10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
geführt hatte, war er für Roose Bolton nicht weiter von Wert.
»Im ersten Winter, an den ich mich erinnern kann, war der Schnee höher als mein Kopf«, sagte ein Hornwood-Mann vor ihm in der Schlange.
»Ja, aber da warst du auch nur einen Meter groß«, erwiderte ein Reiter aus den Bachlanden.
Letzte Nacht hatte Theon keinen Schlaf gefunden und über eine Möglichkeit zur Flucht gegrübelt. Würde er sich unbemerkt davonschleichen können, während Ramsay und sein Hoher Vater anderweitig beschäftigt waren? Allerdings waren alle Tore geschlossen und verrammelt und wurden schwer bewacht; niemand durfte ohne Lord Boltons Erlaubnis die Burg verlassen oder betreten. Selbst wenn Theon einen geheimen Weg nach draußen finden würde, durfte er ihm nicht vertrauen. Er hatte Kyra und ihre Schlüssel nicht vergessen. Und falls er nach draußen gelangte, wohin sollte er gehen? Sein Vater war tot, und seine Onkel hatten für ihn keine Verwendung. Pyke war für ihn verloren. Was für ihn einem Zuhause noch am nächsten kam, war hier: das Gerippe von Winterfell.
Eine Ruine von einem Mann, eine Ruine von einer Burg. Hier bin ich zu Hause.
Er wartete noch auf seinen Haferbrei, als Ramsay mit den Bastardburschen in die Halle kam und nach Musik rief. Abel rieb sich den Schlaf aus den Augen, holte seine Laute und begann mit »Des Dornischen Weib«, wozu eine der Waschfrauen die Trommel schlug. Der Sänger hatte aber die Verse verändert. Anstatt über den Geschmack des Weibs des Dornischen sang er vom Geschmack der Tochter eines Nordmanns.
Dafür könnte er leicht seine Zunge einbüßen, dachte Theon, derweil man ihm die Schale füllte. Er ist nur ein Sänger. Lord Ramsay könnte ihm die Haut von beiden Händen abziehen, und niemand würde ein Wort sagen. Aber Lord Bolton lächelte über die Verse, und Ramsay lachte laut. Dann wussten die anderen, dass es sicher war, ebenfalls zu lachen. Dem Gelben Dick lief sogar der Wein aus der Nase, so lustig fand er das Lied.
Lady Arya war nicht anwesend, um den Frohsinn zu teilen. Seit der Hochzeitsnacht hatte sie ihre Gemächer nicht mehr verlassen. Der Saure Alyn hatte erzählt, Ramsay hielte sich seine Braut nackt an einen Bettpfosten gekettet, aber das war nur Gerede, wie Theon wusste. Sie trug keine Ketten, jedenfalls keine, die man sehen konnte. Nur zwei Wachen vor der Tür hinderten das Mädchen daran, durch die Burg zu wandern. Und sie ist nur nackt, wenn sie badet.
Das immerhin tat sie jeden Abend. Lord Ramsay wollte eine reinliche Gemahlin. »Sie hat keine Zofen, die Arme«, hatte er zu Theon gesagt. »Also musst du ihr helfen, Stinker. Soll ich dich in ein Kleid stecken?« Er lachte. »Vielleicht, wenn du mich ganz lieb darum bittest. Im Augenblick wirst du ihr jedoch als Magd beim Baden helfen. Sie soll schließlich nicht so riechen wie du.« Wann immer es Ramsay also in den Sinn kam, mit seiner Gemahlin ins Bett zu gehen, fiel Theon die Aufgabe zu, Dienerinnen von Lady Walda oder Lady Staublin zu leihen und heißes Wasser aus der Küche zu holen. Obwohl Arya niemals mit einer von ihnen sprach, konnten ihnen ihre blauen Flecken kaum entgangen sein. Es ist ihre eigene Schuld. Sie stellt ihn nicht zufrieden. » Seid einfach Arya «, hatte er dem Mädchen einmal gesagt, als er ihr ins Wasser half. »Lord Ramsay möchte Euch nicht wehtun. Er tut uns nur weh, wenn wir … wenn wir vergessen. Mich hat er nie ohne Grund geschnitten.«
»Theon …«, flüsterte sie weinend.
» Stinker. « Er packte sie am Arm und schüttelte sie. »Hier drin bin ich Stinker. Das dürft Ihr nicht vergessen , Arya.« Aber das Mädchen war keine richtige Stark, nur der Welpe eines Haushofmeisters. Jeyne, ihr Name ist Jeyne. Sie sollte nicht mich bitten, sie zu retten. Einst hätte Theon Greyjoy ihr vielleicht geholfen. Doch Theon war ein Eisenmann gewesen, und ein tapferer Mann als Stinker. Stinker kommt von Stinken, und das reimt sich auf Versinken.
Ramsay hatte ein neues Spielzeug zu seiner Unterhaltung, eines mit Titten und einer Möse … aber Jeynes Tränen würden bald ihren Reiz verlieren, und dann würde Ramsay seinen Stinker zurückwollen. Er wird mir Zoll um Zoll die Haut abziehen. Wenn meine Finger fort sind, wird er sich meine Hände vornehmen. Danach meine Zehen und die Füße. Aber nur, wenn ich ihn anflehe, es zu tun, weil der Schmerz zu schlimm ist, und ich ihn um Erleichterung anbettele. Für Stinker würde es keine heißen Bäder geben. Er würde sich wieder in Scheiße wälzen. Es
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