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0999 - Der Mitternachtsfluch

0999 - Der Mitternachtsfluch

Titel: 0999 - Der Mitternachtsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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manchen Stellen auf den Steinen schimmerte das Eis wie ein matter Spiegel. Grace, die sich auf dem Weg auch des öfteren umgeschaut hatte, schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, daß er hier ist, John. Ich hätte es sonst gespürt, glaube ich. Oder was meinen Sie?«
    »Wir werden nachschauen.«
    Die Kälte des Eisengriffs der Tür spürte ich selbst durch das Material meiner Handschuhe hindurch, und als ich ihn nach unten drückte, hörte ich das Kratzen, das mich schaudern ließ. Ich öffnete die Tür und peilte in die dunkle Kirche hinein.
    Einen Menschen sah ich nicht. Es war auch nichts zu hören. Die Stille im Gotteshaus wirkte irgendwie lähmend. Vielleicht dauerte es deshalb so lange, bis ich die Kirche betrat. Die Tür hielt ich noch auf, damit mir Grace Felder folgen konnte.
    Sie schlich hinter mir her. Ich hörte es unter ihren Füßen knirschen, weil noch die kleinen Steine an den Sohlen klebten und auch der Boden selbst ziemlich schmutzig war.
    Es war kalt. Minustemperaturen herrschten hier. In einer katholischen Kirche wäre sicherlich das Weihwasser im Becken gefroren. Auf ganz Europa hatte sich die Kältewelle mittlerweile ausgebreitet, und ein Ende war nicht abzusehen.
    Die beiden Bankreihen waren schlicht. Es gab keinen Prunk. Eine relativ niedrige Decke ließ den recht schmalen Raum noch kleiner erscheinen, und der schlichte Altar mit der grauen Platte stand ein wenig erhöht.
    Es gab kein Licht in dem Gotteshaus, obwohl Lampen von den Decken hingen. Auf mich wirkten sie wie tote Augen.
    Zu beiden Seiten des Altars standen bereits die geschmückten Weihnachtsbäume, die mir deplaziert vorkamen, wenn ich daran dachte, was noch alles passieren konnte.
    Ich schaute zurück.
    Grace war stehengeblieben. Sie wirkte ein wenig hilflos, als sie die Arme ausbreitete. »Ich kann es einfach nicht fassen, John. Ich will es nicht glauben, ich…«
    Sie verstummte mitten im Satz, nicht ohne Grund. Ebenso wie ich hatte sie die kichernden Stimmen der Unsichtbaren gehört, die plötzlich um uns herum waren.
    Das Schweigen dauerte nicht lange. Grace Felders Mund öffnete sich, als sie sagte: »Sind sie da, John?«
    »Es hört sich ganz so an.«
    »Allmächtiger, in der Kirche. Das ist furchtbar. Dies hier ist ein geweihter Raum. Wie ist das möglich?«
    »Weil sie so stark sind, Grace. Sie haben all die Jahre überlebt, und selbst Ihre Vorfahren haben sie nicht stoppen können. Sie mußten mit ihnen leben, und sie haben mit ihnen gelebt, mit diesem furchtbaren Wissen, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als mit den Geistern einen Burgfrieden zu schließen. Sie waren immer um sie herum, immer wieder, und all Ihre Vorfahren haben sich damit abgefunden.« Ich hatte ziemlich laut gesprochen, um die Stimmen zu übertönen. Jetzt, wo ich schwieg, waren sie wieder deutlicher zu hören.
    Die Seelen der verlorenen Kinder hatten ihren Spaß. Sie kreischten, sie drehten unsichtbar ihre Kreise durch den Innenraum der Kirche, aber sie beließen es nicht dabei, denn sie wollten uns noch ihre Macht demonstrieren.
    Neben dem Altar bewegten sich die Weihnachtsbäume. Sie schwankten, als hätten sie irgendwelche Stöße bekommen. Ihre Zweige wippten immer wieder gegeneinander, so daß wir die hellen Geräusche hörten, aber auch das Splittern, als das dünne Glas einiger Kerzen zerbrach.
    Dann hatten die beiden Bäume einen so großen Schwung bekommen, daß sie niemand mehr halten konnte. Zugleich kriegten sie Übergewicht und fielen nach vorn.
    Beide krachten zu Boden und versperrten den direkten Weg zum Altar.
    Es waren auch die letzten Kerzen zerbrochen, weil der Aufprall ziemlich hart gewesen war.
    Grace und ich hatten alles mitbekommen, und die Pfarrerstochter hielt meinen Arm umklammert. »John, ich bin kein ängstlicher Mensch«, flüsterte sie mit bebender Stimme, »aber was hier passiert, macht mir schon angst. Hier geht alles kaputt. Ich verliere einfach das Vertrauen. Ich habe mich als Kind und auch später in der Kirche immer sehr wohl gefühlt. Das ist jetzt vorbei. Es gibt sie nicht mehr so, wie ich sie kannte. Sie ist zu einem bösen Alptraum geworden. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Das ist alles so verdammt schlimm…«
    »Sie demonstrieren ihre Macht.«
    »Können wir denn nichts tun?«
    »Noch nicht.«
    »Dann will ich hier weg!«
    »Einverstanden.«
    Das Kichern und Schreien hatte nicht aufgehört. Noch immer tanzten die Unsichtbaren um uns herum. Ihre Stimmen waren mal laut, dann sackten sie wieder

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