10 - Das Kloster Der Toten Seelen
Leute, die ihn gefangengenommen hatten, würden es ihm wegnehmen.«
Fidelma betrachtete den Gegenstand. Es war eine Kette aus Rotgold, an dem sich ein mit Juwelen verzierter Anhänger befand, der einen Hasen darstellte.
»Wann hat dir Idwal die Kette gegeben?« fragte Fidelma.
»An dem Tag, an dem er als Gefangener in unser Haus gebracht wurde.«
»An dem Tag, als Mair ermordet wurde?«
»Genau. Die Kette hätte seiner Mutter gehört, sagte Idwal, und er hatte sie von Iolo, dem Schäfer bekommen, der ihn aufzog.«
Elen drehte sich zur Tür um und blickte in die immer schwärzer werdende Nacht hinaus.
»Ich habe euch gesagt, was ich weiß. Ich muß los. Betet für mich, denn mir ist klar, wie falsch es war, so lange über die Todesursache der armen Mair geschwiegen zu haben.«
»Wir werden dafür beten, daß du sicher an dein Ziel gelangst, Elen«, versprach ihr Fidelma ernst. »Was Mair betrifft, so mußt du allein mit deinem Gewissen ins reine kommen. Vielleicht hast du recht, vielleicht auch nicht. Ganz gleich, wie es ist, dich trifft keine Schuld, glaub mir.«
Das Mädchen lächelte und verließ die Hütte. Sie hörten, wie sie sich auf ihr Pferd schwang und davonritt.
Eadulf schaute zu Fidelma hinüber, die immer noch am Feuer stand, damit die Kleider trockneten.
»Nun, es sieht fast so aus, als klärten sich die Dinge ganz von selbst. Du hattest recht, was Idwals Unschuld betrifft. Es war offensichtlich Clydog, der Mair ermordet hat.«
Fidelma schüttelte den Kopf. Sie hob die Kette mit dem funkelnden Anhänger hoch.
»Ganz im Gegenteil, Eadulf. Ich glaube, die Angelegenheit ist jetzt nur noch verworrener. Wir können nichts mehr für bare Münze nehmen. Daß Clydog Mair anstelle Elens umgebracht hat, ist nur eine Vermutung, für die es an Beweisen fehlt.«
»Du hast gehört, was das Mädchen sagte. Das paßt doch alles zusammen, oder?«
»Aber welche Rolle spielt Gwnda dabei? Du hast ihn verdächtigt. Er war indirekt beteiligt an der Ermordung Idwals. Warum? Wollte er ihn mundtot machen? Weshalb? Falls Gwnda wirklich glaubte, daß Idwal schuldig war, warum läßt er es zu, daß uns seine Tochter ihre Geschichte anvertraut? Das ist doch alles sehr seltsam. Oder etwa nicht?«
»Würde Gwnda sich zum Komplizen einer Verschwörung machen, die die Ermordung seiner Tochter zum Ziel hatte? Was war das für eine Verschwörung? Warum sollte er Elen davon abhalten, über das zu sprechen, was sie zufällig im Wald aufgeschnappt, aber nicht richtig verstanden hat? Ich sehe keinen Grund. Und ich weiß nicht, wie wir weitermachen sollen.«
»Das ist mir ganz klar«, sagte Fidelma und blickte aus der Tür. Es regnete kaum noch. »Wir sollten uns wohl noch einmal mit Iestyn unterhalten«, fuhr sie fort. »Danach ist Iorwerth wieder an der Reihe, der uns sagen muß, was er über den fremden Krieger weiß.«
Eadulf seufzte. »Deshalb warst du so sehr darauf aus, mehr über Iestyn zu erfahren.«
Fidelma griff ihren immer noch feuchten Mantel und hängte ihn sich um. Dann ging sie zu den Pferden hinaus. Eadulf löschte das kleiner gewordene Feuer und folgte ihr nach draußen. Der Nieselregen hatte zwar aufgehört, doch die Nacht war kalt und feucht.
Schweigend ritten sie zurück in Richtung Brücke. Kurz vor der Brücke schlug Fidelma den Weg entlang des Flusses ein, den Elen ihr beschrieben hatte. Zu ihrer Linken strömte das dunkle Wasser, zu ihrer Rechten bildeten die Bäume und das Unterholz einen dichten Wall.
Eadulf beugte sich nach vorn, um besser sehen zu können. Es war stockfinster. Immer noch hingen schwere Regenwolken über ihnen. Weder Mond noch Sterne drangen hindurch. Unter solchen Umständen vertraute Eadulf Fidelmas Gewandtheit als Reiterin, ließ sie voranreiten und überließ es seinem Pferd, einen sicheren Weg zu finden.
Die Strecke war länger, als Fidelma geschätzt hatte. Schließlich sah sie vor sich ein Licht und erkannte die vagen Umrisse von Gebäuden. Das war also Iestyns Gehöft. Sie drehte sich zu Eadulf um, der nichts weiter als ein dunkler Schatten in der Schwärze der Nacht war.
»Wir wollen nicht gleich auf uns aufmerksam machen«, flüsterte sie ihm zu.
Sie führte ihr Pferd um eines der Gebäude herum. Es war offenbar die Scheune, in deren Schutz sie anhielt und absaß. Sie entdeckten einen großen Busch, an dem sie die Pferde festbinden konnten. Dann tasteten sie sich zu einer Ecke der Scheune vor.
Licht schien durch die Fenster des Haupthauses, ein schwacher Schein
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