1:0 Tüftelzapf
Ich habe Familie! — Was sagen Sie? — Käse...? Das hätten Sie gleich sagen sollen! — Eine Sekunde...!“
So barbarisch wie in dieser Nacht war Kunibal, die oberste Krümelmaus, in ihrem Leben noch nie geweckt worden. Zuerst mürrisch, dann lauernd und schließlich hellwach und aufrecht im Bett sitzend, hörte er sich den ausführlichen Käseschnüffelbericht seines Gerechtigkeitsrates an.
„Wenn das stimmt, was Sie mir da gerade alles geflüstert haben“, schnarrte Kunibal und rieb sich die Stirn... „Aua — eine Beule...! — Wo hab’ ich nur diese Beule...!“
„Wie bitte?“ fragte Sanftel verwundert.
„Was... wie... ach so — autsch! — ja... also, wenn das alles stimmt“, fuhr die oberste Krümelmaus fort, „... dann gibt es morgen in Krümelland einen frischgebackenen Gerechtigkeitsminister namens Severin Sanftel und einen Oberkäse... — ‘tschuldigung — natürlich: Ober-Post-Sekretär Ku-vertl — Ende! — Halt, halt...! Und holen Sie mir gleich die Kriminalmäuse aus dem Heu!“
Spürmäuse unterwegs
Am nächsten Morgen, gegen acht Uhr, als die betreffenden Herrschaften mit Sicherheit an ihrem Frühstücksemmentaler knabberten oder gerade ein neues Käsegericht probierten, zogen die Kriminalmäuse, auch Spürmäuse genannt, zu ihrem überraschenden Käsefang aus.
Das geschah nicht mit Geschrei und Schutzblechgeklapper wie vorgestern bei der Fliegengäßler Käseaktion. — Heute waren Spezialisten am Werk...! Und frisch von der Käsetafel weg, den Bissen noch in der Schnauze, wurden die Käsefreunde festgenommen. Daß dabei auch den Spürmäusen mancher köstliche Käsehappen zwischen die Nagezähne kam, geschah rein zufällig — versteht sich!
Zuallererst wünschte man den Schlürfigels in der Schmuggelgasse einen guten Morgen. Die schmatzten so genüßlich an ihrer Käsesuppe, daß sie die Kriminalmaus erst bemerkten, als die schon mit einem Bein im Suppentopf stand. Da war keine Zeit mehr, die Käseplatte unterm Bett zu verstauen! Auf die beiden Schlürfigels und ihren ältesten Sohn Schlurf wartete an der Straßenecke schon ein kleiner blauer Omnibus mit vergitterten Fenstern. Frau Schlürfigel konnte es sich nicht verkneifen, der Wachtmaus an der Wagentüre blitzschnell ein Stück Weichkäse auf die Schnauze zu klatschen, ehe sie einstieg.
Dann standen die beiden Brüder Mogelzahn vom Maikäferweg auf der Besucherliste. Dort klappte es nicht so reibungslos... Den Brüdern gelang die Flucht auf den Dachboden, wo sie sich inmitten ihres reichbestückten Käselagers verbarrikadierten. Dann bewarfen sie die Spürmäuse von der Dachluke aus eine halbe Stunde lang mit gewaltigen Ladungen. — So viel Käse hatten die! Die Kriminalmäuse hatten keine Lust, sich auf eine Käseschlacht einzulassen; deshalb gingen sie hinter einer Regentonne in Deckung und brauchten nur noch abzuwarten, bis die Mogelzahns ihre ganze Munition verschossen hatten... Die Schlürfigels rückten zusammen, als die Beiden in den Gitterwagen geschoben wurden.
Nun sollte noch der Gemischtwarenhändler Madenspeck vom Kornmarkt im Netz zappeln. Doch der hätte den Käsefängern beinahe Kummer bereitet. — Als diese nämlich durch das Küchenfenster ins Haus eingestiegen waren, stellte sich ihnen die kugelrunde Kochmaus Mimosa kampfesmutig in den Weg.
Es vergingen kostbare Minuten, bis das kreischende und boxende Hindernis beseitigt war. So konnte sich Herr Madenspeck im Eßzimmer schnell noch fünfzehn Käseknödel in den Bauch stopfen. Da hätte gar nicht viel gefehlt, und er wäre am sechzehnten erstickt, weil dafür einfach kein Platz mehr war. Madenspeck fiel um wie ein dicker Sack und rang nach Luft. Zum Glück kamen in diesem Augenblick zwei Spürmäuse ins Zimmer.
„Madenspeck — Mausekind! — Mach die Schnauze auf!“ — Ein kräftiger Klaps auf den Bauch, und plupp! hüpfte ihm der verhängnisvolle Knödel aus dem Hals und klatschte auf den Fußboden.
„Danke schön!“ keuchte Madenspeck und holte tief Luft.
Die Käsefreunde im Omnibus mußten noch enger zusammenrücken, weil der Knödelbauch einen Liegeplatz beanspruchte!
Ja, und da wäre dann nur noch die kleine Mimi Schmalzpfötel gewesen, die manchmal so köstliche Käsehappen an ihre Schulfreundinnen verteilte...! Aber die Mimi schaute die
Spürmäuse ganz unschuldig mit ihren schwarzen Kulleraugen an und lispelte: „Ja ist es denn verboten, daß man so einen kleinen Käseknaben von da drüben kennt?“ — Die Kriminalmäuse
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