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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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nehmen Sie meine Kinder mit. Jetzt gleich. Vielleicht hat Gott ein Einsehen, und sie bleiben verschont. James, lass die Kutsche vorfahren«, schrie er durchs Haus, erst gar nicht auf ihre Antwort wartend.
    »Sofort, Sir!« James rannte mit fliegenden Frackschößen hinaus
    »El a, pack ein paar Sachen für die Kinder, genug für mindestens drei Wochen! Fräulein le Roux, ich werde ewig in Ihrer Schuld stehen. Ich schicke Ihnen El a und ein Hausmädchen, um Ihnen zu helfen. Ich bleibe bei meiner Frau.«
    Catherine starrte Adam Simmons völlig überrumpelt an. Was um alles in der Welt sollte sie mit drei verschreckten Gören anfangen? Sie hatte doch überhaupt keine Erfahrung. Gerade wollte sie ablehnen, aber beim Anblick seines Schmerzes und der bleichen Gesichter der Kinder biss sie sich entschlossen auf die Lippen. »Wo soll ich mit den Kindern hinfahren, ich kenne hier doch niemanden außer Ihnen?«
    »Wir besitzen noch ein kleines Haus in der Long Street. Es ist nicht weit von hier. Danke.« Er sah aus geröteten Augen auf sie 155
    herunter, und das müde Lächeln, das kurz seine Mundwinkel hob, war so herzzerreißend, dass Catherine allen Protest hinunterschluckte.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Mr. Simmons. Ihren Kindern wird in meiner Obhut nichts passieren. Ich werde für Sie und Ihre Frau beten. Sie wird es schaffen, ich weiß es.« Flüchtig legte sie ihre Hand auf seinen Arm, er nickte, und sie rannte die Treppe hinunter in die Halle. Auf Wilma konnte sie nicht zählen, das wusste sie. Die Angst vor Krankheiten setzte ihren Verstand außer Kraft. So war sie nun eben, da konnte man nichts machen.
    Manche Menschen wurden halt schon in einer Kutsche seekrank, andere nicht einmal auf einem stampfenden Schiff. Sie seufzte.
    Wilma wartete auf sie. Mit kurzen Worten teilte Catherine ihr mit, was sie vorhatte. »Du kannst mitkommen, aber ich erwarte es nicht von dir. Du hast die Wahl.«
    Wilma trat einen Schritt zurück, als würde der schwarze Tod von Catherine zu ihr hinüberspringen wie Flöhe von einem Hund. »Ich gehe zu Mrs. Halliwell zurück und werde dort bleiben, bis ich meine neue Stellung antreten kann. Die Hogen- boschs würden mich nie nehmen, wenn ich aus einem Pockenhaus komme.« Sie stotterte vor Aufregung.
    Catherine musterte sie mit kaum verhohlener Verachtung.

    *
Johann Steinach musste von Adam Simmons erfahren haben, wo sie sich aufhielt, denn schon am zweiten Tag erschien er und bat sie zu einem Spaziergang. »Wir nehmen die Kinder mit, damit sie auf andere Gedanken kommen. Ich liebe Kinder«, schmunzelte er, während er die drei Geschwister sanft neckte.
    Verlegen zuckte sie die Schultern. »Ich bin bisher selten mit Kindern in Berührung bekommen. Ich muss das erst lernen.«
    »Das braucht man nicht zu lernen«, sagte er, schnitt leichtes Holz und dünne Bambusstäbe im Garten und schnitzte den Kindern kleine Figuren und Flöten. Dann lehrte er sie, eine einfache Melodie darauf zu spielen.
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    Sie war zutiefst erstaunt zu sehen, wie gerne und liebevoll sich der hoch gewachsene Bayer um die Kleinen kümmerte. Diesen Charakterzug hätte sie nicht bei ihm vermutet.
    Er wirkte oft so unbeholfen, seine Hände schienen zu groß und kräftig für zierliche Arbeiten, er kannte seine eigene Kraft nicht, was sie zu spüren bekam, wenn er ihre Hand zusammenquetschte, anstatt sie zivilisiert und zart zu drücken. Die Kinder, obwohl sie sehr gut erzogen waren, nahmen ihn völlig in Beschlag.
    »Sie sind restlos verstört, die armen Würmer. Wir müssen sie aufmuntern. Meine Geschichte werde ich Ihnen beim nächsten Mal weitererzählen«, meinte Johann und spielte mit den Kleinen Haschen.
    Ihren achtzehnten Geburtstag am 18. Juli feierte Catherine nicht. Es schien ihr unter den Umständen nicht angebracht, doch Wilma musste Johann davon erzählt haben, denn er erschien mit Kuchen und Blumen und überreichte ihr mit feierlichen Worten ein kleines, in Papier eingeschlagenes Päckchen. Glücklich lächelnd, dass dieser Tag nicht ganz unbeachtet vorbeigehen würde, öffnete sie es. Ein Schal aus golddurchwirkter, pfirsichfarbener Seide schimmerte ihr entgegen.
    »Er kam mit dem Schiff aus Indien, das wir am Hafen sahen«, erzählte er mit deutlicher Schüchternheit; er konnte sich nicht satt sehen an ihrer Schönheit und den eleganten Bewegungen, mit denen sie den Schal entfaltete.
    »Danke«, lächelte sie ihn strahlend an. »Wie schön er ist.« Wie unglaublich prächtig, dachte sie, welch edlen

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