1 - Schatten im Wasser
Hinweis verderben wollte, dass es mindestens sieben Jahre dauern würde, ehe er Mangos ernten konnte, schilderte ihm den Vorfall mit dem Krokodil. »Was zum Henker ist in Mzilikazi gefahren«, knurrte er. »Kannst du mir das erklären?«
Sicelos Gesicht wurde sehr ernst. »Jeder stirbt, der ein Krokodil berührt.
Das ist erwiesen. Obwohl«, er streifte seinen Freund mit einem scheuen, fast furchtsamen Seitenblick, »obwohl der Schutz eurer weißen Haut sehr mächtig sein muss. An dir scheint der Fluch abgeprallt zu sein. Aber um Mzilikazi zu retten, musst du Umafutha, die alte Sangoma, rufen. Sie wird ganz bestimmte Kräuter verbrennen, Knochen werfen und sein Schicksal aus ihrem Muster lesen. Zum Schluss wird sie die Ahnen be 479
fragen. Es wird dich mindestens eine Ziege kosten, damit sie einen Gegenzauber findet. Sonst wird Mzilikazi sicherlich zu seinen Ahnen gehen, und Jikijiki vielleicht auch.«
Catherine lachte laut, als sie das hörte. »Das kann nicht dein Ernst sein.
Du wil st dieser alten Hexe eine unserer Ziegen geben, damit Mzilikazi endlich seine Spielchen lässt? Johann, um Himmels wil en, du bist Christ.
Du kannst diesen Unsinn nicht glauben.« Doch schon als sie es sagte, war die Luft erfüllt von Anisduft, sah sie Césars Lächeln, mit dem er starb, fühlte die unwiderstehliche Kraft, die Sicelo in sich konzentriert hatte, um Onetoe-Jack von dem Schlangenbiss zu heilen, und wusste, dass Mzilikazi keine Spielchen trieb und dass er sterben würde, wenn Johann nicht den Anweisungen der Sangoma folgte.
»Doch, genau das tue ich. Das ist Afrika«, sagte ihr Mann und machte sich daran, eine schöne fette Ziege einzufangen, die zusammen mit rund hundert Artgenossen, die Inqaba mit Milch und Fleisch versorgten und auch als Tauschobjekte dienten, in einem großen Gatter eine halbe Meile entfernt vom Haus lebte. Er band das blökende Tier unter dem Kaffirbaum am Eingang fest.
»Was passiert nun?«, fragte Catherine, die, sich ihre Hände an der Schürze abtrocknend, aus der Küche kam.
»Jetzt bitten wir Umafutha höflich, sich hierher zu bemühen, denn Mzilikazi kann kaum noch gehen. Er würde es nicht mehr schaffen, die Zauberin in ihrer Höhle zu besuchen. Ich kann dir versichern, dass er sonst tot sein wird, bevor der Mond wieder voll ist.«
Catherine roch die Sangoma, bevor sie sie sah. Eine Wolke von ranzigem Fett, Holzrauch und Ausdünstungen, die dem Verwesungsgestank der Hyäne nicht unähnlich waren, wehte ihr voraus. Dann watschelte eine kleine fette Frau aus dem Busch, der ein Leopardenfell von den Schultern bis zu den Fersen hing. Jedes Fleckchen ihrer nackten Haut war mit Narben verziert und mit roter und schwarzer Erde eingerieben. Das fettglänzende, von rituellen Narben übersäte Gesicht schaute aus dem weit aufgerissenen Maul einer rotäugigen Python hervor.
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Die Alte ächzte, zerrte an ihren schulterlangen, mit stinkendem Hippopotamusfett eingeschmierten Haarzotteln. Ihr Kragen aus aufgefädelten menschlichen Zähnen, die Schlangenskelette, Hörner kleiner Böcke, bunten Perlen und Löwenzähne, die Hals, Brust und Rock schmückten, klapperten, raschelten und klimperten bei jedem ihrer gewichtigen Schritte.
Von den Hüften bis zu den Fußgelenken der Sangoma wanden sich nass glänzende graurosa Schlangen. Catherine schnappte nach Luft, als sie erkannte, dass es sich um blut- und fettgefülltes Gedärm handelte. Sie hoffte, dass es nur tierische Eingeweide waren, und hielt sich die Nase zu, als dieser lebende Albtraum näher kam. Die Brauen runzelnd, sodass die getrocknete grüne Mamba, die sie als Stirnreif trug, sich lebensecht schlängelte, beäugte die Sangoma die weiße Frau im Eingang des Hauses mit blutunterlaufenen Augen. Das klägliche Meckern der angebundenen Ziege lenkte sie ab. Sie betrachtete das Tier abschätzend und kniff ihr in die Seite, um zu sehen, ob sie fett war. Dabei stopfte sie sich Blätter in den Mund, die sie einem Fellbeutel entnahm. Endlich nickte sie anerkennend, der grausige Schlangenrachen grinste, dann entfernte sie sich in Richtung von Mzilikazis Hütte.
Catherine, zwar abgestoßen, aber keineswegs eingeschüchtert, schlängelte sich hinterher, huschte von Busch zu Busch, war sich sicher, dass die Alte sie nicht sehen konnte. Doch die blieb plötzlich stehen, fuhr herum und spießte sie mit einem so hasserfüllten Blick auf, dass sie wie angewurzelt stehen blieb.
»Ai h«, zischte Umafütha, bösartig wie eine Schlange. »Ai h!« Sie
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