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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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besitzen, auf unserem Kopf mit uns tragen. Mein Vater wird uns bis zum Eingang des königlichen Dorfes begleiten, und dann werde ich mich für den Rest meines Lebens von ihm verabschieden. Ein Mädchen, das in den Isigodlo aufgenommen wird, verliert in diesem Augenblick für immer ihre Freiheit. Wir jungen Mädchen, die noch nicht geliebt haben, Amatshitshi genannt, werden aufs Strikteste bewacht und jede unserer Handlungen beobachtet.« Tränen verschlossen ihr die Kehle.
    Ein schöner, schlanker Vogel mit leuchtend gelber Unterseite landete auf der Mimose und flötete eine klare Melodie. Jikijiki sah hoch und lächelte herzzerreißend. »Der Inqomfi! Das ist ein wunderbares Zeichen. Möge er dein Leben begleiten, Katheni, die eine Umlungu ist und doch zu uns gehört, er wird dir Glück und Freude bringen.« Sie wand sich sanft aus Catherines Armen. »Ich muss gehen, Katheni. Sala gahle.«
    Bevor sie leichtfüßig über die Veranda glitt und verschwand, flüsterte sie noch ein Wort, das Catherine erst im Nachhall verstand. Meine Freundin.
    Tränen schössen ihr in die Augen, und sie lief der Zulu hinterher, aber ein hauchzarter Zitronenduft war alles, was von Jikijiki blieb.

    *
612
    Johann runzelte die Brauen, als er die Neuigkeiten vernahm. »Das arme Ding! Und Mzilikazi wird das Herz brechen«, rief er aus.
    »Aber er hat doch bereits den größten Teil des Brautpreises für sie bezahlt.«
    »Mpande wird ihm den Brautpreis zurückzahlen, und Jikijikis Vater wird ihm vermutlich eine seiner anderen Töchter zur Heirat anbieten, aber das wird ihn nicht trösten.«
    »Was wird Jikijiki dort... tun müssen?«
    Sein Gesicht verschloss sich für eine Sekunde, als er daran dachte, wie das Leben für Jikijiki in Zukunft aussehen würde. »Hausarbeit, Feldarbeit, sie muss Wasser holen, Feuerholz sammeln, Bier brauen, seiner... äh des Königs Notdurft beiwohnen ...«
    Catherine überging das Bild, das seine letzten Worte hervorriefen.
    »Muss sie auch ... ich meine, wird der König sie ...« Verlegen verstummte sie, sah das zierliche Mädchen vor sich und dann den hünenhaften, beleibten König.
    Johann nickte schroff. »Auch das.« Sein Herz zog sich zusammen, als ihm das Schicksal Jikijikis vor Augen stand. Sie war von jetzt an das Eigentum König Mpandes. Er konnte tun und lassen mit ihr, was er wollte.
    Sie verkaufen, verschenken, an wichtige Vertraute ausleihen. Jeden Tag mussten die Mädchen des Isigod- los vor ihm paradieren, und er suchte sich die heraus, die heute seine Lust erregten, sandte die anderen vielleicht in einen der Harems der königlichen Prinzen. Von der Frau eines Missionars hatte er gehört, in welchem Elend diese Mädchen lebten. Keiner interessierte sich für ihr Wohlergehen. Zu essen bekamen sie häufig nur die Abfälle, die ihnen die Königinnen oder die Kinder des Königs zuwarfen und die sie mit den Hunden des Dorfes teilen mussten.
    »Sie wird ja praktisch eine Leibeigene sein!«
    »Sie wird es nicht als das empfinden. Ein Mädchen des Isigod- lo zu sein, gilt als große Ehre. Sie wird sich fügen, damit sich ihr Vater nicht für sie schämen muss.« Er sagte das, um sie zu beruhigen, aber seine Stimme schwankte dabei.

    613
    Catherine wischte das Spülbecken ab und wrang das Putztuch aus, das nur noch durch den ausgebleichten Blauton seine Herkunft als Kleiderstoff verriet. Was würde Jikijiki empfinden, wenn der König ihre Hütte zum ersten Mal für die Nacht besuchte? Würde sie in Gedanken ihren königlichen Gebieter mit Mzili- kazi betrügen? Inständig hoffte sie, dass die junge Zulu ihr Temperament und ihre Gefühle unter Kontrolle hatte, ihre wahren Sehnsüchte nicht verriet, während der König sich nahm, was rechtens seins war. Sie fröstelte, als sie an die möglichen Folgen für Jikijiki dachte.
    »Werde ich sie gelegentlich sehen können?«
    »Nein, und du darfst es auch nie versuchen. Du würdest sie nur in Gefahr bringen. Und dich auch. Versprich mir, dass du es nie auch nur versuchen wirst.« Sein Ton war sehr eindringlich.
    Sie nickte. Es war deutlich, dass Johann von dem Bild des zukünftigen Lebens Jikijikis tief berührt war, offensichtlich Angst um sie hatte. Sie nahm es ihm nicht übel. Was gewesen war, war vorbei, seine Regung war die eines jeden christlich denkenden Menschen. Dann gewann ihre praktische Seite Oberhand. »Wir brauchen jemanden, der mir im Haus hilft, besonders jetzt«, sagte sie endlich.
    »Sicelo hat mich schon vor längerer Zeit gefragt, ob seine

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