10 - Das Kloster Der Toten Seelen
ihnen. Dann ging Corryn zu seinem Pferd und saß auf.
»Halte mich über die üblichen Kanäle auf dem laufenden, Iestyn. Wenn Morgan seine Anweisungen befolgt, wird Gwlyddien bald etwas unternehmen. Wenn er erst einmal angestachelt ist … Das Königreich gehört uns!« Er hob zum Abschied die Hand und ritt in die Nacht hinein.
Iestyn sah ihn in der Dunkelheit verschwinden und ging zu seinem Hund. Der lag vor der Scheune, den Kopf zwischen den Pfoten; er jaulte.
»Gib Ruhe, Ci, du dummes Tier.«
Der Hund stand auf und bellte.
Iestyn sah sich zögernd um. Fidelma und Eadulf duckten sich tief hinter die Schweinestallwand.
»Oh, ich weiß«, sagte Iestyn. »Ich habe vergessen, dich zu füttern. Keine Sorge. Ich habe einen Knochen für dich.« Er ging zum Haus zurück.
Fidelma packte Eadulf am Arm, und kurz darauf waren sie beide über die Mauer geklettert. Der Hund hatte sie bemerkt und fing wieder an zu bellen. Sie hörten Iestyns verärgerte Stimme.
»Halt die Schnauze, du dummer Köter! Ich bringe den Knochen sofort!«
Fidelma und Eadulf eilten, so schnell sie konnten, zu den Pferden. »Komm, bloß fort von hier«, flüsterte Fidelma.
Als sie von der Scheune fortritten, schob sich plötzlich der Mond zwischen den Wolken hervor. Doch er konnte die stockfinstere Nacht kaum erhellen.
»Auf den Weg können wir nicht zurück«, sagte Fidelma. »Falls Iestyn den Hund losbindet, wird er uns einholen, und Corryn ist auch noch nicht weit genug weg. Vielleicht kehrt er noch einmal um.«
Eadulf sondierte den Fluß. »Hier ist eine Furt. Da ist er flach genug. Geh du voraus, Fidelma.«
Folgsam führte sie ihr Pferd ins Wasser und trieb es voran. Das Geräusch, das dabei entstand, wurde vom Rauschen des Flusses ein wenig weiter aufwärts gedämpft, denn dort drängte das Wasser über eine Barriere aus Felsen und Steinen, fast einem Wasserfall gleich. Eadulf folgte Fidelma dichtauf. Er konnte immer noch das Bellen des Hundes hinter ihnen hören.
Die Pferde stiegen mit Leichtigkeit die Uferböschung hinauf und verschwanden mit ihren Reitern bald in dem Baumdickicht, das den Fluß säumte. Dort einen Weg ausfindig zu machen war nicht einfach, doch schließlich gelangten sie auf einen schmalen Pfad. Er schien in die Ortschaft zu führen.
Als sie eine ziemliche Strecke geritten waren, brach Eadulf das Schweigen.
»Warum sind wir nicht dort geblieben und haben Iestyn zur Rede gestellt?«
Fidelma gönnte ihrem Pferd eine Pause. »Das wäre der falsche Zeitpunkt gewesen«, sagte sie.
»Corryn war doch fort«, meinte Eadulf. »Unser Erscheinen hätte Iestyn vielleicht überrascht, ihn zu einem Geständnis veranlaßt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil, ich glaube, daß selbst Iestyn dann gewußt hätte, warum sein Hund so laut angeschlagen hat. Jetzt haben wir die besseren Karten in der Hand. Wir kehren mit Kenntnissen zurück, die Iestyn uns nicht zutraut.«
»Ich muß zugeben, daß ich völlig durcheinander bin«, gestand Eadulf. »Jedesmal, wenn ich meine, daß die Dinge einen Sinn ergeben, werden sie undurchsichtiger.«
Fidelma klopfte ihrem Pferd nachdenklich den Hals. »Zum erstenmal sehe ich einen Lichtstreif am Horizont, Eadulf«, sagte sie zuversichtlich.
»Wie denn das?«
»Wir haben da zufällig etwas über eine Verschwörung erfahren, um Gwlyddien zu entmachten und das Königreich von Dyfed zu erobern. Ich glaube, daß die Vorfälle in Llanpadern etwas mit diesem Plan zu tun haben.«
Eadulf dachte einen Augenblick nach. »Eine Verschwörung im benachbarten Königreich von Ceredigion?«
»Ceredigion spielt eine zentrale Rolle dabei.«
»Willst du etwa sagen, daß in dieser Sache die Hwicce mit Ceredigion unter einer Decke stecken? Das kann ich nicht glauben. Die Hwicce sind die letzten, die die ehrgeizigen Absichten eines Herrschers der Welisc unterstützen würden.«
»Hängt das nicht davon ab, was man ihnen dafür bietet, Eadulf?«
»Du hättest recht, wenn du all die anderen angelsächsischen Königreiche meinen würdest. Doch die Hwicce würden sich niemals in die Angelegenheiten eines Welisc hineinziehen lassen.«
»Bist du da ganz sicher?«
»Ich würde drauf wetten. Da wir nun von dieser Verschwörung wissen«, fuhr Eadulf fort, »meinst du nicht, daß wir Gwndas Gastfreundschaft lange genug in Anspruch genommen haben? Sollten wir nicht zur Abtei zurückkehren und Gwlyddien mitteilen, daß sein Königreich in Gefahr ist?«
»Ganz gewiß werden wir ihn warnen«, stimmte ihm
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