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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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warf die Decke beiseite, rannte zum Fenster, riss in ihrer Eile das Musselin herunter. Zornig zerknüllte sie es und schleuderte es auf den Boden. Es hatte ausgedient. Noch heute würde sie es durch etwas Schöneres ersetzen. Gereizt sah sie hinaus.
    Auf dem Geländer der Veranda hockten drei riesengroße Ibisvögel mit metallisch schimmerndem braunem Gefieder, flapp- ten mit den Flügeln und machten einen Höllenlärm. »Hadidah, Hadidah«, schrien sie und starrten sie herausfordernd an.
    Ehe sie ihren Schuh nach ihnen schleudern konnte, schoss Onetoe-Jacks Hundemeute, die sie längst über alle Berge wähnte, heran und versuchte, die panisch kreischenden Vögel zu packen. Tohuwabohu brach aus. Onetoe-Jack polterte mit seinen Klumpschuhen um die Ecke, brüllte seine Hunde an, die Schnauze zu halten, Johann brüllte Onetoe-Jack an, er solle leise sein, und Dan, der Schlangenfänger, der gerade angekommen war, brüllte noch lauter, um sich Gehör zu verschaffen.
    Catherine lehnte sich aus dem Fenster und holte tief Luft. »Johann!«, schrie sie im Bereich des hohen C und drang durch. Die Männer verstummten, selbst die Hunde klappten ihre geifernden Mäuler zu.
    »Catherine, Liebling. Haben wir dich geweckt?«, fragte Johann überflüssigerweise und erntete einen pechrabenschwarzen Blick. Hastig schob er seine Freunde von der Veranda herunter. »So, Jungs, verzieht euch, lasst sie erst mal aufstehen. Und seid 345
    leise«, rief er ihnen nach. »Die Hadidahs raachen schon genug Radau.«
    Doch kaum hatte er diese Worte gesprochen, hörte sie eine neue Stimme. Und noch eine, und noch eine. Mehrere Leute betraten die Veranda, raubeinig wirkende Männer, Frauen in Schlapphüten und verschwitzten Kleidern, und begrüßten Johann mit Umarmungen und großem Getöse. Innerhalb kürzester Zeit erfüllten Gelächter und fröhliches Stimmengewirr Haus und Veranda. Es war offenbar eine Feier im Gang.
    Catherine hängte rasch das Musselin wieder als Sichtschutz vors Fenster und zog sich in die Tiefe des Zimmers zurück. Was um aller Welt ging da vor?
    Die Tür zur Veranda öffnete sich, und ihr Mann steckte seinen Kopf herein. Ein freudiges Lächeln erhellte sein Gesicht. »Diese Überraschung ist wirklich gelungen, nicht wahr? Unsere Freunde geben heute ein großes Fest für uns, unsere richtige Hochzeitsfeier. Sie wollen uns gratulieren und dich kennen lernen.«
    Seine Frau starrte ihn stumm an. Im Hintergrund sah sie neugierige Gesichter, spürte, wie sie mit Blicken abgetastet wurde, hörte Getuschel.
    Eine Überraschung? Sie hasste Überraschungen, jedenfalls derartige. In ihrer jetzigen Verfassung konnte sie sich nichts Schlimmeres vorstellen, als einer Horde unbekannter Leute gegenübertreten zu müssen, die sie angafften und dumme Fragen stellten, und sie hatte nicht vor, sich das bieten zu lassen. Johann musste gleich lernen, dass er das nicht mit ihr machen konnte. Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu, floh zurück ins Zimmer und presste die Hände auf die Ohren.
    Johann seufzte, gab seinen Freunden ein Zeichen, ihre lautstarke Unterhaltung etwas zu dämpfen, und ging ins Haus. Leise klopfte er an die Schlafzimmertür. »Catherine, ich bringe dir Wasser zum Waschen. Mach bitte auf.«
    Die Tür öffnete sich um eine Handbreit. Sie stand bebend im weißen Nachthemd vor ihm, das Haar hing ihr in wirren Locken ums Gesicht, ihre Wangen waren gerötet, die blauen Augen funkelten. Vor lauter Entrüstung brachte sie kein Wort hervor.
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    Er hielt es für freudige Aufregung, trug den Wassereimer zum Waschtisch und füllte die Schüssel. »Wasch dich in aller Ruhe, wir warten mit dem Frühstück. Es gibt frische Früchte aus unserem Obstgarten, und du wirst staunen, was sonst alles aufgetischt wird. Jeder hat etwas mitgebracht. Ich habe schon eine Warzenschweinkeule gesehen, Schinken in Aspik, Kürbismus, und Onetoe-Jack wird seinen Springbock am Spieß braten. Er zieht ihm gerade die Haut ab, und Dan hat bereits ein großes Feuer im Kochhaus gemacht.« Er hätte sie am liebsten auf der Stelle abgeküsst und ihr das Nachthemd über den Kopf gezogen. Doch zu seinem Leidwesen würde das warten müssen, auch wenn es ihm schwer fiel, so hinreißend, wie sie aussah.
    Eine volle Minute antwortete sie nicht. Ihr Mund war ein gerader Strich.
    »Wenn diese Menschen nicht binnen zehn Minuten das Haus verlassen haben, gehe ich«, fauchte sie dann. »Basta«, setzte sie hinzu.
    Er runzelte die Brauen. »Schatz, das sind Nachbarn und

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