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100 - Leichengeflüster

100 - Leichengeflüster

Titel: 100 - Leichengeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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sie sprach und wie sie sich
kleidete.
    Er fühlte
sich nicht mehr wohl in ihrer Nähe, und wenn er bedachte, daß er diese Frau vor
zwanzig Jahren geheiratet hatte, fragte er sich, ob er sie damals nicht mit
kritischen Augen betrachtete.
    Die kleinen
Fehler hatten sich zu unangenehmen Belastungen ausgewachsen.
    Wenn er sie
mit eingedrehten Lockenwicklern am Frühstückstisch sah, wenn er hörte, wie sie
ihren Kaffee schlürfte und immer - oft gedankenlos - Zucker einrührte, dann
verkrampfte sich alles in ihm.
    Der Gedanke,
sich von ihr zu trennen, nagte schon seit einiger Zeit in ihm. Der Gedanke, sie
zu töten, kam plötzlich, als er abends vor dem großen Spiegel im Herrenzimmer
stand und sich die Krawatte umband.
    Anne-Rose
klapperte mal wieder unerträglich laut in der Küche mit dem Geschirr, dabei
sollte sie sich längst umgezogen haben. Heute abend waren sie bei den Nachbarn
eingeladen. Die Dokkarts erwarteten sie um halb acht. Jetzt war es sieben,
Anne-Rose war nicht gekämmt, nicht geschminkt, trug noch ihre ausgebeulte,
abgewetzte Cordhose und den schrecklichen Pulli, der wie ein alter Lappen an
ihr hing.
    »Du solltest
dich endlich umziehen !« rief Jeff über die Schulter
nach hinten. »Es ist höchste Zeit. Wir kommen mal wieder zu spät .«
    Seine
Zornesader schwoll an, sein Herz begann rascher zu schlagen und seine
Handinnenflächen wurden feucht.
    »Ja, ja,
schon gut«, klang es gleichgültig aus der Küche. »Ich bin gleich so weit .«
    Gleich! Das
Wort reichte ihm schon wieder. Immer wenn sie »gleich« sagte, fing sie noch
etwas an. Wenn sie in den Keller lief, um ihre Schuhe anzuziehen, und »gleich«
sagte - dann dauerte das zehn Minuten, weil sie unterwegs an den Blumenkästen
vorbeikam, wo verdorrte Blätter und verwelkte Blüten ihre Aufmerksamkeit
erregten, was sie bewog, dem Übel abzuhelfen.
    Dann fing die
Hetzerei wieder an, Anne-Rose machte sich in aller Eile fertig, und sie
stürzten wie von Sinnen aus dem Haus, unter Vorwürfen, und kamen wieder mal
zehn Minuten oder eine Viertelstunde zu spät.
    Schon lange
waren sie nicht mehr zu dem Zeitpunkt eingetroffen, zu dem sie erwartet wurden.
    Das wurmte
Jeff Candell. Er liebte Pünktlichkeit.
    Wieder kam
der Gedanke an ihren Tod. Das verwirrte ihn ein wenig ...
    Mord?
    Aus einer
erst flüchtigen Idee wurde ein innerer Zweikampf, eine Auseinandersetzung und
tiefschürfende Überlegung.
    »Noch drei
Minuten, Liebling, dann können wir gehen !« Wie aus
weiter Ferne vernahm er ihre säuselnde Stimme.
    »In drei
Minuten kannst du noch nicht fertig sein, weil du nicht gekämmt, nicht
geschminkt und nicht umgezogen bist«, stieß er wütend hervor und starrte auf
sein Spiegelbild.
    Jeff war
vierzig, Anne-Rose drei Jahre jünger. Er fand, daß er noch gut aussah. Er war
ein stattlicher Mann, und die Frauen lächelten ihm zu, wenn er durch das Büro
ging. Er hatte noch Chancen und konnte an der Seite einer anderen jederzeit ein
neues Leben beginnen. Es gab genügend Frauen, die gern mit ihm ausgehen würden.
Und das sicher pünktlich ...
    Da war Patsy,
blond, jung, sehr fröhlich ... er hatte ihre Blicke bemerkt. Sie war gern in
seiner Nähe - und fünfzehn Jahre jünger als Anne-Rose. Sie saß bestimmt nicht
morgens mit Lockenwicklern am Frühstückstisch und gab Banalitäten von sich.
    Er mußte
Anne-Rose beseitigen ... Der Gedanke war ihm plötzlich so vertraut, als hätte
er seit Monaten nichts anderes mehr gedacht.
    Wie konnte er
es am besten anstellen? Gift?
    Das war zu
einfach. Es würde zu schnell gehen.
    Ein Unfall?
    Dann würde
Anne-Rose nicht spüren, daß es ein Mord war, daß er ihren Tod wollte.
    Sie sollte
wissen, daß er es war, der sie tötete ...
    Er sah im
Spiegel, wie sein Gesicht hart wurde und die Linien um seinen Mund sich verschärften.
Seine Augen blickten kalt.
    Um seine
Lippen spielte ein teuflisches Lachen.
    Sie sollte
leiden - so wie sie ihn die letzten Jahre hatte leiden lassen.
    »Ich weiß
auch schon, wie ich es anstelle«, hörte er sich flüstern. Er sah, daß im
Spiegelbild sein Mund sich bewegte, aber er registrierte auch, daß er selbst -
sich nicht rührte, daß er gar nicht wirklich sprach, sondern nur sein
Spiegelbild...
     
    ●
     
    »Ich werde es
für dich tun«, sprach der »andere« im Spiegel weiter. Wie ein Schatten, dünn
und diffus, löste sich die Gestalt von der Spiegelfäche, stand ihm nun wirklich
und dreidimensional gegenüber. Sie war wie er, sein spiegelverkehrtes Bild,
sein Körper, nur

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