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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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schlecht und versprechen ihnen die Hölle und das Fegefeuer auf Ewigkeit. Wobei«, hier verzog er seinen Mund zu einem kleinen Lächeln, »wobei die Zulus keine Ahnung haben, wo und wie sie sich die Hölle vorstellen sollen.« Er wischte sich das Gesicht mit dem Deckenzipfel ab. Selbst reden strengte ihn noch an. »Sicelo fragte mich, wie die Hölle denn aussähe. Ob es eine Höhle sei oder ein Haus mit Steinmauern. Wie wir Weißen uns im Al gemeinen den Teufel vorstellen, Menschengestalt mit Pferdehuf und Schwanz, hab ich ihm nicht gesagt. Sein Spott kann sehr verletzend sein.« Er fiel in die Kissen zurück.
    »Aber wird Mpande uns nicht schützen? Schließlich hast du seinen Sohn gerettet.«
    Johann zögerte mit der Antwort, denn er hatte sich just diese Frage selbst wieder und wieder gestellt. »Er ist ein absoluter Herrscher, aber wie an jedem Königshof wimmelt es von Neidern und Intriganten. Seine Halbbrüder Shaka Zulu und Dingane sind beide ermordet worden, der Erstere mithilfe des Zweiten. Shaka kam an die Macht, indem er den rechtmäßigen Erben seines Vaters töten ließ. Du siehst also, dass ein Zulukönig auf sich aufpassen muss. Mpande vertraut seinen Beratern, und dazu gehören auch die Sangomas ... Keine Angst, es wird uns nichts passieren«, setzte er hastig hinzu, als er ihren besorgten Blick bemerkte.
    Sehr schlüssig fand sie seine Argumente nicht. Sie beschloss, in Zukunft einen weiten Bogen um die alte Zauberin zu machen.

    *
Johanns Zustand besserte sich rapide, aber in den folgenden Wochen machte ihm das Wetter einen Strich durch seinen Plan, 512
    sich bei König Mpande über Häuptling Khayi zu beschweren. Statt der klaren, ruhigen Tage, die sonst den April in Zululand auszeichneten, der angenehmen Wärme, die selten in unerträgliche Hitze umschlug, durchweichten schwere Regengüsse das Land, und ein tropischer Wirbelsturm, der über Madagaskar aufs Festland zuraste, trieb schwüle Hitze in ihre Breiten und brachte alles durcheinander. Pflanzen trieben zur Unzeit, Früchte faulten, und die Mückenbrut wurde viel schneller reif als zu dieser Zeit üblich. Sehnlichst wartete er auf die Trockenheit, die der Mückenplage bis hinein in den späten Oktober Garaus machen sollte.
    Würde er jetzt durch die Täler reiten, lief er ständig in Gefahr einer erneuten Infektion. Khayi blieb vorläufig ungeschoren.
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KAPITEL 16
    Verflixt frisch heute, selbst für Ende Juli, aber wunderbar klar.« Johann kam von seiner Morgenwäsche herein und trocknete sich dabei mit energischen Bewegungen die Haare ab. Noch immer wusch und rasierte er sich draußen unter dem Baum beim Wasserreservoir, wo er eines seiner kostbarsten Besitztümer, einen mehrfach gesprungenen Spiegel, an einen Ast gehängt hatte.
    Catherine kniete auf dem Boden des Schlaftaums und malte mit einem Stein, den sie von einem Kalkfelsen im Feld abgebrochen hatte, verwirrende Linien auf die Innenseite des Bücherkistendeckels. Sie hielt inne und sah hoch. »Du hast mich doch mit dem Versprechen hierher gelockt, dass es in Zululand immer warm ist.«
    Er griente. »Ist es doch auch, mein Zuckerpüppchen, wenn du es mit Deutschland vergleichst.«
    Prüfend sah sie ihn an. »Du siehst viel besser aus, nicht mehr so gelb und hager. Du hast zugenommen. Ich glaube, wir haben das Fieber endlich kleingekriegt.« In ihrer Stimme schwang ein gewisser Stolz.
    »Das habe ich dir zu verdanken. Gott sei Dank, dass du diesen segensreichen Einfall der vielfachen Dosis hattest und mich gezwungen hast, das scheußliche Zeug zu schlucken, denn dieses Mal dachte ich, es geht mir an den Kragen«, lächelte er. »Ich wäre tot gewesen, bevor ich das Chinarindenpulver von Milas Freund hätte bekommen können ...«
    Als Johann in den langen Monaten nach Konstantins Besuch sich nicht einmal nach dem Namen dieses Freundes erkundigte, hatte sie sich allmählich entspannt. Nun fiel sie ihm hastig ins Wort, bevor er die unvermeidliche Frage stellen konnte. »Mir zittern jetzt noch die Knie bei dem Gedanken, welche Auswirkungen eine Überdosis gehabt hätte«, babbelte sie fieberhaft,
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    »schließlich hattest du bisher immer nur einen Aufguss davon bekommen, und ich Wahnsinnige habe dir einen Brei von der ganzen Pflanze verabreicht.«
    »Ach, es ist doch nur ein harmloses Kraut...«
    »Das ist der Schierling auch!«
    Er starrte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal. »Wohl wahr«, sagte er nachdenklich. Ihre Worte hatten ihm schlagartig klar gemacht, welche Leistung

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