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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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hatte er sich nie wieder den groben Händen dieses überheblichen weißen Quacksalbers ausgeliefert, der seit einiger Zeit in Durban ansässig war. Für gewöhnlich verriet Sicelo nicht, welche Pflanzen er verwendete. Dieses Wissen gehörte seinem Volk.

    Durch Zufall hatte er seinen schwarzen Freund beim Sammeln der Medizinkräuter beobachtet, hatte ihm jedoch schwören müssen, das Wissen für sich zu behalten. Die Medizinfrau seines Dorfes, ein uraltes, rachsüchtiges Weib, hütete diese Geheimnisse eifersüchtig.
    »Der Sohn des Bruders meines Vaters erregte einmal ihr Missfallen.
    Sein Kopf wurde wirr und begann zu schmerzen und wäre fast geplatzt.
    Danach hatte kein Gedanke mehr Platz darin«, hatte Sicelo ihm erzählt. Er hatte geflüstert, obwohl weit und breit niemand zu sehen war. »Die Tiere und Pflanzen sind ihre Ohren. Sie weiß alles«, sagte er leise, seine Stimme war nicht mehr als ein Hauch, seine Augen flackerten unruhig.
    Die Sonne versank blutrot hinter den Hügeln. Johann machte sich rasch auf den Weg zurück zum Haus, denn in weniger als 100
    einer halben Stunde würde er die Hand nicht mehr vor Augen sehen können und wie blind herumtappen, bis er die Kerzen gefunden hatte.
    Vielleicht sollte er in Kapstadt eine Petroleumlampe erstehen. Man könnte sie auf kleinster Flamme sicherlich eine längere Zeit brennen lassen.
    Gewiss wäre seine zukünftige Frau auch sehr davon angetan. Frauen waren doch immer ängstlich des Nachts, das war bekannt. Dieser Gedanke gefiel ihm sehr. Er pflückte eine der herrlichen Blüten der Passionsblume und zwirbelte sie fröhlich zwischen den Fingern, während er sich vorstellte, dort oben, in der jetzt schattigen Tür seines neuen Hauses, würde ein helles Licht brennen und seine Frau auf ihn warten. Ein appetitlicher Geruch nach Braten und gekochtem Gemüse würde ihm entgegenwehen, vielleicht duftete es auch süß nach Kuchen oder Kompott, und hinterher wartete das neue Bett auf sie beide, das er selbst gezimmert hatte.
    Die Vorstellung von zarter Weichheit und warmer seidiger Haut, die sich an seine presste, ließ seine Fantasie förmlich explodieren, und er überlegte, ob er sich Erleichterung bei Jikijiki verschaffen sollte, auch wenn sie ihm nur erlaubte, Hlobonga zu praktizieren, wie es die unverheirateten Zulumädchen taten, um nicht schwanger zu werden. Aber seine Schulter zwickte doch zu arg. Er verschob es auf ein anderes Mal.
    Sicelo wartete bereits auf den Verandastufen auf ihn, in seiner Hand hielt er einen Beutel aus Ziegenfell und einige Wurzeln. »Ich werde einen Sud aus den Wurzeln des Umsinsi kochen.« Er verschwand hinter der Ecke im Kochhaus.
    Johann nickte. »Komm herein, wenn du fertig bist. Ich muss noch etwas erledigen.« Im Haus zündete er eine Kerze an und ging durch den Wohnraum über den Gang ins Schlafzimmer, dessen eine Wand von einem großen Schrank eingenommen wurde. Er strich mit der Handfläche über die schimmernde braune Oberfläche. Das Möbel war sein ganzer Stolz. Er hatte selbst den kräftigen Stinkwoodbaum ausgesucht, ihn in Bretter zersägt, diese glatt gehobelt und den Schrank gezimmert. Das geölte Holz war leicht, aber sehr haltbar und verzog sich nicht. Hervorragende Eigenschaften für dieses extreme Klima, in dem 101
    es zundertrocken und am nächsten Tag feucht wie in einer Waschküche sein konnte.
    Er öffnete ein Geheimfach im Inneren des Schrankes und zog einen abgewetzten Lederbeutel hervor. Im Schein der Kerze schüttete er den Inhalt auf seine Handfläche. Gold. Zwei nussgroße und zwei kleinere unregelmäßig geformte Nuggets, die offenbar ursprünglich Goldmünzen gewesen waren, und ein schmaler Goldring mit Perlen. Al es, was ihm geblieben war.
    Das gelbe Metall schimmerte im Kerzenlicht. Wie hätte sich sein Leben wohl entwickelt, wenn er damals diesen Halunken einfach hätte verdursten lassen? Als er den Mann im Fluss zwischen den Zwil ingsfelsen hängend fand, war der fast tot gewesen. Aber das Gesetz der Wildnis ist klar: Du musst helfen, nächstes Mal könntest du es sein, der Hilfe braucht. Also hatte er dem bewusstlosen Mann sein kostbares Wasser eingeflößt, bis dieser die Augen wieder aufschlug.
    Diese Augen würde er nie vergessen. Schwarz wie Kohlenstücke, ohne jeden Ausdruck, als würde er in bodenlose Löcher blicken, und im ersten Moment fühlte er sich abgestoßen. Trotzdem teilte er das letzte Wasser und den Rest seines Essens mit ihm.
    Gedankt hatte ihm der Kerl, indem er ihm eines

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