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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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    räumt.« Die rohe Stelle nässte und brannte bei jedem Luftzug. »Der Brei, den Sicelo auf deine Wunde getan hat, hat doch wunderbar gewirkt.«
    »Umsinsi, Kaffirbaum. Vor unserem Eingang wächst einer«, nickte Johann und machte sich auf die Suche nach seinem Freund.
    Doch Sicelo untersuchte ihren Arm und schüttelte den Kopf. »Dieser Umsinsi ist nicht stark genug, er ist zu jung«, sagte er auf Zulu und verschwand in seiner Hütte. Als er zurückkehrte, trug er einen großen, blank gewetzten Beutel aus Antilopenleder. Schweigend legte er getrocknete Blätter und eine faustgroße, ebenfalls getrocknete Blumenzwiebel auf den Tisch.
    Johann erkannte sie sofort. Die Giftzwiebel der Buschmänner, die das tödliche Pfeilgift lieferte. Schlagartig fielen ihm Sicelos Vorbehalte Catherine gegenüber ein. »Nein!«, schrie er, bevor er sich zurückhalten konnte, packte die Hände seines Freundes, in die er schon oft, ohne zu zögern, sein eigenes Leben gelegt hatte, und zwang ihn, die Zwiebel fallen zu lassen. »Nein«, flüsterte er.
    Sicelo erwiderte seinen brennenden Blick ruhig und löste sanft seinen Klammergriff. Er sagte nichts, aber was er meinte, war deutlich, und Johann trat schamrot zurück. Schweigend zerstieß Sicelo die äußeren Schuppen der Zwiebel zu Puder, vermischte ein wenig davon mit Milch und einem Löffel Öl. Die Mischung strich er auf die aufgebrochene Blase. »Es ist eine starke Pflanze«, flüsterte er. »Kein menschlicher Schatten ist je auf sie gefallen und hat ihre Kraft zerstört. Ich habe sie um Erlaubnis gefragt und ihr gesagt, wen sie heilen soll. Sie war einverstanden und wird dir helfen.«
    Der Schmerz trieb Catherine die Tränen in die Augen, aber sie ertrug ihn ohne einen Laut, auch als Sicelo einen festen Umschlag aus geschmeidig geschlagenen Bananenblättern darum legte. Als sie ihm in seiner Sprache dankte, erntete sie ein Lächeln. Gut, dachte sie, der erste Riss zeigt sich im Panzer. Seine Ablehnung hatte sie wohl bemerkt und sich vorgenommen, das zu ändern. Doch ihre Kunst der weiblichen Verführung prallte wirkungslos an Sicelos schwarzer Haut ab. Der einzige Weg, sei 414
    ne Anerkennung zu erringen, war, seinen Respekt zu verdienen. Also biss sie die Zähne zusammen.
    »Ich habe heute Besuch gehabt«, erzählte sie Johann beim Abendessen und übermittelte ihm Milas Grüße. »Sie hat mir geraten, diese Sachen für den Haushalt zu bestellen.« Sie schob Johann Milas Liste hin und zog eine Grimasse, als der Schmerz durch ihren Arm schoss.
    Johann studierte sie schweigend. Das Blatt bebte leicht in seinen Fingern, als er die Kosten überschlug. Er würde bei Cato's anschreiben lassen müssen, und er hasste es, Schulden zu machen. Aber das war sein Problem. Innerlich schalt er sich einen Narren, dass er nicht Milas Rat eingeholt und seinen Haushalt mit allem Nötigen ausgestattet hatte, bevor er nach Kapstadt gesegelt war, um sich eine Ehefrau zu suchen. »Es ist sehr freundlich von Mila, dass sie die Sachen für uns besorgen lässt. Den Haublock jedoch kann ich selber fertigen, und auch die Rute zum Schaumschlagen.« Er steckte die Liste ein. Er würde George Cato einen Teil der Maisernte verpfänden, das würde auch für die Geschenke ausreichen, die er König Mpande jedes Jahr darbrachte. Der König liebte Geschenke und wusste gut zu unterscheiden, was wertvoll war und was nicht. Bil iger Tand stimmte ihn sehr unwirsch, und das war nicht gut für das Wohlergehen desjenigen, der ihn darbot.
    »Außerdem wil sie wissen, ob du die Gerüchte über Unruhen unter den Zulus gehört hast.«
    Er hob den Kopf. »Woher stammen diese Gerüchte?«
    »Hat Mila nicht erwähnt.« Sie strich ihren Bananenblattver- band glatt.
    »Sie meint, es hat etwas mit den Elfenbeindiebstählen zu tun. Du siehst besorgt aus. Wären wir in Gefahr?«
    Er sah sie nicht an. Welchen Sinn hätte es, sie zu beunruhigen? »Nein, hier auf Inqaba droht uns kein Unheil. Du weißt doch, nomen est omen.
    Inqaba heißt >Ort der Zuflucht<.«
    Am nächsten Morgen ritt er hinüber zum Arnim-Anwesen. »Was sind das für Gerüchte?«, fragte er Pieter, als er absaß und einem Schwarzen die Zügel Shakespeares reichte. »Gib ihm Wasser, lass ihn im Schatten stehen. Ich muss gleich zurück nach Inqaba.«
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    Pieter, ein untersetzter, knochiger Mann mit Vollbart, kaute auf seiner Pfeife, ehe er antwortete. »Kaffirkrieg ist an der Grenze zur Kapkolonie ausgebrochen«, murmelte er endlich. »Neuigkeiten kamen vor

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