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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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zurückzukehren.« Seine Handbewegung machte deutlich, dass er nicht weiter darüber sprechen wollte. »Viele Monate später stand ich am Ufer des Ozeans. Es war ein Moment, den ich mein Lebtag nicht verges-128
    sen werde. Noch nie hatte ich eine solche Weite gesehen, noch nie derartiges Licht. Aus meinen Büchern wusste ich, dass hinter dem Horizont im Westen Amerika lag, und da wollte ich hinfahren. Aber das einzige Schiff, das im Hafen ankerte, war ein Frachtensegler, der Waren in die Küstenorte Afrikas bringen sollte. Also entschied ich mich, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und mir erst einmal Afrika anzusehen. Amerika würde nicht weglaufen.«
    Draußen segelte eben ein prächtiges Handelsschiff durch das Sonnengefunkel in die Bucht, und auf der Pier und an den Lagerhäusern brach hektische Geschäftigkeit aus. Johann sah hinüber. »Der kommt aus Indien, hat vermutlich Gewürze geladen, edle Seide und Tee aus China, Kaffee aus Java und Arabien. Er wird hier Waren und Proviant aufnehmen.«
    Sie beschattete ihre Augen mit einer Hand. »Was wird er außer Proviant an Bord nehmen?«
    »Wein vermutlich, obwohl der Export zurückgegangen ist. Der meiste Wein wird deswegen hier am Kap konsumiert.« Er schmunzelte. »Sind Ihnen nicht die vielen roten Nasen der Herrschaften in den Straßen aufgefallen? Kapstadt ist ein bedeutender Seehafen, Garnisons- und Marktstadt, jedes Schiff, das aus Ostasien kommt, läuft in Kapstadts Hafen ein, und mit ihnen kommt immer mehr Gesindel. Die Stadt wächst schneller als Unkraut. Schon heute sind mehr als die Hälfte der Einwohner Schwarze, Farbige oder Malayen, meist freigelassene Sklaven und deren Nachfahren. Sie leben in ehemaligen, restlos überfüllten Sklavenunterkünften, in Kellerlöchern oder in heruntergekommenen Bruchbuden. Wenn sie Arbeit haben, versaufen sie ihre Pennys in den il egalen Spelunken, wenn sie keine haben, saufen sie, um ihren Hunger zu betäuben.« Er lachte trocken. »In der Nähe des Hafens entdeckte ich vor ein paar Tagen eine Familie, die in einem alten holländischen Ofen dahinvegetierte. Sie lebten in unbeschreiblichem Dreck, das jüngste Kind, ein Säugling, war von einer Ratte angefressen worden. Es würde mich nicht wundern, wenn es hier bald wieder einen Ausbruch der Pest gibt, wie Anfang der dreißiger Jahre. Gott sei Dank ist es in Durban noch anders.«
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    »In allen Hafenstädten herrschen ähnliche Zustände.« Sie fröstelte.
    Dünne Schleierwolken hatten sich über die Sonne gelegt, und ein kalter Wind war aufgekommen. Außerdem begann ihr Fußgelenk stark zu klopfen.
    »Bitte bringen Sie mich zurück zum Gästehaus, mein Fuß beginnt, wieder zu schmerzen.«
    Johann mietete bei James Melvil e eine Droschke und half Catherine fürsorglich hinein. Wilma verschmähte seine helfende Hand, zeigte so überdeutlich, was sie von Johann Steinach hielt.
    Ihn schien es nicht zu kümmern. Er setzte seine Geschichte fort, redete mit sehr lauter Stimme, um das Geratter der Räder zu übertönen. »Ich war groß und stark, und der Kapitän heuerte mich als Schiffsjungen an.
    Irgendwo in einem Hafen in Westafrika wurden er und sein Bootsmann von einer fürchterlichen Seuche dahingerafft, und ich war der Einzige an Bord, der die Seekarten lesen konnte. Als er den Tod nahen fühlte, bot mir der Kapitän an, sein Schiff zu übernehmen. Seine Bedingung war, dass ich seine Mannschaft behalten und über mehrere Jahre in Folge einen Betrag an seine Familie in Portsmouth senden würde. Ich stimmte zu. Segeln hatte er mir auf der langen Fahrt beigebracht, und auch genügend Englisch, um mich verständlich machen zu können. Als ich mit seinem Schiff in Kapstadt anlegte, nannte ich mich mit Fug und Recht auch Kapitän. Heute habe ich sogar ein Papier, das meinen Titel bestätigt.« Er grinste bei der Erinnerung.
    »So wurde aus dem Bauernlümmel aus dem Bayerischen Wald ein Seemann. Einige Zeit blieb ich in Kapstadt, knüpfte Kontakte, und dann segelte ich die Küste hoch von einem Hafen zum anderen und verkaufte meine Waren. Irgendein Vorfahr hat mir einen Instinkt für Geschäfte vererbt, und mein bescheidener Handel florierte.«
    Das Gefährt hielt mit lang gezogenem Quietschen. Der Kutscher klappte den Tritt aus, und Johann half Catherine herunter. Sie trat durch die Tür des Gästehauses. Es roch stark nach Kohl und Hammel. Offenbar wurde schon für das Abendessen gekocht.
    »Es ist Teezeit, Herr Steinach, ich hoffe, Sie leisten uns ein wenig

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