1 - Schatten im Wasser
Die Sonne floss herein und ließ ihr grünes Kleid aufleuchten.
Als Catherine eintrat, erhob sie sich und kam ihnen entgegen.
»Elizabeth, Miss le Roux ist die Tochter meines langjährigen Freundes Louis«, stellte Mr. Simmons sie vor. »Miss le Roux, meine Frau Elizabeth.«
»Welche Freude, meine Liebe, seien Sie uns wil kommen«, sagte Elizabeth Simmons mit melodiöser Stimme. »Wann werden wir Ihren Herrn Vater begrüßen können? Ich hoffe, er ist wohlauf?«
Ein Schatten fiel über Catherines Gesicht, sie blickte hinunter auf ihre Hände, sah ihren blutenden Vater und Cesars schwärenden Arm und konnte ein Erschauern nicht unterdrücken. »Er ist tot«, flüsterte sie nach einer langen Pause.
»Meine Güte, wie taktlos von mir. Es tut mir so Leid. Mein armes Kind.«
Mit wortreichen Beileidsbezeugungen und viel besorgtem Getue geleitete Elizabeth Simmons ihren Gast zu einem bequemen Sessel. »Adam, lass uns bitte einen Tee kommen. Sie bleiben doch zum Essen, nicht wahr?« Ihr freundliches Lächeln, der Blick der großen grauen Augen trafen Catherine geradewegs ins Herz, und sie musste ihre plötzlich hochkommenden Tränen herunterschlucken, ehe sie mit leiser Stimme dankend annahm.
Ihre Gastgeberin beobachtete sie teilnahmsvoll. »Sie Arme, wie ist das passiert? Mögen Sie darüber reden?« Hinter Catherines Rücken wedelte sie ihren Mann fort.
Stockend erzählte Catherine. »Ich weiß nicht, welche Krankheit ihn befallen hat, aber er blutete aus Mund, Nase, sogar aus 135
den Ohren und den Augen ... es war schrecklich anzusehen.« Sie musste sich erst fassen, bevor sie weitersprechen konnte. »Er starb nach kurzer Zeit, ohne mir noch ein Wort sagen zu können. Ihre Adresse fand ich in seinen Unterlagen. Ich kenne sonst keinen Menschen hier«, setzte sie schüchtern hinzu. Johann Steinach zählte in dieser Hinsicht nicht.
Elizabeth streichelte stumm ihre Hand und reichte ihr ein Gurkensandwich. Als Catherine die erste Tasse heißen Tees getrunken und das Sandwich verspeist hatte, ging es ihr allmählich besser. Sie erzählte von ihren Reisen, von dem, was ihr Vater in den letzten Jahren gemacht hatte, was sein nächstes Projekt gewesen wäre und dass sie seine Entdeckungen zeichnerisch dokumentieren sollte. Später beim Lunch konnte sie schon wieder lachen und aß mit gutem Appetit die klare Suppe.
»Die Suppe war delikat, was ist es?«, erkundigte sie sich, als sie den Löffel niederlegte.
»Schildkrötensuppe«, lächelte Elizabeth Simmons, »wir bekommen die Tiere von der Insel Ascension.«
»Ascension kenne ich nicht, aber Papa und ich haben vor zwei Jahren einen Abstecher nach St. Helena gemacht«, berichtete Catherine, während sie die leckere Taubenpastete zerteilte. »Die Leute da reden immer noch vom Kaiser, als lebte er noch.«
»Al e Achtung, für Ihre Jugend haben Sie wirklich schon sehr viel gesehen«, bemerkte der Hausherr voller Erstaunen.
Sie plauderten angeregt, und als sie bei den Früchten angelangt waren, die zum Nachtisch gereicht wurden, erkundigte sich Adam Simmons, wann sie nach Deutschland zurückkehren wolle.
Catherine tupfte sich den Mund mit der Serviette ab, nahm sich Zeit mit der Antwort und entschied dann, dass die Wahrheit das Beste sein würde.
»Ich möchte nicht nach Deutschland zurückkehren, ich habe niemanden dort außer einer alten Tante. Doch was ich von Kapstadt gesehen habe, gefällt mir so gut, dass ich gerne hier bleiben möchte. Ich werde dem Verleger meines Vaters eine Mappe mit meinen Zeichnungen anbieten und hoffe, das kleine Einkommen, das mir aus den Büchern meines 136
Vaters zufließt, so weit aufbessern zu können, dass ich einigermaßen komfortabel hier leben kann.«
Ein kurzes Schweigen begrüßte ihre Worte. Adam wechselte einen schnellen Blick mit seiner Frau, räusperte sich dann, bevor er ihr antwortete. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Miss le Roux, gehen Sie zurück nach Deutschland. Am besten mit dem nächsten Schiff. Afrika, auch hier im Süden, ist ein hartes Land. Nur die Stärksten überleben, und auch die häufig nur knapp. Al ein stehende Frauen haben überhaupt keine Chance. Gar nicht daran zu denken! Männer, die eine Frau für die Ehe suchen, gibt es hier al erdings haufenweise. Das wäre noch die beste Möglichkeit. Es sei denn, Sie würden als Gesellschafterin in einem der großen Häuser leben ...« Der letzte Satz war eine Frage.
Im Geiste hörte Catherine Kindergekreisch und schüttelte vehement den Kopf. »Dazu
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