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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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warum er so sauer auf uns sei. Sie setzten sich erwartungsvoll auf das Sofa im Wohnzimmer und freuten sich auf den Besuch von zwei Kontaktbereichsbeamten. Dazu noch schul- und kindergartenfrei, heißa, das war ein richtig toller Tag!
    Dem konnte ich nicht unbedingt folgen, zumal das Gespräch mit den beiden Polizeibeamten sehr ernüchternd war. Nachdem der übliche Formalkram erledigt war, schauten sich die beiden Männer das Beil und die Zettel am Auto an und riefen die Spurensicherung. Bevor diese eintraf, wurde ich ausführlich interviewt. Ob wir vielleicht Ärger mit den Nachbarn hätten. Es sähe im Wohnzimmer so aus, als ob wir umziehen wollten? Ob uns jemand Böses wolle. Ob es etwas Berufliches sein könne. Ein religiöser Hintergrund?
    Die Kinder hatten sich nach oben getrollt, um ihren herrlichen freien Tag im Spielzimmer zu genießen. Die beiden wackeren Polizisten und ich standen im Wohnzimmer, ich hatte die leeren Regale unserer einstigen Bibliothek im Rücken, deren Bücher wir bereits an gierige Antiquare verhökert hatten, um uns herum an den Wänden waren graue Rechtecke zu sehen, überall dort, wo noch vor kurzem Gegenwartskunst gehangen hatte.
    Matt und benommen skizzierte ich den Beamten den Schlamassel. Nein, kein religiöser Hintergrund, vom goldenen Kalb einmal abgesehen, um das der Haushaltsvorstand nach wie vor tanzte.
    Sie nahmen alles eifrig auf. Nach unserer Telefonnummer gefragt, diktierte ich ihnen die Zahlen und ergänzte, dass der Anschluss jedoch zurzeit abgeschaltet sei. Die Beamten blickten betreten zu Boden, dann jedoch schnell wieder nach oben, denn ihre Augen hatten auf dem Parkett ein weiteres leeres Rechteck ausgemacht – eine letzte Spur des hastig verkauften handgeknüpften Teppichs, der sich mittlerweile im Sylter Feriendomizil eines sorgfältig gegelten Fachhändlers für Mobilfunk-Telefonie befand.
    Zwei Stunden später zogen die Spurensicherung und die Polizisten wieder davon. Sie nahmen das Dingsda mit, ebenso die Zettel vom Auto. Ich hatte keine Kraft mehr, die Kinder wegzubringen. Ich kochte für uns alle Trostsuppe: eine Hühnersuppe nach dem Rezept meiner ostpreußischen Großmutter. Die Kinder meinten, es sei klasse, Trostsuppe zu bekommen, wo doch gar nichts Schlimmes passiert sei. Bingo, dachte ich. So kann man es eben auch betrachten.
    Wenige Tage später war eimerweise Trostsuppe nötig, und das fanden dieses Mal auch die Kinder.
    Die Kriminalpolizei hatte den Täter ausfindig machen können. Es war ein ehemaliger Lieferant, der vergeblich versucht hatte, seine Außenstände bei André einzutreiben. Mit dem blutigen Beil – es war Blut von einem Tier gewesen – und den Zetteln habe er den säumigen Zahler einschüchtern wollen. Er beteuerte, er würde es jetzt dabei belassen und über eine gesetzliche Klage versuchen, an sein Geld zu kommen. Ich kannte den Mann von einigen Meetings, die André ab und an bei uns zu Hause hatte stattfinden lassen. Der Typ wirkte damals auf mich etwas abgedreht, und weil er mir nicht geheuer war, wollte ich die Sache schnell auf sich beruhen lassen. Ich war damit einverstanden, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. Das war ein Fehler.
    An einem herrlichen Nachmittag im Frühsommer war ich mit den Kindern im Garten. Ich rupfte Unkraut aus dem Erdbeerbeet, und die Kleinen produzierten mit Matsch und Wasser Eierpampe im Sandkasten. Jonas kickte seinen Fußball die Einfahrt vom Bürgersteig zum Garten hinunter und wieder hinauf. Frieda half mir, Unkraut zu jäten, das hieß: zehn Erdbeeren essen, einen Grashalm auszupfen, und das im Wechsel.
    Jonas rannte wieder hinter seinem Fußball her, vom Bürgersteig kommend, aber das Juchzen fehlte dieses Mal. Er blieb vor mir stehen, ich schaute kurz auf. Sein Gesicht war bleich, die Atmung flach.
    »Mama, da ist einer«, sagte er mit einer Stimme, der jede Satzmelodie fehlte, »der macht was da vorne. Mit Helm auf.«
    Ich zuckte zusammen. War das wieder der Verrückte? Ich sprang auf und lief die Einfahrt vom Garten nach vorne zur Straße. Zuerst sah ich das große rote Motorrad, das den Bürgersteig blockierte. Das blank polierte Rohrgedärm tickte leise, die Maschine strahlte Hitze aus. Ein paar Meter weiter stand er. Das Helmvisier hatte er hochgeklappt, die Ärmel des großkarierten Holzfällerhemdes hochgekrempelt, und er fixierte mit stierem Blick einen langen Stab, an dessen Ende sich ein nach oben gebogenes scharfkantiges Metallstück befand. Spitz und gefährlich ragte ein

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