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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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irgendwo muss der Schatz liegen.«
    Johann hatte beide Pferde an einen Baum gebunden, und gemeinsam begannen sie die Gegend abzusuchen. Hin und her wanderten sie, ganz systematisch in netzförmigem Muster, sodass kein Zol Boden ihrer Aufmerksamkeit entging. Sie suchten, bis Catherine vor Hunger ganz schwach war und Johann darauf bestand, das zu essen, was das wütende Nashorn übrig gelassen hatte.
    »Nur noch einmal dort hinauf und hier wieder herunter«, bettelte sie.
    »Hier muss doch mehr liegen als nur dieser eine Knopf.«
    »Vielleicht hat Donna Leonora ihn einfach verloren, vielleicht hat sie damit für Wasser bezahlt, und der, der es ihr verkauft hat, hat ihn fallen lassen oder ist hier in der Nähe gestorben. Wir werden es nie wissen. Der Rest kann über ganz Zululand verteilt sein.«
    Müde und enttäuscht gab sie nach und setzte sich auf einen von der Sonne aufgeheizten Stein, während er Holz suchte und 605
    ein Feuer machte. Den Topf hatte er gerettet. Er war verbeult, aber noch brauchbar, und er setzte ihn mit einer Hand voll Kartoffeln auf, die das Nashorn übersehen hatte. Den Dreck von der Schweinskeule wusch er im Fluss ab und röstete sie über den glühenden Kohlen.
    »Du siehst käsig aus«, sagte er, besorgt, weil sie sich heute Morgen, kurz nachdem sie vom Baum geklettert war, übergeben hatte. Auf seine Frage hin hatte sie mit wegwerfender Handbewegung erklärt, dass sie sich wohl einen leichten Magenkatarrh geholt hätte. Er schwieg, beobachtete sie seitdem jedoch nachdenklich. Dafür, dass sie sich in der letzten Zeit regelmäßig übergeben hatte, sah sie blühend aus. Sie war blass, aber das rührte wohl von der gestörten Nachtruhe her, ansonsten, schien es ihm, war sie noch schöner geworden. Ihr prachtvolles, ebenholzschwarzes Haar zeigte kastanienrote Glanzlichter, ihre Haut schimmerte. »Möchtest du noch ein Stück Schweinskeule?« Er hielt ihr das fetttriefende Fleisch hin.
    »O mein Gott, entschuldige«, japste sie, rannte, die Hand fest vor den Mund gepresst, auf die Seite und übergab sich. Erschöpft lehnte sie hinterher am Baum. »Seit über zwei Wochen geht das schon so«, klagte sie und schleppte sich schweißgebadet zurück zum Feuer. »Was ist nur mit mir los?«
    Johann war aufgesprungen. »Immer nur morgens?« Hustend nickte sie, und wie eine sanfte, warme Flut stieg die Gewissheit in ihm hoch. Tränen sammelten sich in seinen Augen, er umfing sie mit einem leuchtenden Blick, der sie restlos befremdete.
    »Mir ist schlecht, und du strahlst, als hättest du in den Himmel geschaut«, fauchte sie.
    Er zog sie in seine Arme. »Sag mir, Liebste. Seit dir schlecht ist, ist da noch etwas anderes eingetreten? Ist vielleicht dein Kleid etwas eng geworden?«
    »Ja, natürlich ist es mir zu eng geworden. Es wird schließlich ständig gewaschen, und Jikijiki geht nicht sehr pfleglich damit um.«
    Er lachte leise. »Und sonst? Ist sonst alles in guter Ordnung?«
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    Nun fiel es ihr ein. Sie zögerte, wusste nicht, wie sie es ihm, einem Mann, sagen sollte. »Nun«, begann sie, »meine ... äh ... Monatsblutung ist zweimal sehr schwach gewesen und nun ganz ausgeblieben. Ich bin mir nicht ganz sicher, was das zu bedeuten hat.« Vor Verlegenheit stieg ihr die Röte ins Gesicht. Nur von Wilma hatte sie gehört, dass sich da unter gewissen Umständen etwas veränderte. Ihre Gouvernante hatte nur in Andeutungen und Halbsätzen geredet, und Catherine hatte nicht wirklich begriffen, was sie mit »gewissen Umständen« meinte. In solchen Momenten vermisste sie ihre Mutter schrecklich.
    »Es bedeutet, dass wir ein Kind bekommen«, rief er mit verräterisch glänzenden Augen.
    Ein Kind? Sie starrte ihn offenen Mundes an. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Sie sah das winzige, rot gesichtige Wesen vor sich, das Mrs. Robertson am Strand geboren hatte, erinnerte ihr glückseliges Lächeln, als sie ihr Kind endlich im Arm hielt, und plötzlich und ganz unerwartet spürte sie diese süße, warme Schwere, zwei Handbreit unter ihrem Nabel, als hätte sich der Schwerpunkt ihres ganzen Seins dorthin verlagert. »Unser Kind«, sagte sie langsam. »Mein Kind.« Vorsichtig legte sie ihre Hand auf diese warme Stelle. Ich bin jetzt zu zweit, ich bin nicht mehr al ein.
    Der Gedanke verschlug ihr glatt den Atem. Sie vergaß, was sie über die Gefahren der Geburt gehört hatte, vergaß die Schmer- zensschreie von Mrs. Robertson, das Bild rotznäsiger Gören, die ihr so zuwider waren.
    Nie, nie wieder würde

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