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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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wie im Fluge vergangen. Ich danke Ihnen.«
    »Sie müssen bald wiederkommen und mir den Rest Ihrer Geschichte erzählen.«
    »Mit dem größten Vergnügen. Ich werde die Stunden bis dahin zählen«, lächelte er und reichte dann Wilma die Hand. Sie berührte flüchtig seine Fingerspitzen und rauschte wieder die Treppe hinauf. Catherine folgte ihr langsam, denn ihr Fuß spielte sich wieder auf. In ihrem Zimmer angekommen, legte sie sich aufs Bett und strich den Aloesaft erneut auf das verletzte Gelenk. »Es schmerzt schon lange nicht mehr so wie noch vor wenigen Tagen«, bemerkte sie zufrieden. »Im Übrigen möchte ich dich bitten, Herrn Steinach gegenüber etwas zivilere Manieren an den Tag zu legen. Und nun mache mir bitte einen feuchten Umschlag darüber.«
    Tage später, viel früher, als sie erhofft hatte, konnte sie ihren verletzten Fuß wieder voll belasten. »Dieser Sicelo versteht sein Handwerk. Sieh mal, Wilma, es geht schon wieder. Ich werde mir heute eine Droschke mieten und nach Wynberg fahren, um endlich die Simmons' kennen zu lernen.«
    »Ich werde dich begleiten«, seufzte Wilma mit märtyrerhafter Miene. Es war deutlich, dass sie zu nichts weniger Lust verspürte.
    »Ach wo, das schaffe ich ganz allein. Bei den Simmons' ist wohl auch keine Anstandsdame notwendig. Außerdem werde ich den ganzen Tag unterwegs sein, und du weißt doch, dass du auch schon in der Kutsche seekrank wirst«, setzte sie listig hinzu. Diesen Tag würde sie sich nicht von Wilmas Gemecker verderben lassen. »Aber würdest du mir bitte deinen Umhang leihen? Mein Kreppkleid ist viel zu dünn, und Ende Juni ist laut Herrn Steinach hier die kälteste Zeit.«
    Als sie auf die Straße trat, um die Kutsche zu besteigen, führ ihr der Wind unter die Röcke, und sie fror jämmerlich, trotz der langen Unterhose, die sie sich ebenfalls von Wilma gelie
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    hen hatte. Sie wickelte den Umhang fest um sich und drückte sich in eine Ecke des Gefährts. Die Straße nach Wynberg war anfänglich in erstaunlich gutem Zustand, und die Droschke kam zügig voran. Doch unterhalb des Berges, der wegen seiner Form Lion's Head, Löwenkopf, genannt wurde, brach die feste Straßenoberfläche ab, und die Räder knirschten auf Sand, rumpelten durch Furchen, und sie verloren so viel Zeit, dass sie be-fürchtete, zur Mittagsstunde dort anzukommen, was sehr unhöflich gewesen wäre. Durch ländliches Gebiet und an eher kargen Gärten vorbei erreichten sie endlich am späten Vormittag den kleinen Ort, der eigentlich nichts weiter war als eine Ansammlung von wenigen Häusern vor dem Hintergrund des Tafelbergmassivs. Der Kutscher zügelte seine Pferde vor einem einstöckigen, quadratischen Gebäude, dessen weiße Mauern in der Wintersonne leuchteten.
    »Bitte warten Sie«, befahl Catherine, als sie ausstieg. Ein kräftiger Wind blies ihr um die Nase. Sie hielt ihren Hut fest und eilte zur Eingangstür, an der ein Messingklopfer in Form eines Elefantenkopfes hing. Sie klopfte zweimal mit dem Rüssel, der als Schwengel diente, und trat einen Schritt zurück. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und ein schwarz befrackter älterer Mann mit einer Haut wie stumpfes Ebenholz stand vor ihr.
    »Ma'm?« Er neigte würdevoll seinen Kopf mit den eisgrauen Kräuselhaaren.
    »Mein Name ist Catherine le Roux, ich möchte Mr. Simmons sprechen«, antwortete sie.

    Der Butler, denn das musste er sein, öffnete die Tür einladend weit, und sie betrat die Eingangshalle. Sie hatte kaum Zeit, sich umzusehen, bevor ein hoch gewachsener Mann in Reitstiefeln erschien. Er verneigte sich freundlich, konnte sein Erstaunen, sie ohne Begleitung zu sehen, jedoch kaum verbergen. »Guten Tag, Madam, ich bin Adam Simmons. Sie sind Miss le Roux, die Tochter meines Freundes Louis le Roux?« Als sie das bejahte, begrüßte er sie mit einem angedeuteten Handkuss. »Ich bin hoch erfreut. Bitte, treten Sie näher, und lernen Sie meine Familie kennen.«
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    Sie zögerte. »Ich muss den Kutscher der Droschke noch entlohnen und ihm sagen, wann er mich abholen soll.«
    Mr. Simmons lächelte und winkte seinem Butler. »James, nimm der Dame den Umhang ab.« Er half ihr, sich des voluminösen Umhangs zu entledigen, dann flüsterte er dem alten Butler etwas zu. »Erledigt«, sagte er, legte seinen Arm unter ihren El bogen und führte sie in einen luftigen, hellen Raum, an dessen Stirnwand ein Feuer im Kamin flackerte. Eine dunkelhaarige Frau saß an einem Tischchen vor einem der vielen Fenster und stickte.

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