10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
sie verspüre keinerlei Gelüste, jemanden zu töten, gab aber gleichzeitig zu, es jederzeit zu können. Es deutete alles darauf hin, daß Sylvi aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen der Geburtsbehandlung entgangen war. Alban versuchte auch, den Grund dafür in Erfahrung zu bringen. Aber vergebens. So entschloß er sich, Sylvi zur Frau zu nehmen, damit wenigstens ihr Blut, durchsetzt mit dem aktiven Adrenalin, in unserer Familie erhalten bliebe.«
»Sehr erstaunlich«, stellte Dr. Mecklan fest. »Und hat niemand mehr von Ihrer Familie herausfinden können, wie diese Frau der Behandlung entkommen war?«
»Nein. Die Spuren ihrer Herkunft waren total verwischt.«
»Und führen Sie Ihre Erfolge auf die Vermengung von Sylvis Blut mit dem Ihrer Familie zurück?«
»Unbedingt. Ich möchte es als Vererbung bezeichnen.«
Dr. Mecklan schritt weiter, dann blieb er bei einer gewissen Stelle an der Wand stehen. Ein rechteckiges Stück Mauer war lichter als der restliche Teil. »Wurde hier ein Bild entfernt?« fragte er.
»Ja. Aber verlangen Sie nicht von mir, daß ich Ihnen sage, warum. Es war ein Mitglied unserer Familie, das uns Schande brachte. Er verdient es nicht, hier zu hängen. Aber das nächste Bild – sehen Sie es sich genau an.« Der Psychiater trat vor das Bild und betrachtete es kritisch.
»Sehen Sie es?« fragte Kyan stolz. »Man sieht ihm seine Durchschlagskraft an. Seinem Blick konnte niemand standhalten. Und sein energischer Mund! Ich höre noch heute den Klang seiner Worte in meinem Ohr. ›Kassian‹, hat er gesagt, ›du bist der letzte Kyan, und es wird nach dir auch keinen Kyan mehr geben. Bilde einen würdigen Abschluß. Zeig es ihnen. Zeig ihnen, wozu ein echter Kyan fähig ist.‹«
Kyan nickte in Gedanken.
»So war mein Großvater Playk. Und dann hat er sich nach der Spezialbehandlung das Leben genommen.«
»Wissen Sie, warum?«
»Nein, ich habe es nie herausgefunden. Er hat aber sicher etwas Großes vorgehabt, denn ich fand dann im Keller eine Pistole. Sie war geladen und schußbereit. Sogar ein Probeschuß war daraus abgefeuert worden. Ich entdeckte ihn als Querschläger am Boden. Ich weiß bis heute nicht, was ihn in den Tod getrieben hat.« Kyans Gesicht überzog ein dunkler Schatten. Dann aber klärte sich sein Blick, und er sagte mit gewohnt fester Stimme: »Immerhin, es ist schon ganz beachtlich, daß er es bis zum Selbstmord geschafft hat. Dies ist doch auch eine Art von Mord.«
Er sah den Psychiater an.
»Ich bin überzeugt, daß Sie dies nicht fertigbringen könnten.«
Dr. Mecklan schüttelte sich in gespieltem Entsetzen. »Ich denke auch nicht daran, mich umzubringen …«
Kyan lachte. »Ich auch nicht, lieber Doktor. Ich auch nicht. Ich habe noch etwas zu erledigen.«
»Sie meinen das Versprechen, das Ihnen Ihr Großvater abgerungen hat?«
»Genau. Das bin ich ihm schuldig.« Kyan musterte den Psychiater. Wie man ihm seine Unbehaglichkeit anmerkte! Seine Muskeln spannten sich, aber selbstquälerisch spielte er sein Spiel weiter. Er führte die Maus, die nicht wußte, daß sie sich mit der Katze unterhielt, oder wenn man es so wollte: die Katze führte die Maus, die nicht wußte, daß sie eine Maus war, zum nächsten Bild.
»Das war mein Vater. Er starb, noch bevor er zu großen Taten schreiten konnte.«
»Woran denn?«
»Ein Unfall. Ein ganz simpler Kopterunfall.«
»Er sieht gut aus – und noch sehr jung.«
»Er starb mit zwanzig. Ich hätte gerne einmal mit ihm gesprochen, aber das ging dann nicht mehr. Damals konnte ich noch nicht sprechen.«
»Und Ihre Mutter?«
»Die war bei ihm.«
Kyan griff nach der Tür am Ende des Ganges.
»Verzeihen Sie, wenn ich meine Neugierde nicht bezähmen kann«, hörte er Dr. Mecklan sagen, »aber was soll dieser leere Bilderrahmen auf der
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