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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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in der Sonne leuchtenden Gebäude der kleinen Hafenstadt, als könnten die sich doch noch plötzlich auflösen wie eine Fata Morgana.
    Ein Ruderboot kam längsseits, und der Abgesandte des Hafenmeisters, ein junger Mann mit strohgelben Haaren, bat um Erlaubnis, an Bord zu kommen. Der Kapitän erledigte die Formalitäten und befahl den Matrosen, das Hab und Gut der Baronesse ins Boot zu laden.
    Catherine, die diese Prozedur überwachte, wandte sich an ihn. »Wir müssen noch abrechnen, Kapitän.«
    Er lächelte erfreut. »Sicher, Fräulein le Roux. Die Kosten für die Seebestattungen Ihres Herrn Vaters und dieses Schwarzen stehen noch aus. Nobel von Ihnen, es von sich aus anzusprechen.«
    Mit dieser unangenehmen Überraschung hatte sie nicht gerechnet, aber sie verbarg ihre spontane Reaktion sorgfältig. »Dafür fallt für ihn vom Kongo bis zu diesem Punkt keine Passage mehr an, und in Loanda hat der Missionar seine Kabine übernommen. Ich habe hier eine Aufrechnung gemacht.« Es war eine beträchtliche Summe, und sie brauchte sie dringend. Sie reichte dem Kapitän ein Blatt Papier, das sie aus ihrem Tagebuch herausgerissen hatte.
    Der Kapitän studierte die Zahlen mit bösem Blick. »Darauf kann ich nicht eingehen. Völlig ausgeschlossen. Der Missionar 107
    hat nur einen Bruchteil des vollen Preises gezahlt.« Er gab ihr das Papier zurück und wollte sich abwenden.
    Ihre Gedanken rasten. Eine solche Verhandlung hatte sie bisher nur auf exotischen Gemüsemärkten geführt, und da ging es nie um mehr als um den Preis von ein paar Früchten. »0 doch, das können Sie, und das müssen Sie. Falls Sie sich weigern, Kapitän, werde ich die Freunde meines Vaters, die in Kapstadt leben, bemühen. Sie sind sehr einflussreich. Ist Elfenbeinschmuggel nicht ungesetzlich?«
    Stolz war sie schon auf diese Eingebung, ob der Kapitän allerdings tatsächlich il egal handelte, entzog sich völlig ihrer Kenntnis. Aber das wusste dieser Mann schließlich nicht, und sie bemühte sich, eine unbeteiligte Miene zu zeigen.
    Der Kapitän schnaubte ihr ins Gesicht, und sie wurde an einen rasenden Bullen erinnert, wich aber nicht einen Schritt zurück. Was konnte ihr schon passieren? Er würde sie nicht anfassen, schon gar nicht hier, vor dem Abgesandten des Hafenmeisters. Der Gedanke machte sie mutig.
    »Nun, wie ist es, Kapitän? Soll ich einen Boten zu unseren Freunden schicken? Der Hafenmeister wird mir sicherlich behilflich sein.« Insgeheim betete sie, dass er ihre Herausforderung nicht annehmen würde. Sie hatte keine Ahnung, wer diese Freunde waren und welche Stellung sie in der Gesellschaft Kapstadts bekleideten. Nur einen Namen hatte sie und eine Adresse.
    Der Kapitän musterte sie aus verschlagenen, kleinen Augen. Seine Ober- und Unterlider waren geschwollen, seine Nase glühte rot geädert. Er hatte wieder stark getrunken. Kühl hielt sie seinem wutentbrannten Blick stand.
    »Wir sind bereit. Es ist Zeit, wir müssen ablegen«, schallte es ungeduldig aus dem Beiboot, und der Kapitän geriet sichtlich unter Druck.
    Sie wartete mit angehaltenem Atem. Schließlich glitt sein Blick zur Seite, und er polterte knurrend hinunter zu seiner Kabine. Er bezahlte sie in englischen Pfund, warf ihr das Geld geradezu hin. Catherine fing es geschickt auf und zählte nach. Er hatte eine unverschämte Summe füir die Seebestattun
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    gen abgezogen, aber der Betrag, der übrig blieb, war immer noch erfreulich hoch.
    »Ich komme sofort«, rief sie hinunter zum Beiboot, verbarg sich hinter dem Steuerhäuschen und steckte das Geld in einen festen, kleinen Leinenbeutel, den sie stets an einer Kordel unter ihrem Rock trug. Einige Münzen Kleingeld behielt sie griffbereit. Es war anzunehmen, dass sie eine Kutsche bezahlen musste. Sehr mit sich zufrieden strich sie ihren Rock glatt. Die Erfahrung, nicht nur durch ihre Weiblichkeit, sondern auch durch Mut und unter geschickter Ausnutzung einer Situation sich in der Männerwelt behauptet zu haben, jetzt, wo sie ohne den Schutz ihres Vaters leben musste, versetzte sie in Hochstimmung.
    Kurz darauf halfen kräftige Hände ihr und Wilma über das Fallreep hinunter. Auf ihre Frage bestätigte der junge Mann, dass das Gästehaus am unteren Ende der Adderley Street, das ihr Vater ausersehen hatte, ein respektables war. Er bot ihr an, einen Zweispänner für sie am Hafen zu besorgen. »Auch sonst bin ich immer zu Ihren Diensten, mit Vergnügen«, verkündete und ließ rasch seinen Blick über ihre schlanke Figur

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