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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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riesiger Fleischerhaken in die Luft, und der Mann konzentrierte sich darauf, den Stab mit Haken an unserem Hauseingang zu befestigen.
    »Aufhören!«, kreischte ich. Ich wunderte mich, dass meine Stimme nicht lauter klang. Ich versuchte es noch einmal: »Sie hören sofort damit auf!«
    Ich spürte, wie die Kinder hinter mir aus dem Garten langsam nach vorne zum Hauseingang kamen, ihre nackten Fußsohlen patschten auf den warmen Steinen, ihre Schritte waren zögernd, fast widerwillig, aber ich konnte fühlen, wie sie unbedingt in meiner Nähe sein mussten. Ich bedeutete Schutz, obwohl die Gefahr zum Greifen nahe vor mir stand. Die kleinen Ärmchen umschlangen meine Beine und Hüften, ich hielt sie fest, quetschte sie gar an mich, und rief noch einmal so laut ich konnte in Richtung des behelmten Kopfes: »Schluss damit! Hau ab! Los, hau ab hier!«
    Da drehte der Mann sich langsam, ganz langsam in unsere Richtung, er schaute mich aus seinem Helm direkt an, sein Blick war glasig, er wirkte auf mich, als stünde er unter Drogen. Die Kinderhändchen kniffen noch fester in den Stoff meines Kleides, sie drückten ihre Gesichter in meinen Körper, und ich spürte plötzlich Jonas’ Zittern.
    Der Mann hob den Fleischhaken in die Höhe, wir wichen ein wenig zurück, dann sagte er in einem kriegswichtigen Ton:
    »Ich muss das hier machen. Ich muss es zu Ende bringen. Es ist besser, wenn Sie weggehen.«
    Dann schüttelte er den durch seinen Helm riesig vergrößerten Kopf, die Zweige der Kastanie spiegelten sich auf dem Kunststoff, es war ein unwirkliches, ein irres Bild. Er wandte sich mit provozierend langsamen Bewegungen wieder seiner absurden Arbeit zu. Er verband den Fleischerhaken-Stab mit Hilfe von Kabelbindern mit dem Knauf der Haustür. Wie ein unheilvoller Zeiger ragte der Haken aus blankem Metall auf dem langen Stab an unserem Hauseingang in die Höhe. Ein hämisches Hoheitszeichen am Haus des Häuptlings, dem dieser durchgeknallte Mensch den Krieg erklärt hatte. Und die Kinder und ich waren zwischen die Fronten geraten.
    Zwei Kinderhändchen links, zwei rechts lief ich mit Millie, Till, Frieda und Jonas in den Garten zurück, dabei waren es nicht die Kinder, die leise wimmerten, sondern ich. Die Kinder stolperten mit mir mit, schauten mich fragend an, so hatten sie mich noch nicht erlebt. Ich schloss uns alle im Haus ein und rief die Polizei. Natürlich war der Mann längst weg, als die Beamten eintrafen.
    Wir erstatteten nun Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Bedrohung. In der darauffolgenden Woche wurden Jonas und ich als Zeugen in das Polizeirevier gebeten. Jonas sollte den Mann noch einmal genau beschreiben, auch, wie er auf ihn gewirkt habe. Aber Jonas konnte nur beschreiben, wie seine Mutter auf ihn gewirkt hatte. »Meine Mama hat gebrüllt wie ein Löwe, aber es hat nichts genutzt. Dann hat sie so komisch geweint.«
    In den nächsten Tagen beschäftigte sich die Polizei mit dem Mann und seiner Vita. Wir konnten weiter nichts tun, als abzuwarten. Die Kinder durften nicht mehr alleine in den Garten und erst recht nicht allein aus dem Haus. Abends, wenn ich mit den Kindern, wie so oft in all den Jahren, alleine war, war ich stets unruhig, daran konnte auch eine zur Abschreckung eilends montierte Kamera am Haus nichts ändern. Den Kindern versuchte ich nach wie vor die Begebenheiten dadurch zu erklären, dass es sich um einen besonders hartnäckigen Ärgerfritzen handeln würde.
    Eine Woche später ging ich mit Millie in den Supermarkt, setzte sie wie immer vorne in den Einkaufswagen und schob die glucksende und kichernde Jüngste durch die Gänge. Am Kühlregal ließ ich den Wagen mit ihr kurz stehen, um im Gang um die Ecke nach Nudeln zu schauen. Ein gellender Schrei zitterte durch die Luft, gefolgt von einem hysterischen Schreien und Weinen. Ich ließ die Nudelpakete fallen und rannte zum Kühlregal. Millie bäumte sich auf ihrem Sitzplatz im Einkaufswagen auf, versuchte auszusteigen, weinend, außer sich, in Panik. Neben ihr stand ein junger Mann, einen Motorradhelm auf dem Kopf, mit einem großkarierten Hemd. Er versuchte, Millies Beinchen, das sich in einer Spalte des Drahtgeflechts verheddert hatte, herauszuwinden. Ich stieß ihn beiseite, nahm das völlig verängstigte und verwirrte Kind aus dem Sitz und presste es an mich.
    »Was hat sie denn nur? Ich wollte mir einen Joghurt aus dem Kühlregal nehmen, und da schreit sie los wie am Spieß!«
    Ich schüttelte nur den Kopf und schaute den jungen Mann an,

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