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10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

Titel: 10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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hielt die Zügel so kurz wie möglich und ließ sich in alle Richtungen schütteln, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
    Schließlich gab das Pferd es auf. Es blieb mitten im Hof keuchend und zitternd stehen.

    Mit allen bösartigen Tricks versuchte das Pferd seinen Reiter abzuwerfen
    Teddy sprang ab und gab Lionette die Zügel.
    »Monsieur«, sagte Jules hochmütig, »Ihr Stil ist nicht mein Stil, aber ich ziehe den Hut vor Ihnen.«
    »Ja«, sagte Lionette, als bedaure sie es. »Das war sensationell. Man hätte Sie für Buffalo Bill persönlich halten können.«
    »Wo haben Sie reiten gelernt?« erkundigte sich Jules.
    »Ich habe aus Spaß schon Rodeos mitgemacht«, erklärte Teddy einfach. Lionette und Jules tauschten erneut einen Blick.
    »Sie denken also«, begann Jules erneut, »daß die Amerikaner bessere Reiter sind als die Europäer?«
    »Ja«, erwiderte Teddy einfach.
    »Warum?«
    »Alles, was wir anpacken, machen wir besser als ihr.«
    »Wie kommen Sie zu einem solchen Urteil?«
    »Das ist doch ganz einfach. Der Fortschritt, haben Sie davon schon einmal etwas gehört?«
    »Von weitem.«
    »Um so schlimmer für Sie. Aber deswegen gibt es ihn doch. Nun weiß alle Welt, daß Amerika Europa voraus ist.«
    »Zugegeben.«
    »Also, alles was ihr habt, haben wir auch. Aber es ist bei uns auch noch besser.« Teddy war sich seiner Sache sicher.
    »Mein lieber Buffalo Bill, Sie erzählen dummes Zeug.
    Gibt es in Amerika Kathedralen, Schlösser, Gemälde, Skulpturen und Kunsthandwerk wie bei uns?«
    »Wir könnten, wenn wir wollten. Und wenn uns bei euch etwas gefällt, dann kaufen wir es eben und transportieren es hinüber.«
    »Hören Sie, das ist doch zu komisch. Sie wollen mir vielleicht erzählen, daß Ihre Wolkenkratzer soviel wert sind wie eine alte Kathedrale?«
    »Die alten Kirchen sind für die damalige Zeit nicht schlecht gebaut!« gestand Teddy milde zu.
    »Und die Eßkultur? Wollen Sie die Überlegenheit der französischen Küche bestreiten?«
    »Nichts geht über einen Hot dog. Sie scheinen mit Ihren vorsintflutlichen Ideen nicht zu begreifen, daß das Hot dog aus der französischen Küche entstanden ist, und daß es folglich mehr wert ist, weil es sie enthält.«
    »Mit anderen Worten: Sie behaupten also, daß jeder beliebige Amerikaner jeden beliebigen Europäer auf jedem beliebigen Gebiet schlagen kann?«
    »Nein«, gab Teddy zurück. »Ein mittelmäßiger Amerikaner ist in der Lage, einen mittelmäßigen Europäer auf jedem beliebigen Gebiet zu schlagen. Und Ihre Kathedralen und Ihre Soßen fangen an, mir auf die Nerven zu gehen. Von meiner Mutter und meiner Schwester hört man bei uns zu Hause auch schon nichts anderes mehr.«
    »Daß muß bei Ihrer Einstellung wirklich nervtötend sein«, warf Lionette ein, »vor allem, da Sie ja von Kathedralen und Soßen keine Ahnung haben.«
    »Und auch nicht von Leuten, die eigentlich gut erzogen sein sollten und es überhaupt nicht sind«, platzte Lennet heraus. »Wir sind hier in Frankreich, und die geringste Höflichkeit…«
    »Sie brauchen mich nicht zu verteidigen«, unterbrach Teddy bockig. »Ich bin groß genug, um mich selbst zu wehren.«
    »So etwas muß man mir nur einmal sagen«, entgegnete Lennet. »Kommen Sie, Jenny, die Herrschaften sollen ihre Sache unter sich ausmachen.«
    Lennet verstand nicht ganz, was da vorging. Jules stammte ja gar nicht von diesem Schloß. Was für eine Rolle spielte er in diesem Spiel. Denn daß es ein Spiel war, war klar. Nur welches?
    »Das ist alles nur wegen dieses Mädchens«, meinte Jenny sichtlich beunruhigt. »Sie dürfen nicht glauben, daß Teddy diesen Quatsch tatsächlich glaubt, den er von sich gibt. Aber er leidet darunter, daß dieser Jules so elegant und so selbstsicher ist, und er sucht Streit, um nicht unterlegen zu scheinen. Haben Sie nicht gesehen, mit welchen Augen Teddy diese Lionette ansieht? Er ist verliebt. Das ist eindeutig.«
    Die beiden jungen Leute gingen zum Haus zurück. Mr. Burton, der sich selbst im Golf geschlagen hatte, war verschwunden. Aber aus einem alten staubigen Renault stieg gerade ein Fremder und ging die Freitreppe hinauf.
    Ein braungebrannter, magerer, klappriger Mann mit viel zu langen Beinen und Armen. Er erinnerte an eine Spinne.
    Um seinen Hals hingen mehrere Fotoapparate. In der Art, wie er sich bewegte, war gleichzeitig etwas von Heimlichkeit und Unverschämtheit.

Schüsse in der Nacht
    Die zweite Hälfte des Nachmittags machte die Reisegesellschaft einen Spaziergang

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