1 - Schatten im Wasser
gebührend gratuliert hatte.
»Meine zukünftige Frau hat die Bräuche der Umlungus gelernt, ihr Vater hat den Preis um viele Rinder erhöht. Doch meine Brüder haben mir Rinder gegeben, und jede meiner Kühe ist trächtig, auch habe ich zwei Elefantenstoßzähne. Die Ahnen sind mir wohlgesonnen, ich kann eine Familie ernähren. Schon bald wird Jikijiki sich Icece, der Reifezeremonie, unterziehen, sie wird viel essen und Bier trinken, und wenn sie in mein Umuzi kommt, wird sie fett und schön sein, ihre Haut wird glänzen, und in ihrem Bauch wird mein Samen wachsen und beweisen, dass sie fruchtbar ist.«
»Danke, Gott, für Deine große Güte«, flüsterte Johann voller Inbrunst.
»Ich wünsche dir ein gutes Leben und viele Kinder, die dir im Alter dein Leben versüßen«, sagte er laut. Vor Erleich-422
terung wurden ihm die Knie weich. Immer wieder hatte das Mädchen in den vergangenen Wochen Gelegenheit gefunden, dicht an ihm vorbeizustreichen, hatte ihm Blicke zugeworfen, die heißer brannten als eine Kerzenflamme. Sie hatte mit ihm gespielt, sich über ihn lustig gemacht, ihn herausgefordert. Nicht mit Worten, doch mit dem Spiel ihrer Wimpern, den koketten Drehungen ihres schönen Körpers, und er fürchtete das, was Catherine daraus lesen könnte. Und nun war die Zulu versprochen, und er war sicher vor ihr. »Ich werde Jikijiki eine junge Kuh als Hochzeitsgeschenk geben«, verkündete er im Überschwang.
Er wusste nicht wohin mit seiner Freude, warf sich auf sein Pferd, galoppierte die Auffahrt hinunter, riss seinen Hut vom Kopf und ließ einen Bayernjodler los, einmal die Tonleiter hinauf und wieder runter. Die Töne flogen durch die afrikanischen Hügel und kehrten tausendfach zurück.
Vögel flatterten erschrocken auf, eine Herde Impalas stob davon, und fünf kleine Warzenschweine rannten mit steil aufgerichtetem Schwanz aufgeregt quieksend in den Busch.
Auf der Terrasse hob Catherine den Kopf. Es war ihr, als hätte sie Jodeln gehört, so wie in Bayerns Bergen. Doch es war sicher eine Sinnestäuschung gewesen. Wer auf Inqaba hatte schon Grund, so einen Freudenschrei loszulassen? Die Nachricht, dass Jikijiki verlobt war, hatte ihr gründlich die Laune verhagelt. Sowie Mzilikazi seinen Brautpreis zusammenhatte, den er zu ihrem heimlichen Ärger hauptsächlich mit Arbeiten auf Inqaba verdiente, so hatte ihr die Zulu klar gemacht, würde sie für immer auf dem Hof seiner Familie bleiben und dort arbeiten.
»Wann wird das sein?«, fragte sie, voller Verdruss über die Aussicht, wieder ohne Hausmädchen dazustehen.
Jikijiki blickte durch die offene Küchentür träumerisch in die Ferne.
»Irgendwann, zur richtigen Zeit«, antwortete sie endlich.
Catherine atmete auf. Bevor das Irgendwann eintrat, würde sich sicher etwas ergeben. Kein Grund, sich jetzt Gedanken darüber zu machen. Ihre Laune stieg wieder.
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»Ich gehe jetzt«, verkündete die Zulu, stellte den Besen in die Ecke, mit dem sie gerade angefangen hatte, die Küche zu fegen, und machte sich auf den Weg.
»Was heißt das?« Catherine starrte ihr wie vor den Kopf geschlagen nach. »Jikijiki, warte! Mzilikazi hat den Brautpreis noch nicht voll bezahlt, warum wil st du gehen? Bleib stehen, Mädchen, antworte mir!«, rief sie zornig, als die Zulu einfach weiterging.
»Es ist notwendig«, erklärte diese und strebte weiter dem Busch zu.
Catherine lief ihr nach und packte sie am Arm. Jetzt verstand sie Adeles Klagen über treulose Bedienstete, obwohl Jikijiki nie nur das gewesen war.
Je besser ihr eigenes Zulu wurde, je mehr sie sich verständigen konnten, desto freundschaftlicher schien ihr das Verhältnis. Sie lachten zusammen und arbeiteten zusammen, und als Jikijiki kurz vor Weihnachten an Brechdurchfall erkrankte, hatte sie zwei Nächte an ihrer Lagerstatt gewacht, bis es dem Mädchen besser ging.
»Du lässt mich also einfach so allein? Wer wird mir dann helfen?«, rief sie und erntete nichts weiter als ein unbekümmertes Schulterzucken. »Du musst ein gutes Mädchen finden, das für mich arbeitet«, forderte sie unwirsch.
Jikijiki bohrte nachdenklich in der Nase. »Es gibt keine Mädchen in meinem Umuzi, nur Ehefrauen. Ehefrauen arbeiten für ihre Männer, nicht für die Nkosikasi.«
»Nenn mich nicht Nkosikasi. Sind wir nicht Freundinnen?«, appellierte Catherine. Johann hatte ihr zu Weihnachten ein Schachspiel geschnitzt, und sie hatte begonnen, Jikijiki das Spiel beizubringen. Johann kam oft spät und war müde, musste vor
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