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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Lethargie. Unsere Mediatorin hörte sich alles konzentriert an, dann rief sie Dana herein, die ihre Version der Story liefern sollte. Dana brauchte nicht viel schauspielern, sie wirkte einfach durch ihr phantastisches Aussehen. Meinte ich da plötzlich etwas mehr freiwillige Aufmerksamkeit im Bereich des Publikums wahrgenommen zu haben?
    Jetzt wurde Dana in einem abgetrennten Teil des Sets von der Expertin alleine vernommen; hier wurde ein Sprechzimmer in einer Praxis simuliert, wo Dana sich ausheulen durfte. Währenddessen sollten wir mucksmäuschenstill sein, die meisten im Publikum gähnten ausgiebig.
    Bevor Martin und ich wieder am Zuge waren, sollten die Kinder ins Sprechzimmer kommen, damit sie zu den Vorgängen befragt werden konnten. Das ältere Mädchen erzählte forsch drauflos, verteidigte ihre Cousine, die kleine Fünfjährige saß verschüchtert auf dem Stuhl, ihre kurzen, dicken Beinchen zappelten in der Luft.
    »Und, meine Kleine, ich habe gehört, dass deiner Barbiepuppe etwas fehlt, ist das richtig?«, fragte die Mediatorin.
    Das Mädchen war sichtlich überfordert und guckte sie nur an. Auf der Stirn der Fragenden bildete sich eine kleine Falte.
    »Sabine, so heißt du doch, wo ist deine Barbie?«
    Wie sollte das Kind so schnell zu einem anderen Film-Namen schalten können? – Die Kleine schaute immer noch.
    »Sabine, deine Barbie wurde geschnitten, äh, ihr wurde weh getan, äh, sie ist kaputt, stimmt das?«
    Die Kleine quetschte ein Ja heraus, anmutig echt verstört, die Mediatorin war entzückt, die Tennismutti strahlte in der Kulisse, die Redaktion war zufrieden. Die beiden Kinder wurden noch etwa eine Minute lang verhört, dann wandte sich unsere Spezialistin wieder Martin und mir zu, indem sie in die Manege kam. Die Bühnenarbeiter rissen die Schilder hoch, der Applaus setzte verzögert ein.
    Dana trat hinzu, und mein Filmmann und ich beschimpften sie – nun wurde ein Schild in unsere Richtung hochgehoben »drosseln«. Frau Mediatorin schaltete sich ein, referierte ihre neugewonnenen, gesprächstherapeutischen Erkenntnisse und löste das Ganze mit einer verständnisvollen Hergangsbeschreibung auf. (Unsere Filmtochter hatte ihre Cousine erpresst.) Dann ermahnte sie uns, uns alle wieder miteinander zu vertragen. Die Kinder wurden zu uns auf die Bühne geschickt, die Kleine trödelte etwas und wurde von dem größeren Mädchen in den Rücken geknufft.
    Und die Mediatorin goss ihren psychologischen Segen über uns alle aus, hob in einer geölten Bewegung beide Arme, schien die ganze Welt mit ihren liebenswerten und bemitleidenswerten Gestalten umarmen zu wollen, und ließ mit einem letzten Spruch ihre Arme wieder sinken – es fehlte nur noch das Amen. Und dann lächelte sie wissend in die Kamera – und cut! Wir hatten kaum das Set verlassen, als schon die nächste Truppe die Bühne betrat, darunter eine üppige Dame in kurzem Rock und weißen Lackstiefeln bis übers Knie. Wir wurden nun in Maske und Garderobe abgefertigt, danach sollten Dana, Martin und ich in unserem Raum warten, bis wir geholt würden. Wieder verging eine Stunde. Meinen Zug um 17 Uhr würde ich nicht mehr kriegen. Aber auf meine Schwester war Verlass, obwohl sie bei dem Namen der Sendung beinahe ausgespuckt hätte.
    Wir wurden später mit etwa zehn anderen Leuten zu einem weiteren Büro ans andere Ende des Geländes gebracht, dort bekamen wir jeder dreihundertfünfzig Euro in bar ausgezahlt, mussten eine Unterschrift leisten und konnten gehen. Ein Kleinbus wartete außerhalb des Gebäudes und brachte einige von uns zum Bahnhof. Auf der Fahrt dorthin schwiegen wir, Martin winkte noch kurz nach dem Aussteigen und ging hastig davon.
    Es war 11 Uhr nachts, als ich wieder zu Hause war, meine Schwester hatte die Kinder zu Bett gebracht, ich machte wie jeden Abend noch eine Runde von Bettkante zu Bettkante. Die Jüngste, gerade fünf geworden, schlief tief und fest, im Arm hielt sie ihre Puppe, und ich fragte mich, was ein kleines gleichaltriges Mädchen irgendwo in Deutschland wohl zur selben Zeit gerade träumen mochte.

    »Sagen Sie, Frau van Laak, kann das sein, dass ich Sie im Fernsehen gesehen habe?«
    Ich tat so, als hätte ich nichts gehört.
    »In dieser Show, diese Alle-haben-sich-wieder-lieb-Show am Nachmittag, da war eine, die hatte ja solche Ähnlichkeit mit Ihnen!«
    Ach, tatsächlich?

    Ich arbeitete bereits seit drei Wochen übergangsweise als Sekretärin, als erneut eine Anfrage kam. Es ging dieses Mal um eine

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