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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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küsste sie und warf sie in die Luft und fing das vergnügt quietschende Bündel wieder auf. Er drückte sein Gesicht in den weichen Flaum ihrer Haare, atmete ihren frischen Duft, spürte ihren süßen Atem auf seiner Wange, und langsam entspannten sich seine verkrampften Züge wieder.
    Keiner der Anwesenden erwähnte Graf Bernitt auch nur ein einziges Mal. Al e waren lustig. Sie saßen unter dem betäubend süß duftenden Frangipani, den Mila von Freunden aus Indien bekommen hatte, sangen Weihnachtslieder und erzählten sich Geschichten von einer anderen Welt, in der Weihnachten kalt war und nach Zimt und Kardamom roch und Eis und Schnee das Land in ein glitzerndes Märchenland verwandelten.
    Nachts lagen Catherine und Johann eng beieinander, weil ihre Lagerstatt sehr schmal war, aber ihre Gedanken trenn 686
    ten sie weiter, als ein Ozean es hätte tun können. Irgendwann drehte sie sich zu ihm, suchte seinen Mund und sagte ihm mit ihren Händen, wie Leid es ihr tat.

    *
Nach vier Tagen dann kehrten Dan und Onetoe-Jack zurück. Dan sprang vom Pferd, nahm seinen Straußenfederhut ab und schüttelte ihn auf.
    »Erledigt«, sagte er.
    »Ich hoffe, sie stecken ihn in den Tronk, ins Gefängnis, und werfen den Schlüssel weg«, bemerkte Onetoe-Jack und streckte einer seiner Frauen die Füße hin, damit sie ihm die Schuhe ausziehen konnte.

    *
Hottentot Johnny, der seinem Herrn bedingungslos ergeben war, wartete auf seinem Pferd mit zwei Kumpanen hinter einem Felsvorsprung, verdeckt von dichtem Busch. Die rote Blusenjacke, die er sonst immer trug, hatte er ausgezogen, um besser getarnt zu sein. Sein gutes Auge hatte er fest auf die Reitergruppe gerichtet, die sich durch das sonnenverbrannte, gelbe Gras des weiten Tales rasch näherte. Konstantin von Bernitt, beide Hände auf den Rücken gefesselt, ritt in der Mitte, vorn und hinten ritten zwei Soldaten, an seiner Seite der Konstabel von Durban. Johnny legte seine beiden Hände als Trichter um den Mund, stieß einen hohen, flötenden Ton aus und endete mit einem harschen Tschuk-Tschuk. Dann wartete er.
    Keiner der Begleiter reagierte, nur der Graf hob seinen Kopf und suchte den Busch mit den Augen ab. Hottentot Johnny wiederholte den Ruf, und Konstantin von Bernitt lächelte verstohlen. Verächtlich streifte er seine Begleiter mit einem Blick. Stadtmenschen, dachte er. Jeder Buschläufer hätte gewusst, dass es keinen Vogel gab, der einen derartigen Ruf besaß.
    Er ruckte seine Hände, versuchte, die Fesseln zu lockern, und biss die Zähne zusammen, als die Stricke in seine Haut schnitten. Er würde warten müssen, bis sein einäugiger Freund ihn befreien konnte.
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    Als es passierte, ging alles sehr schnell. Wild feuernd und mit fürchterlichem Gebrüll stürmten Johnny und seine Leute aus dem Gebüsch hervor. Das Pferd des vordersten Soldaten brach zusammen, die anderen scheuten, die Schüsse der Männer gingen in die Luft. Johnny griff in einen Sack, nahm eine Hand voll gemahlenen Pfeffers und warf es Reitern und Pferden in die Augen. Schril wiehernd gingen die Gäule durch. Der Konstabel, ein gewichtiger Mann von explosivem Temperament, wurde heruntergeschleudert, rollte einen Abhang hinunter und blieb brüllend im Dornengebüsch hängen.
    »Schnell, meine Hände!«, befahl Konstantin von Bernitt. Hot- tentot Johnny lehnte sich hinüber zu ihm und schnitt ihm die Fesseln durch. Der Graf packte die Zügel seines Pferdes, hieb ihm die Hacken in die Seiten, und wenige Minuten später waren sie vom Busch verschluckt. Es dauerte Stunden, ehe die Soldaten ihre Pferde wieder einfangen konnten. Bis zum Einbruch der Dunkelheit suchten sie ihren entflohenen Gefangenen, und dann zündeten sie Fackeln an. Aber seine Spur verlor sich auf der harten, rot gebackenen Erde. Konstantin von Bernitt war verschwunden und wurde nicht mehr gesehen. Wetten, ob der Graf seinen Häschern wieder ins Netz gehen würde, wurden in ganz Natal abgeschlossen und standen zehn zu zwei für den Grafen. Doch nach ein paar Wochen aufgeregter Diskussionen in den Bars von Durban wuchs langsam Gras über die Sache. Es wurde sogar als sicher angenommen, dass von Bernitt auf seiner Flucht zu Tode gekommen war.
    Irgendwo weit im Norden saß derweil Konstantin Graf Bernitt auf einem Felsvorsprung und polierte den Lauf seiner Elefantenbüchse. Ivory Red und Johnny lagerten im Schatten, ihre Pferde grasten am Pflock. Tief unter ihnen gurgelte der Pongolafluss. Von Bernitts Blick schweifte nachdenklich nach Süden

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