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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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über das staubige, buschbestandene Land zu den grünen Hügeln Zululands. Er hielt eine Gewehrkugel in der Hand, warf sie hoch, fing sie wieder auf, warf sie hoch. Dabei wurde sein Mund scharf wie ein Messerschnitt. Er nahm ein Stück verschmutztes Papier und eine schimmernde Goldmünze aus dem Ledersäckchen, das an 688
    seinem Gürtel hing. Er wog sie in der Hand, studierte die Prägung.
    »Ethiopie, Arabie, Persie.« Zum tausendsten Mal entfaltete er dann die Karte, studierte die flüchtig hingeworfenen Linien, verglich sie im Geist mit der Topographie Zululands und kam wie immer zum gleichen Ergebnis.
    Südöstlich von hier, irgendwo in der Nähe der Küste, an oder in einem Fluss hatte diese Goldmünze einmal gelegen.
    In Gedanken versunken steckte er sie zurück, rollte dabei die Kugel in der Handfläche herum und dachte an den, der ihm alles zerstört hatte.
    Johann Steinach. Hätte der ihn nicht erkannt, kein Mensch wäre je auf die Idee gekommen, dass Graf Konstantin von Bernitt identisch war mit Kotabeni. Mit einer heftigen Bewegung schnitt er mit seinem Messer ein

    »J« in das Blei und steckte die Kugel zu der Münze in seine Uhrentasche.
    Wenn die Zeit gekommen war, würde sie ihr Ziel finden.
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KAPITEL 20
    Erbarmungslos hämmerten die Sonnenstrahlen hernieder, und die hart gebackene Erde antwortete mit dumpfem Stöhnen. Die Totentrommeln erklangen für Zululand. Der Mais vertrocknete am Halm, das Zuckerrohr blieb verkrüppelt, Rinder verdursteten auf der Weide, und die großen Elefantenherden zogen weit fort, tief in den grünen Norden. Die Zulus hungerten, die schwarzen wie die weißen, und einigen der Lala Ngunis, die im Süden lebten, fiel wieder ein, dass sie während der letzten großen Hungersnot ihre Brüder gegessen hatten.
    »Meine Zunge erinnert, dass die Ferse vom Fuß das Leckerste war«, bemerkte einer der alten Männer, dessen Körper nur ein lederüberzogenes Skelett war, und steckte eine Hand voll gerösteter Termiten in den Mund.
    »Am besten die eines Kindes.« Er spuckte die Termiten wieder aus. »Bah!
    Selbst die Ihlawabusi sind vertrocknet.«
    »Am saftigsten war der Hintern von jungen Frauen«, entgegnete ein anderer und schmatzte mit trockenen Lippen.
    Kurz darauf kamen den Kolonialherren Berichte zu Ohren, dass immer wieder Menschen verschwanden, meist junge, doch der Gouverneur sah sich außerstande, dem gründlich nachzugehen, da er nicht über genügend Regimenter verfügte und diese Vorfälle jenseits der Grenzen Natals passiert waren. Außerdem gab er nichts auf diese Geschichten.
    »Natalgeschichten«, bemerkte auch Catherine abschätzig, als sie von den Gerüchten hörte, aber als Dan ihnen erzählte, dass seine Zulus untereinander von Vätern sprachen, die sich weigerten, ihre eigenen Kinder aufzuessen, sie aber gegen die anderer eintauschten, um diese dann zu verspeisen, ließ sie Viktoria nicht mehr aus den Augen, nicht eine Sekunde lang.
    Langsam fand sie wieder Ruhe. Der Name Konstantins wurde zwischen ihr und Johann nicht mehr erwähnt. Auch seine Wun 690
    den heilten, und auf Inqaba ging das Leben weiter. Viktoria war der Sonnenschein im Leben ihrer Eltern. Sie wuchs und gedieh und wurde immer mehr zum Abbild ihrer schönen Mutter.
    Das erste Dampfschiff erreichte Durban, und die Postsäcke, die in seinem Bauch lagen, enthielten eine Nachricht, die das Land wie Gift zersetzen sollte. Man hatte Gold in Australien gefunden.
    Wochenlang wurde in den Häusern, in den Bars und Spelunken von nichts anderem gesprochen. Von den reichen Funden, die arme Landstreicher mit einem Schlag zu Mil ionären machten, von den goldenen Aussichten, die auf jeden warteten, der den Mut hatte, nach Australien auszuwandern. Die Habgier wuchs wie ein Geschwür, Neid zerfraß die Menschen, und einer nach dem anderen schiffte sich ein, um in dem fernen Kontinent sein Glück zu suchen. Die Kunde, dass Hunderte von enttäuschten Siedlern das Land verließen, war sogar bis nach Inqaba gelangt.
    Tüchtige Händler gaben ihre Geschäfte auf, Farmer ihr Land, qualifizierte Handwerker, die Natal so sehr brauchte, schlossen ihre Werkstätten.
    »Natal blutet aus«, murmelte Johann. Er zog die Kerze heran, um die letzte Ausgabe des »Durban Chronicle«, die ihnen ein fliegender Händler verkauft hatte, besser lesen zu können. »Ich fühle mich wie in einem Schmelzofen«, stöhnte er. »Verdammt heiß und trocken in diesem Sommer. Ich kann in dieser Hitze einfach nicht schlafen.« Es war schon

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