10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Gedanken auf: Sünde. Das Wort erweckte kein Echo.
Einst hatte es auf unverständliche Weise etwas mit Schuld zu tun gehabt – nun nicht mehr. Die Menschheit hatte schon zu viel mitgemacht. Sünde war ein Wort ohne Bedeutung geworden.
Danner verscheuchte die Gedanken und kostete den Salat aus jungen Palmknospen. Er schmeckte ihm nicht. Nun, solcherlei Dinge waren zu erwarten. Nichts war eben vollkommen. Er nippte wieder am Wein und fand Gefallen an der Art, wie das Glas in seiner Hand wie etwas Lebendes zu vibrieren schien. Das Getränk mundete ihm ausgezeichnet, so daß er zunächst versucht war, mehr davon zu bestellen, doch dann beschloß er, es lieber auf ein andermal zu verschieben. Es gab noch so viele Vergnügungen, die ihn erwarteten und jedes Risiko wert waren. Er hatte natürlich gar kein Risiko eingehen müssen.
Danner war ein Mann, der zur falschen Zeit auf die Welt gekommen war. Er konnte sich noch an die letzten Tage des verlorengegangenen Paradieses erinnern, war aber damals so jung gewesen, daß er ein Opfer des Systems der Güterknappheit wurde, das die Maschinen ihren Schöpfern aufgezwungen hatten. In seiner frühen Jugend hatte er wie alle anderen jeden Luxusartikel umsonst erhalten. Er konnte sich an die gute alte Zeit erinnern, da die Traummaschinen noch funktionierten, die solch wunderbare, märchenhafte Erlebnisse vermittelten, wie sie niemals hätten Wirklichkeit werden können. Aber dann kam das neue System, und mit dem Vergnügen war es aus. Nun erhielt man nichts als das Notwendigste.
Jetzt mußte man arbeiten, wobei Danner jede Minute haßte.
Als damals plötzlich der Umschwung erfolgte, war er zu jung und unerfahren gewesen, um an dem einsetzenden Raffen teilnehmen zu können. Wer heutzutage reich war, hatte sein Vermögen dadurch gemacht, daß er die letzten Luxusartikel, welche die Maschinen noch herstellten, an sich gerissen hatte. Alles, was Danner besaß, waren schöne Erinnerungen und das Gefühl, betrogen worden zu sein. Und alles, was er wollte, war ein Leben wie in den alten Zeiten, wobei es ihm gleichgültig war, wie er es erlangen konnte.
Nun, jetzt führte er wieder so ein Leben. Er berührte den Rand des Weinglases mit einem Finger und fühlte, wie es unter seiner Berührung leise zu klingen begann. Er fragte sich, ob es wohl von Menschenhand hergestellt worden war. Er verstand eben noch zu wenig von Luxusgütern, aber er würde für den Rest seines Lebens Zeit finden, sich dieses Wissen anzueignen und dabei glücklich sein. Er blickte auf und sah durch die transparente Kuppel des Restaurants die Türme der Stadt. So weit er blicken konnte, bildeten sie einen steinernen Wald. Dabei stellten sie nur eine Stadt von vielen dar. Wenn er sich hier zu langweilen begann, so gab es also noch genug andere.
Über das ganze Land, den gesamten Planeten, erstreckte sich ein Netz, das wie ein riesiges Monster Stadt mit Stadt verband. Nennen wir es die »Gesellschaft«.
Danner fühlte, wie ihre Grundfesten ein wenig unter ihm wankten.
Er nahm das Weinglas und leerte es hastig. Das leise Unbehagen in ihm, das die Fundamente der Stadt zu erschüttern schien, war ein völlig neuartiges Gefühl. Es war durch ein noch nie erlebtes Furchtempfinden hervorgerufen worden. Ja natürlich, durch die Tatsache, daß er nicht entdeckt worden war.
Unsinn! Die Stadt war äußerst kompliziert und steuerte alles mit Hilfe der unbestechlichen Maschinen. Sie allein bewahrten den Menschen davor, die Anzahl der ausgestorbenen Spezies zu bereichern. Und die Analogrechner und elektronischen Kalkulatoren bildeten den Kern des Systems. Sie schufen die Gesetze, die notwendig waren, um die
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