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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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schmaler begann, dann immer breiter wurde und sich weit in den Norden erstreckte. »Zwischen vierzig und sechzig Meilen schätze ich seine Länge.« Plötzlich, als hätte er etwas gesehen, kniff er die Augen zusammen, dann strichelte er den nördlichsten Teil. »Ich kann mich an ausgedehnte Sümpfe erinnern, und ich meine, die gibt es im Süden nicht.«
    Die Schatzsuche ließ sie an jenem Tag nicht los. Mit hochroten Wangen zeichnete Catherine alles ein, was sie aus den Bruchstücken, die Johann erinnerte, zusammensetzen konnte, und als das Licht schon bläulich wurde und die Ochsenfrösche ihre Brunftschreie ausstießen, zog sie einen Kreis um ein Gebiet, das nordöstlich von Inqaba unweit des Meeres lag. »Hier in etwa musst du das Gold gefunden haben. Wenn dir doch nur einfallen würde, wie weit dein Heimweg war.« Sie streifte ihr Nachthemd über den Kopf.
    Johann lag bereits im Bett. »Unmöglich, ich weiß nicht einmal, wo das Umuzi lag, in dem ich gesund gepflegt wurde, und wer weiß, wie lange und wie oft ich einfach im Kreis herumgerannt bin.«
    Nachdenklich flocht sie ihr Haar zu einem dicken Zopf und warf ihn über die Schulter. »Aber eins wissen wir immerhin: Alvaro de Vila Flor ist mit seiner Familie und seinen Leuten im
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    mer in der Nähe der Küste geblieben, das sollte die Suche leichter machen.«
    »Da brauchen wir ja nur noch ungefähr sechshundert Meilen Küstenurwald zu durchforschen. Wirklich eine Kleinigkeit.« Er lachte. »Im Ernst jetzt, es wird ein aussichtsloses Unternehmen sein. Ich habe doch nur wenige Klumpen Gold und zwei Schmuckstücke gefunden, der Rest wird bis hinauf zur Delagoa- bucht verteilt sein. Komm ins Bett. Es ist kalt«, sagte er und lüpfte die Decke.

    Energisch schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube nicht, das wird nicht nötig sein. Ich muss nur noch ein wenig darüber nachdenken ... was würde ich an ihrer Stelle machen ...?« Ihre Stimme wurde leiser, versickerte in einem Murmeln.
    Johann hatte anfanglich ihre Begeisterung für diese Schatzsuche heimlich belächelt, nur mitgemacht, um sie zu amüsieren, doch ihre Zielstrebigkeit und klugen Schlussfolgerungen hatten ihm Respekt abgenötigt und es geschafft, sein Interesse zu entzünden. Aber was ihn wirklich gepackt hatte, war ein Satz gewesen, den sie vorgelesen hatte.
    »Sie segelten von Goa und hatten Mil ionen in Gold und Edelsteinen geladen, mehr als irgendein anderes Schiff vor ihnen seit der Entdeckung Indiens.«
    Das Schiff war langsam untergegangen, die Überlieferung besagte, dass es mehrere Stunden gedauert hatte. Alvaro de Vila Flor hatte mit Sicherheit alles darangesetzt, diesen Schatz an Land zu bringen. Das, was mit den Trümmern der stolzen Ga- leone auf den Grund des Meeres gesunken war, lag unter Sandbergen, die die ewige Brandung seit vierhundert Jahren dort aufgeschichtet hatte. Es war für immer verloren. Niemand konnte den Schatz je wieder ans Tageslicht holen. Aber das, was Dom Alvaro und seine Leute mit sich geführt hatten, ruhte irgendwo in der roten Erde Zululands, eben unter der Oberfläche.
    Er lag noch lange wach in dieser Nacht.

    *
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    Wie jeden Morgen stand Catherine auch heute zusammen mit Johann schon vor Tagesanbruch auf. Sie hatte sich das angewöhnt, weil sie sonst ihren Mann nur des Abends zu Gesicht bekam, und sie befürchtete, ihn eines Tages als Fremden anzusehen. Die Tür zur Küche stand offen, und durch die Fensteröffnungen sickerte das erste Grau des Morgens.
    »Möchtest du noch Kaffee?«, fragte sie, und als er ihr kauend seinen Becher hinhielt, füllte sie ihn bis zum Rand. Er liebte seinen Kaffee schwarz und stark. »Bist du heute auf den Feldern?«
    »Nein, ich muss zu den Rindern«, antwortete Johann. »Vier Kühe stehen kurz vorm Kalben. Es wird ein langer Tag werden. Dabei fällt mir ein, könntest du vielleicht in Mzilikazis Umuzi nach der neuen Frau seines Vater sehen? Mzilikazi bat mich darum. Sie ist krank, und du bist doch in der Heilkunst bewandert. Die Kunde, dass du mich vor dem sicheren Tod gerettet hast, hat die Runde in den Umuzis gemacht. Du bist jetzt eine berühmte Frau.«
    »Du meinst, wegen meiner Verzweiflungstat? Hör auf, sonst wird mein Kopf so groß wie ein Ballon!«, rief sie. »Handelt es sich um Mzilikazis Mutter?«
    »Nein, das ist die zweite Frau. Die Kranke ist die dritte.«
    »Woran leidet sie?«
    »Keine Ahnung. Mzilikazi sagte mir, dass es ihr wirklich schlecht geht.
    Einige behaupten, seine erste Frau, die die Tochter der alten

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