusammen, damit müssen wir uns abfinden.«
»Ist denn die Kundenkartei gefunden worden?«
»Nein. Wir wissen nicht mal, ob sie eine gehabt hat. Jedenfalls hat der Mord Staub aufgewirbelt, auch deshalb, weil er an einem dafür nicht eben typischen Ort geschah.«
»Wo war es denn?«
»In einem Kloster, John.«
»Sag nur.«
»Ja, sie hat sich dorthin zurückgezogen.« Wir hörten, daß Wladimir Luft holte. »Um ehrlich zu sein, ist es kein richtiges Kloster gewesen, mehr ein Heim für fromme Frauen. Bei euch gibt es diese Beginenhöfe, auf denen Frauen in klosterähnlichen Gemeinschaften leben, und das ist auch dort der Fall gewesen. Es waren keine direkten Nonnen, bei denen Donata gelebt hat.«
»Dann sind die Kunden auch gesehen worden, wenn sie kamen?«
»Das kann ich dir nicht genau sagen. Jedenfalls lebte sie in einem angebauten Trakt, das weiß ich. Wenn sie wollte, konnte sie zu den anderen gehen, und wenn sie allein in ihren Räumen bleiben wollte, hatte auch niemand etwas dagegen.«
»Interessant«, murmelte ich. »Lag das Kloster denn einsam?«
»Ja und nein. Es ist von Moskau aus gut zu erreichen. Das mußte allein schon wegen der zahlreichen Prominenz sein. Man findet es in den westlichen Ausläufern der Stadt.«
Ich stellte ihm die nächste Frage, die ihn auch überraschte. »Könnte es für dich akzeptabel sein, daß Donata auch von einem Ausländer umgebracht worden ist? Von einem Mann aus dem Westen, aus unserem Land, zum Beispiel.«
Wladimir pfiff mir ins Ohr. »Verflixt, darüber habe ich noch nicht nachgedacht.«
»Aber wir.«
»Habt ihr denn Anhaltspunkte für diese Theorie?«
»Andere Frage. Befanden sich unter ihren Kunden auch Ausländer?«
»Was soll ich dazu sagen«, erwiderte der Russe lachend. »Nachdem die UdSSR zusammenbrach, war unser Land offen. Ausländer können sich bei uns normal bewegen. Wie ich dir schon sagte, war Donata dank ihrer Fähigkeiten eine bekannte Größe. Das wird sich auch unter den Ausländern herumgesprochen haben, und deren Probleme sind nicht anders als die der Russen. Aber warum fragst du so hartnäckig? Hast du einen Verdacht, wer Donata getötet haben könnte?«
»Einen schwachen.«
»Ich bin für jeden Hinweis dankbar.«
»Es geht um einen Mann namens Frogg. Durch ihn haben wir praktisch Kontakt zu Donata bekommen.« Ich berichtete Wladimir über die Vorgänge der letzten Nacht und erzählte ihm auch, was Suko und Glenda über Frogg erfahren hatten.
»Der Name sagt mir nichts, John. Du meinst aber, daß er sich hier in Rußland die Mädchen ausgesucht und sie mit falschen Versprechungen nach England gelockt hat.«
»Genau. Hier wurden einige verheiratet und durften dann auch arbeiten. Viele sind aber wohl auch eingeschleust worden.«
»Das kennt man ja«, stöhnte er.
»Ansonsten kannst du uns nicht weiterhelfen?«
»Nein, John. Diese Donata ist uns auch hier nicht als Geist erschienen. Zumindest habe ich nichts in dieser Richtung
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