Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
und ich bin darauf eingegangen. Wißt Ihr schon davon?“
    „Nein; er hat mir noch nichts gesagt. Was denkt Ihr von dem Ölfund?“
    „Daß er sich in der Flüssigkeit geirrt hat, wenn es nicht etwas noch Schlimmeres ist. Ich kann Euch nur zur Vorsicht mahnen.“
    „Also genauso, wie Mr. Frank und auch Mr. Droll mir sagten. Diese beiden scheinen auch mit euch zu gehen?“
    „Ja. Und später kommen Old Shatterhand und Winnetou uns nach. Ich denke, daß die Gelegenheit gar nicht trefflicher für Euch passen kann. Ihr werdet mir willkommen sein; macht aber, was Ihr wollt!“
    „Well! Ich müßte gar kein Hirn im Kopf haben, wenn ich nicht auf Euern Vorschlag eingehen wollte. Ihr gewährt mir einen Schutz, den ich vielleicht sehr nötig habe. Es mag also zugesagt sein: ich werde mich Euch anschließen, Sir, und sage Euch für die Erlaubnis einstweilen meinen Dank.“
    So war die Sache also zur allseitigen Zufriedenheit abgemacht, und Rollins, Baumgarten und der Ölprinz, welche sich bisher mehr für sich gehalten hatten, schlossen sich den Emigranten und deren Führern an. Man setzte sich zusammen; es wurde viel erzählt, so daß man bald bekannter miteinander wurde. Darüber verging der Nachmittag; der Abend brach herein, und man brannte im Hof ein Feuer an, um an demselben das Fleisch, welches der Ranchero lieferte, zu braten. Nach dem Essen sollte Kaffee gekocht werden. Die dazu gehörigen Gefäße hatten die Einwanderer mit; man brauchte sie also nicht von Forner zu borgen. Frau Rosalie und eine der andern Frauen nahmen einen Kessel und gingen damit nach dem Fluß, um Wasser zu holen. Nach einigen Minuten kamen sie in großer Aufregung und ohne den Kessel zurück. Ihre Gesichter drückten das größte Entsetzen aus.
    „Was ist denn mit Ihnen?“ fragte der Kantor. „Wo haben Sie den Kessel? Wie sehen Sie denn aus?“
    Die andere Frau konnte vor Schreck nicht reden; Frau Rosalie antwortete, aber unter allen Anzeichen des Schreckes: „Wie ich aussehe? Wohl schlecht, he?“
    „Ganz leichenblaß. Ist Ihnen vielleicht etwas passiert?“
    „Passiert? Und ob! Herjesses, was wir gesehen haben!“
    „Was denn?“
    „Was? Ja, das weeß ich nich, da fragen Sie mich zu viel.“
    Da meinte ihr Mann: „Sei doch nich so dumm! Du mußt doch wissen, waste gesehen hast?“
    Da stemmte sie die Fäuste in die Hüften und fuhr ihn zornig an: „Weeßt du es vielleicht?“
    „Ich? Nee“, antwortete er verblüfft.
    „Na, also! Da schweigste ooch schtille, verschtehste mich! Ich weeß schon, wo ich meine Oogen hab'; aber so een grausiges Geschöpf, wie wir gesehen haben, is mir in meinem ganzen Leben noch nich vorgekommen.“
    „Es war een Geist, een Flußgeschpenst“, erklärte die andere Frau, indem sie sich schüttelte. Sie hatte die Sprache wiedererlangt.
    „Unsinn!“ antwortete Frau Rosalie. „Geister gibt es nich, und an Geschpenster gloobe ich erseht recht nich.“
    „So war es een Wassernix!“
    „Ooch nich. Sei doch nich so abergläubisch! Nixe gibt es nur in den Kindermärchen.“
    „Was denkste denn, was es da gewesen sein mag?“
    „Ja, da fragste mich zu viel. Een Geist also warsch nich, denn es gibt keenen; een Mensch is es ooch nich gewesen, also warsch een Vieh, aber was für eens!“
    Da ergriff der Kantor das Wort wieder: „Wenn es ein Tier gewesen ist, so werden wir die Gattung, die Art und den Namen bald herausbekommen; ich bin ja Zoologe, nämlich vom Unterricht in der Schule her. Beantworten Sie mir meine Fragen. War es ein Wirbeltier?“
    „Von eenem Wirbel hab ich nischt bemerkt. Dazu ist es zu dunkel gewesen.“
    „Welche Größe hatte es denn?“
    „Als es im Wasser saß, konnte ich das nich gut sehen; aber als es offschprang, war es meiner Seele so groß wie een Mensch.“
    „Also war es unbedingt ein Wirbeltier, wahrscheinlich ein Säugetier?“
    „Das kann ich nich sagen.“
    „Gehen wir die einzelnen Klassen durch. Ist es ein Affe gewesen?“
    „Nee, denn es hatte keenen Schwanz.“
    „Es gibt auch ungeschwänzte Affen. Vielleicht ein Raubtier?“
    „Ooch nich, obgleich es gefährlich genug ausgesehen hat.“
    „Woher wissen Sie denn, daß es kein Raubtier gewesen ist?“
    „Weil es keene Haare hatte.“
    „So, so, hm, hm! Vielleicht ein Fisch?“
    „Nee, gar nich, denn een Fisch hat doch keene Arme und Beene.“
    „Die hatte es aber?“
    „Ja.“
    „Sonderbar, höchst sonderbar! Arme und Beine haben nur die Menschen und die Affen; ein Affe aber war es nicht, wie Sie

Weitere Kostenlose Bücher