1 - Schatten im Wasser
sie allein sein. In ihrem ganzen Leben nicht mehr.
Ihr Herz hüpfte.
Sie markierten die Stelle, wo sie den Goldkäferknopf gefunden hatte, gründlich mit einem großen Stein und einem Kranz aus Kieseln. Catherine fertigte einen Lageplan an, den sie kurzerhand auf die Innenseite ihrer Satteltasche zeichnete. Johann peilte auf Seemannsart die Sonne an, merkte sich Uhrzeit und Stand und wie die Schatten fielen, dann machten sie sich auf den Heimweg.
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»Sowie ich niedergekommen bin, suchen wir weiter. Versprichst du mir das? Bis dahin sagen wir keinem auch nur ein Sterbenswörtchen. Sonst fallen die Abenteurer wie Heuschrecken ins Land ein.«
*
Die morgendliche Übelkeit ließ sehr langsam nach. Mithilfe von Mila hatte sie ausgerechnet, dass sie etwa im vierten Monat sein musste. Das Kleine würde also im April oder Mai zur Welt kommen. »Später wird es leichter sein, den Geburtstermin zu bestimmen«, erklärte ihr Mila.
»Ich werde Lil ys Ball im Januar verpassen«, seufzte sie. Die Einladung war erst kürzlich gekommen.
»Du wirst noch genügend Gelegenheit haben, auf Bälle zu gehen.
Durbans Gesellschaft ist vergnügungssüchtig. Sie lässt sich keine Chance entgehen, um zu feiern. Du solltest hören, wie sie das neue Jahr begrüßen.
Die Glocken der Wesleyaner Kirche und der Mission läuten, jeder, der es sich leisten kann, feuert einen Schuss oder zwei ab, es wird musiziert, gesungen und getanzt bis in den frühen Morgen.«
Bohrender Neid überfiel Catherine bei dieser Vorstellung. Ihren ersten Silvesterabend auf Inqaba hatte nur die Nachtmusik des afrikanischen Büschs und das Gefunkel des südlichen Sternenhimmels begleitet.
»Es wird unser letztes Weihnachten allein zu zweit sein«, strahlte Johann und schliff goldfarbene Kiaatholzbretter glatt, aus denen er die Kinderwiege arbeitete. Jeden Abend setzte er sich daran und schnitzte hingebungsvoll kleine Tiere, die er auf dem Wiegenrand entlangmarschieren lassen wollte. »Damit unser Sohn etwas zu schauen hat.«
»Und wenn es ein Mädchen wird?«, neckte sie ihn.
»Dann machen wir eben kurz darauf noch einen Sohn oder auch zwei, ich sehe da kein Problem.« Er griente glücklich.
Sie verdrehte die Augen und seufzte theatralisch. »Männer!« Doch zu ihrer eigenen Überraschung gefiel ihr das Bild einer großen Familie. Es hatte etwas Warmes, Einhüllendes.
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»Martha Strydom wird zur rechten Zeit für einige Wochen zu uns kommen, um dem Baby auf die Welt zu helfen.« Er hielt einen kleinen dicken Holzelefanten hoch. »Gut gelungen, nicht wahr?«
*
Die Nachricht, dass auf Inqaba Nachwuchs erwartet wurde, verbreitete sich schnell. Mila besuchte sie, lud ein Dutzend mit Schweineblasen versiegelte Gläser mit Amatungulugelee, Konfitüre von Guaven, Ananas und Mango ab. Cil a, die bereits ihr erstes Baby bekommen hatte, und Lil y gaben einem Händler, der die Gegend bereiste, Babykleidung für sie mit und den dringenden Rat, viel frisches Gemüse zu essen.
»Meine Eltern senden dir ein paar Flaschen besten Rotweins zur Stärkung«, schrieb Lil y. »Ein bis zwei Gläser täglich werden dir rote Wangen und starkes Blut bescheren. Auch rate ich dir, das Amasi der Zulus zu trinken. Es soll ungewöhnliche Kräfte haben.«
Während der Händler dankbar die Reste ihres Mittagessens vertilgte und sie mit einem Krug Bier hinunterspülte, schrieb Catherine ihren Dank auf ein Stück Packpapier, faltete es, klebte es mit Knochenleim zu und gab es dem Händler mit.
Pierre schnitzte eine winzige Badewanne aus einem Baumstamm und benahm sich im Übrigen wie ein werdender Großvater. Auch Mila tauchte in letzter Zeit oft auf Inqaba auf, hatte stets ein kleines Geschenk für sie, doch als Johann Pierre und sie immer häufiger gemeinsam durch den Gemüsegarten schlendern sah, die Köpfe zusammengesteckt, leise miteinander lachend, wurde ihm klar, dass Mila nicht allein ihretwegen gekommen war.
»Ich hoffe nur, dass Pierre uns nicht verlässt. Ich weiß gar nicht, was ich ohne ihn machen sollte«, bemerkte er stirnrunzelnd.
Dan und Onetoe-Jack kreuzten auf, benahmen sich wie Glucken, versorgten Catherine mit zartem Buschbockfleisch, jungen Täubchen und nahrhaftem Flusspferdsteak. Dan räucherte ein großes Stück Krokodilfilet über offenem Feuer und servierte
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es ihr mit frischem Salat aus ihrem eigenen Gemüsegarten. Es war von zartem Geschmack, und sie fand es wirklich delikat. »Meine Güte«, lachte sie glücklich. »Ich werde rund werden wie eine
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