10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Ausgaben, die man früher in jedem Laden erhalten konnte. Überflüssig zu erwähnen, daß sie Kuriositätswert für mich haben – und nicht viel mehr.«
Dr. Mecklan war an eines der Regale herangetreten und griff nun wahllos in die lange Reihe von Büchern. »Darf ich?« fragte er.
»Aber natürlich, Doktor. Wer weiß, ob Sie jemals wieder eine Möglichkeit dazu haben werden?«
*
Dr. Mecklan nahm ein Buch mit grauem Rücken heraus. Er schlug es auf.
Vergilbtes Papier, kunstvoll gedruckte Buchstaben. Kyan blickte ihm über die Schulter.
»Sehnsucht nach dem Mord«, las der Psychiater. »Im neunten Kapitel behandelt Glesch Hikor den geheimen Trieb des Menschen …«
»Hikor war mein Urgroßonkel«, erklärte Kyan. »Er war, um ehrlich zu sein, ein Stümper. Er hatte ganz komische Theorien.«
»So wie das Tier tötet und dies der eigenen Erhaltung wegen tut«, las Dr. Mecklan auf einer wahllos aufgeschlagenen Seite, »so sind des Menschen Regungen in dieser Richtung, der des Mordens, vom selben Standpunkt aus zu betrachten. Wenn einen Menschen der Wunsch zu töten überkommt, sei es aus den mannigfaltigsten Gründen, die er sich einredet oder anderen gegenüber vorgibt, dann kann man die Ursache dafür nur in seinem Urinstinkt suchen. Es ist das Tier im Menschen, das Angst hat, nicht überleben zu können, wenn es nicht tötet. Die meisten Menschen wissen selbst nicht, wo sie die Begründung für ihr Verlangen nach Blut suchen sollen … Finden Sie diese Theorie wirklich so absurd?« sann Dr. Mecklan.
Kyan lachte.
»Sie etwa nicht?«
Der Psychiater zuckte die Achseln. »Ich habe den Wunsch des Menschen nach Mord und Totschlag noch nie von dieser Warte aus betrachtet – aber so ganz unrecht scheint Ihr Urgroßonkel nicht zu haben.«
»Sie halten mich demnach für ein Tier?«
»Wieso, ich …« Der Psychiater schien verwirrt.
Kyan klopfte ihm begütigend auf die Schulter. »Wenn Sie es zu Ende läsen, würden Sie viele Widersprüche darin entdecken.«
»Mich würde es auf jeden Fall reizen, es einmal zu lesen. Könnten Sie es mir borgen?«
Kyan blickte auf die Uhr. »Oh, es ist schon spät. Wir müssen uns etwas beeilen. Und – erinnern Sie mich nach dem Nachtmahl daran.«
Sie gingen weiter. Der Gedanke, daß Dr. Mecklan nur noch fünfundzwanzig Minuten zu leben hatte, stimmte Kyan behaglich. Fünfundzwanzig Minuten, keine Sekunde mehr. Er hatte seine Klubkollegen ersucht, gemeinsam zu kommen und pünktlich zu sein.
Kyan öffnete die andere Tür.
»Wir kommen nun in das Vorbereitungszimmer meines Großvaters«, erklärte er.
Ein kleiner Raum empfing sie, der eigenwillig eingerichtet war. Darin befanden sich eine Pritsche, ein goldverzierter Stuhl, und an den Wänden hingen drei Fotografien, die gut und gerne an die zweihundert Jahre alt sein mochten. Das war die ganze Einrichtung.
»Hier hat sich Ihr Großvater vorbereitet? Playk – meinen Sie, der heute seinen fünfzehnten Todestag hat?« fragte Dr. Mecklan.
»Ja, immer bevor er einen Mordversuch unternommen hat.« Kyans Augen glitzerten. »Er war sehr abergläubisch. Er sagte immer: ›Züchtige erst dich selbst, dann hast du das Recht, andere zu züchtigen.‹«
Dr. Mecklan deutete auf die Fotografien an der Wand. Darauf waren zwei Porträts von Männern abgebildet, und das dritte Foto stellte eine Frau dar, deren dichte Brauen die kleinen schmalen Augen überschatteten.
»Sind das Leute, die Ihr Großvater verehrte?« fragte er.
»Ja. Berühmte Leute.«
»Aus Ihrer Familie?«
»Nein«, sagte Kyan mit einem wehmütigen Lächeln. »Leider nicht. Es sind berühmte Massenmörder, aus der früheren Zeit. Aber ich kenne nur von dem einen den Namen. Die beiden anderen konnte ich nicht
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