10 - Operation Rainbow
orangefarbenen Likör und starrte wachsam auf den Bildschirm. Antiterror-Einheiten sahen in aller Welt gleich aus, aber das war zu erwarten - schließlich wurden sie für ähnliche Einsätze gedrillt, nach ein und demselben internationalen Handbuch. Die Engländer hatten es, ausgehend vom Reglement ihres Special Air Service, entwickelt; die deutsche GSG-9 übernahm es ebenso wie die übrigen Länder Europas und schließlich die US-Einheiten: bis hin zu den schwarzen Klamotten, die Popov für übertrieben hielt. Doch da sie irgend etwas tragen mußten, war schwarz immerhin besser als weiß, oder? Weit mehr interessierte er sich für den schwarzledernen Diplomatenkoffer voller DM-Banknoten, der jetzt in seinem Zimmer stand und den er morgen nach Bern bringen wollte, in sein Bankdepot, bevor er nach New York zurückflog. Er wunderte sich, während er den Fernseher ausschaltete - zwei simple Jobs, und schon hatte er über eine Million Dollar auf dem geheimen, anonymen Sparkonto. Was seine Chefs von ihm verlangten, hatte er getreulich erfüllt, dafür wurde er gut bezahlt, und über die Spesen schienen sie sich nicht groß aufzuregen. Desto besser, wenn das Geld für eine gute Sache verwandt wurde, dachte der Russe.
***
»Gott sei Dank«, bemerkte George Winston. »Verdammt, ich kenne ihn sogar. Erwin ist ein feiner Kerl«, erklärte der Staatssekretär des Finanzministers, als sie das Weiße Haus verließen. Die Kabinettssitzung hatte wieder einmal bis in die Puppen gedauert.
»Wer hat die Befreiungsaktion geleitet?«
»Ach, das war - äh...« Er fühlte sich ertappt. Eigentlich durfte er das nicht sagen und sollte es gar nicht wissen. »Was kam denn in den Nachrichten?«
»Polizei vor Ort. Eine Eingreiftruppe der Wiener Polizei, nehme ich an.«
»Allmählich wissen sie wohl, wie man so etwas macht«, murmelte der Staatssekretär und wandte sich in Begleitung seines Leibwächters dem Wagen zu.
»Österreicher? Wer sollte es denen beigebracht haben!«
»Jemand, der sich auskennt, nehme ich an«, gab Winston zurück und stieg ein.
»Und was steckt wirklich dahinter?« fragte Carol Brightling und wandte sich an die Staatssekretärin des Innenministeriums. Offenbar hatten das die Männer wieder mal unter sich abgemacht.
»Gar nichts, wirklich«, erwiderte die Kollegin und ließ sich vom Leibwächter zur Tür ihres eigenen Wagens bringen. »Aber nach dem, was im TV gezeigt wurde, haben sie gute Arbeit geleistet und alle gerettet. Bei meinen Besuchen in Österreich hat die Polizei nicht gerade einen überwältigenden Eindruck gemacht. Vielleicht irre ich mich. Aber George scheint mehr zu wissen, als er zugeben will.«
»Das kenn ich schon, Jean. Er gehört eben zum >inneren< Kabinett«, spottete Dr. Brightling.
Wer im >äußeren< Kabinett tätig war, konnte sich nur schwer damit abfinden. Strenggenommen war Carol Brightling natürlich gar kein Kabinettsmitglied. Sie saß auf einem Stuhl an der Wand statt am Kabinettstisch, und auch das n ur, wenn das Thema der Besprechung wie heute ihren wissenschaftlichen Rat erforderte. Gute und schlechte Nachrichten - sie hatte genau zugehört und machte sich Notizen über alles, was vor sich ging in dem prachtvoll geschmückten Saal oberhalb des Rose Ga rden, wo der Präsident selbst die Tagesordnung und das Tempo bestimmte. Heute war ihm alles entglitten, dachte sie. Die Steuerpolitik nahm über eine Stunde in Anspruch, und zur Nutzung der Nationalwälder waren sie gar nicht erst gekommen - das war Sache des Innenministeriums und wurde auf die nächste Zusammenkunft in einer Woche verschoben.
Sie selbst hatte keinen Anspruch auf Personenschutz, nicht einmal auf ein Büro im Weißen Haus. Frühere wissenschaftliche Berater des Präsidenten waren im Westflügel untergebracht worden, sie selbst hatte ins alte Verwaltungsgebäude der Regierung ausweichen müssen. Es war ein größeres, bequemeres Büro mit einem Fenster - was es in den Erdgeschoßbüros des Weißen Hauses nicht gab. Doch obwohl das Verwaltungsgebäude als administrativer Bestandteil galt, fehlte es ihm doch an Prestige, und Prestige war das A und O im gesamten Arbeitsstab des Weißen Hauses. Das war selbst unter diesem Präsidenten nicht zu vermeiden, der sich immerhin einige Mühe gab, alle gleich zu behandeln, und sich um Statusquerelen nicht scherte. Deshalb klammerte sich Carol Brightling an ihr Vorrecht, das Mittagessen in der Kantine des Weißen Hauses einnehmen zu dürfen, zusammen mit den
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