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10 - Das Kloster Der Toten Seelen

10 - Das Kloster Der Toten Seelen

Titel: 10 - Das Kloster Der Toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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der Ortschaft vorbeifließt. Wir müssen eine Stelle finden, wo wir ihn durchqueren können.«
    Kurz darauf standen sie vor dem dunkel dahinströmenden Wasser. Wo es Steine und Felsen im Flußbett umspülte und Strudel bildete, zeigten sich in der Finsternis kleine weiße Tupfer.
    »Der Trampelpfad der Hirsche führt genau dort hinunter«, machte Fidelma Eadulf klar. »An dieser Stelle ist der Fluß nur zwei, drei Meter breit. Ich glaube, ich kann erkennen, wie es auf der anderen Seite weitergeht. Das bedeutet, daß das Wild hier eine Furt benutzt, und wenn ein Hirsch das kann, dann können wir das allemal. Bist du bereit?«
    »Laß mich zuerst gehen, nur für alle Fälle«, sagte Eadulf.
    Fidelma ließ ihn gewähren. Manchmal war sie so konzentriert auf eine Sache und achtete nicht darauf, daß sie Eadulfs männlichen Stolz verletzte, wenn sie ihm nicht zugestand, in Dingen die Führung zu übernehmen, wo er es für wichtig hielt.
    Sie blieb stehen und wartete, während er ins Flußbett hinunterkletterte. Dann watete er durch das Wasser und schwankte, wenn sich dessen trügerische Kraft gegen ihn stemmte. Es ging ihm jedoch nicht höher als bis zu den Knien, und bald hatte er das andere Ufer erklommen. Sie wartete nicht ab, bis er sie herüberrief, sondern folgte ihm sofort. Als sie den Fluß durchquert hatte, beugte er sich zu ihr vor und half ihr aufs Ufer.
    Nun schoben sich die Wolken zusammen und hinderten das schwache Licht des tief stehenden Mondes daran, zu ihnen zu dringen. Der Wald war fast tintenschwarz. Nur ein kaum sichtbares Schimmern verriet ihnen, wo der schmale Hirschpfad entlangging, dem sie mit hastigen Schritten folgten.
    »Jetzt sind wir bestimmt ein gutes Stück von Llanwnda entfernt«, murmelte Eadulf ganz außer Atem, nachdem sie eine Weile so gelaufen waren.
    »Ich glaube, wir haben uns in einem Halbkreis bewegt«, widersprach ihm Fidelma leise.
    Kurz darauf gelangten sie zu einer dunklen Hütte. Eadulf zitterte, als er die Umrisse erkannte. »Das ist die Unterkunft des Holzfällers. Wir haben uns nicht weit genug von Llanwnda entfernt«, sagte er enttäuscht.
    »Zumindest sind wir auf den eigentlichen Weg durch den Wald gestoßen. Wenn wir ihn weitergehen, gelangen wir zur Schmiede von Goff …«
    »Doch die liegt ungefähr sieben oder acht Meilen von hier entfernt, und ohne Pferde … Nun …!«
    Gewiß verzog er jetzt jammervoll das Gesicht, doch es war viel zu finster, um etwas zu sehen, und so konnte Fidelma nur seine Stimme hören.
    »Bei gutem Tempo, Eadulf, sind wir bei Tagesanbruch dort. Vielleicht können wir von Goff Pferde bekommen und zur Abtei Dewi Sant reiten, damit wir die Verschwörung noch rechtzeitig aufdecken.«
    Auf einmal blieb sie stehen. »Sei still! Ich glaube, da vorn hat sich etwas bewegt«, flüsterte sie.
    Eadulf beugte sich vor und spähte den Weg entlang. Die Bäume schienen sich über ihnen zu einem dunklen Gewölbe aus Zweigen zu verschränken. Er erschauerte.
    »Ist hier nicht auch der Baum, an dem sie Idwal aufgehängt haben?« murmelte er.
    Fidelma nickte, doch dann fiel ihr ein, daß er die Geste gar nicht sehen konnte.
    »Ich denke, ja«, pflichtete sie ihm bei.
    Auf einmal taten sich die Wolken auf, und der Mond erschien wieder. Ein silberner Streif fiel auf den Wald. Jetzt bemerkten es beide.
    An einem der unteren Äste der Eiche vor ihnen schwang etwas hin und her. Beim Näherkommen machten sie eine Gestalt aus, die so tief über dem Boden baumelte, daß die Fußspitzen fast die Erde berührten. Der Kopf hing in einem merkwürdigen Winkel zum Körper herab.
    Eadulf lief jetzt neben Fidelma her. Er wünschte, Fidelma hätte ihm nichts von den Bräuchen dieses Festes erzählt, dem Vorabend zu Allerheiligen.
    Vor dem Erhängten blieben sie stehen. Wieder war der Mond hinter den Wolken verschwunden. Es war unmöglich zu erkennen, um wen es sich handelte, auch wenn es Eadulf so vorkam, als sei ihm die Person bekannt. Und im gleichen Moment wußten sie beide – es war Iorwerth.
    »Dabit deus his quoque finem« , seufzte Fidelma traurig.
    »Du scheinst nicht gerade überrascht zu sein«, murmelte Eadulf, der die Zeile von Vergil erkannt hatte, in der es hieß, daß Gott aller Not eine Ende bereite.
    »Das bin ich auch nicht«, antwortete sie. »Selbst wenn ich annahm, er sei aus festerem Holz geschnitzt. Sonst hätte ich ihm die Kette nicht gezeigt. Komm, wir schneiden ihn ab.«
    Eadulf nahm sein Messer und trennte den Strick durch. »Ich begreife nicht, was

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