10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron
wurden…«
»Es gäbe vielleicht eine Möglichkeit, die Sache freundschaftlich zu regeln«, lenkte Louis nach einer kurzen Pause ein.
»Wie das?« fragte Dickie, und er schien voller Hoffnung.
»Die geschmuggelte Vase, von der ich Ihnen erzählt habe.«
»Und?«
»Sie kostet nur zehntausend Francs. Es fällt Ihnen vielleicht leichter, diese Summe aufzutreiben.«
»Zehntausend Francs? Das scheint mir vernünftiger«, Dickies Stimme klang nicht mehr ganz so niedergeschlagen. »Ich könnte Ihnen einen Scheck geben, und mein Vater brauchte davon gar nichts zu erfahren.«
»Wir müßten nur sofort los, um sie zu holen. Sie kann jeden Augenblick verkauft werden.«
»Ich stehe zu Ihrer Verfügung.«
»Dann gehen wir. Hoffen wir, daß uns nicht schon jemand zuvorgekommen ist. Denn dann, mein lieber Dickie, sind Sie mir dreißigtausend Francs schuldig.«
Louis läutete. Marietta, das Zimmermädchen, erschien.
»Fegen Sie das da zusammen«, befahl Bourbons-Valoys mit einer nachlässigen Geste zu den Scherben hin.
»Sehr wohl, Prinz«, sagte Marietta. Und sie erstickte fast vor unterdrücktem Lachen.
Sie stiegen in Louis' Chrysler und fuhren Richtung Cherbourg. Von Zeit zu Zeit gab der Prinz seiner Hoffnung Ausdruck, daß die Vase noch nicht verkauft sei. Und von Zeit zu Zeit tastete Lennet nach einem scharfen kleinen Gegenstand in seiner Tasche: Einer der Scherben der chinesischen Vase, den er gleich eingesteckt hatte. Auf diesem Scherben hatte er die Reste einer fast völlig ausradierten Inschrift gefunden, aber er nahm sich vor, diese genau zu prüfen, wenn er wieder allein war.
In Cherbourg hielt der Wagen an der gleichen Stelle, an der Lennet ihn auch zwei Tage zuvor gefunden hatte. Und in einer Einfahrt, ein Stück weiter entfernt, erkannte Lennet auch den staubigen Renault des Spinnenbarons.
Mick klopfte an der Tür. »Wer ist da?« fragte eine grobe Stimme. »Ein Kunde.«
Die Tür ging auf. Bourbons-Valoys, Dickie und Mick kamen in einen kleinen Korridor, der in ein viereckiges Zimmer mündete. Es war schmutzig, halb Eßzimmer und halb Arbeitsraum. Drei finstere Typen hielten sich darin auf, offensichtlich zu allem bereit. Lennet erkannte Prosper, seinen Kameraden und den Mann mit der Pistole.
»Was wünschen Sie?« fragte der letztere.
»Bonjour, Boudiafa«, grüßte Louis.
»Salut.«
»Kann man mit Ihnen ein Geschäft machen?«
»Kann sein, kann nicht sein. Was wollen Sie?«
»Es handelt sich um Ihre Schang-Vase.«
»Nun und?«
»Ist sie schon verkauft?«
»Noch nicht.«
»Bleiben Sie bei Ihren zehntausend Francs?«
»Ja, weil ich ein guter Mensch bin.«
»Würden Sie das Geld auch in Dollar nehmen? Als Scheck?«
»Wenn Sie dafür die Garantie übernehmen.«
»Bringen Sie die Vase her.« Boudiafa verschwand für einen Augenblick und kam dann mit einer Vase zurück, die derjenigen im Schloß aufs i-Tüpfelchen glich.
»Da habe ich ja Glück«, rief Dickie erleichtert aus.
»Das kann man wohl sagen«, fügte Mick hinzu. Dickie zog sein gefälschtes Scheckheft aus der Tasche und unterschrieb einen Scheck. Die drei Schmuggler standen um ihn herum. Sie waren schlecht rasiert, hatten heimtückische Augen und grinsende Münder und sahen nicht gerade liebenswürdig aus.
Ein Blitz erhellte für einen winzigen Augenblick den Raum. Dickie gab Boudiafa den Scheck, und dieser drückte ihm kräftig die Hand. Wieder ein Blitz.
»Lächeln Sie, gleich kommt der kleine Vogel aus dem Kasten«, sagte Lennet zu dem Schmuggler.
»Was meinen Sie damit?« fragte der Prinz.
»Sie bemerken doch wohl selbst, daß man uns mit Blitzlicht fotografiert«, antwortete Dickie in aller Ruhe. »Das macht man in Amerika auch, wenn wichtige Schecks unterschrieben werden. Sie sind modern, die französischen Schmuggler.«
Bourbons-Valoys, Boudiafa und Mick schienen erschrocken. Die beiden anderen machten einen Schritt auf die Tür zu. Doch Lennet tat, als bemerke er dies alles nicht, sondern nahm die Vase und ging zur Tür. Auf ein Zeichen des Prinzen ließen Prosper und seine Kameraden ihn ungehindert passieren. Drei Minuten später fuhr der Chrysler wieder in Richtung Schloß.
Lennet drehte und wendete die Vase und suchte eine Fabrikmarke. Aber er fand nichts.
»Vielen Dank, Louis«, sagte Dickie, als die Vase wieder auf dem Platz stand, wo vorher die andere gestanden hatte. »Sie sind ein echter Freund.«
Dann ging er in sein Zimmer, duschte und stellte die Schuhe zum Putzen vor die Tür. Das sollte
Weitere Kostenlose Bücher