1 - Schatten im Wasser
unter dem Dach des Kochhauses stand. Dann stöberte sie Mzilikazi unter seinem Busch auf und weckte ihn.
»Wir brauchen Wasser für die Wäsche. Zwei Eimer voll. Shesha!«, befahl sie barsch, als der Zulu keine Anstalten machte aufzustehen.
Mzilikazi kaute auf einem Grashalm, ließ seinen Blick übers Land schweifen und rührte sich nicht.
»Shesha«, fauchte sie wieder, plötzlich bis zur Weißglut gereizt. Ihr Blick verhakte sich mit seinem, und nach minutenlangem, schweigendem Gerangel rappelte sich der Zulu hoch und schlenderte von dannen.
Seufzend holte sie Seife aus dem Vorratsraum, fand aber, dass nur noch ein kleines Stück da war. Seife konnte man kochen, das wusste sie und schlug in Wilmas Haushaltsbuch nach. Das Rezept umfasste zweieinhalb Seiten. Seufzend begann sie zu lesen. Sechstehalb Scheffel Asche zu einem halben Scheffel Kalk brauchte sie, so stand es da, und vier Eimer Wasser. Es mangelte ihr zum Ersten an einem Gefäß, das groß genug war, außerdem hatte sie keinen Kalk und wusste auch nicht, ob die Verfasserin von einem preußischen Scheffel oder dem bayerischen sprach. Der Unterschied war erheblich. Ihre Augen glitten die Seite hinunter. 34 Pfund Fett, Knochen, Speckschwarten, Abschaum von Fleisch und Grieben von Hammeltalgwürfeln, die vom Lichtergießen übrig waren, würde sie benötigen, und mehrere Metzen Salz. Der Vorgang benötigte rund vier Tage. Woher, um Himmels wil en, sollte sie das alles nehmen? Außerdem benötigte sie die Seife jetzt und nicht erst in vier Tagen, auch wenn diese, wie das Buch verhieß, besser sei als jede gekaufte. So schnitt sie das letzte Stück auf, streute es über die Wäsche und wartete, dass Mzilikazi mit dem Wasser zurückkam.
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Es dauerte, ehe er mit dem Eimer heranschlurfte. Catherine ignorierte seine verdrossene Miene. »Bring das Wasser zum Kochen, gieße es in den Zuber und wasch dann die Wäsche«, trug sie ihm auf. Sie selbst machte sich daran, die Matratzen und die mit Kapok gefüllten Kopfkissen in die Sonne zum Trocknen zu legen und das Haus zu reinigen. Nach zwei Stunden streckte sie ihren müden Rücken und ging nach draußen, um den Fortgang der Wäsche zu kontrollieren.
Die Wäsche schwamm in kalter, trüber Seifenlauge, war noch genauso schmutzig wie vorher, und Mzilikazi war nirgendwo zu sehen. Ingrimmig rannte sie zu seiner Hütte, fand ihn in ihrem Schatten an die Wand gelehnt, ein gewundenes Kuduhorn in der Hand, dessen Öffnung von einem eiergroßen Gefäß aus poliertem Seifenstein verschlossen wurde. Der Rauch, der daraus aufstieg, roch süßlich, wie getrocknetes Gras. Er nahm das Räuchergefäß in den Mund und tat mit geschlossenen Augen einen tiefen, genussvollen Zug, während er liebevoll die Perlenschnüre an seinem Hals befingerte. Sein Gesichtsausdruck versetzte sie jäh zurück zu einem Abend im Haus eines Freundes ihres Vaters. Sie hatte nicht schlafen können und suchte ihn, und als sie die Tür zum Raucherzimmer öffnete, war ihr genau dieser süßliche Geruch entgegengeschlagen. Ihr Vater lag bequem in seinem Sessel und sog, wie die anderen Gäste auch, an einer dünnstieligen Pfeife mit großem rundem Kopf. Ein verzücktes Lächeln umspielte seinen Mund. Er winkte ihr träge zu. »Beatrice, mein Herz, du siehst hinreißend aus. Zieh dich schon aus, ich komme gleich«, murmelte er. Sie war schockiert geflohen. Beatrice war der Name ihrer Mutter gewesen.
»Geh sofort und wasch die Wäsche! Auf der Stelle«, schrie sie, ihre Stimme schril von dem Schrecken von damals. Sie packte ihn am Arm, hörte, wie der Stoff ihres Kleides erneut riss, und schrie vor Frustration auf.
Mzilikazi befreite sich und funkelte sie unter halb geschlossenen Lidern boshaft an. »Arbeit für Frauen«, meinte er knapp und atmete den bläulichen Rauch tief ein. Der Anflug eines Lächelns zuckte in seinen Mundwinkeln.
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»Jikijiki hat mich im Stich gelassen, das weißt du ganz genau. Also wirst du jetzt die Wäsche waschen. Oder soll ich das etwa machen?« Sie streckte ihm ihre weißen, zarten Hände hin.
Der Zulu betrachtete diese mit großem Ernst, hob dann die Brauen, zuckte die Schultern, schüttelte den Kopf und rauchte weiter. »Al e Frauen arbeiten im Haus. Jikijiki wird bald in meiner Hütte leben«, murmelte er schläfrig. »Du musst ein neues Mädchen suchen.«
Catherine fühlte die schiere Mordlust durch ihre Adern rauschen, sie zwang sich jedoch zur Ruhe, denn sie fürchtete insgeheim, dass er jetzt aufstehen und gehen
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