100 Prozent Anders
Scheckbuch und pinselte eine Vier mit drei Nullen und meine Unterschrift auf den Scheck. Nora hatte mal wieder ihren Willen bekommen.
Nachdem wir eine gute Stunde zu dritt im Auto saßen, lag Askan wie ein Häufchen Elend zusammengekauert auf dem Rücksitz. Er gab keinen Laut von sich – doch über seine Wangen kullerten dicke Tränen. In dem Moment wusste ich: Dieser Hund wird niemals böse sein können. Genau so war es dann auch.
Askan ist schon viele Jahre tot, aber bis heute ist er für mich einer der tollsten und einzigartigsten Hunde, die ich kennengelernt habe. Keine Spur von Aggressivität, eine Seele von Hund. Hin und wieder, wenn man mit ihm schimpfte, versteckte Askan seinen Kopf unter einer Gardine. So sah er uns nicht mehr und glaubte, dass man ihn so auch nicht mehr sehen könne. Es sah urkomisch aus: Ein 70 Kilo schwerer schwarzer Hundekörper ragte kopflos unter einer Gardine hervor. Wir hatten also wieder Familienzuwachs, und der Hund lenkte Nora etwas von ihrer Trauer um ihre geliebte Mami ab.
Nach etwa einem Jahr bekamen wir einen Anruf von einer Dame, die fragten, ob wir im Besitz einer Dogge namens Askan seien. Ich war am Telefon und erzählte ihr, wie und wo wir das Tier gekauft hätten. Dann sagte sie: „Das ist meine Dogge.“ Ich: „Wie kommen Sie denn darauf?“ Um es kurz zu machen: Die Dame und ihr Mann hatten Askan gekauft, als er noch ein Doggenbaby war. Dann ließ sich das Paar scheiden. Der Mann zog nach Berlin, die Frau nach Hamburg. Askan wurde jede Woche hin und her geschickt. Irgendwann war es ihnen zu anstrengend, und Askan kam zu seinem Züchter zurück. „Jedoch nur vorübergehend, zur Pflege. Niemals hätte der Züchter Askan an Sie verkaufen dürfen“, ärgerte sich die Dame. Ich erklärte ihr, dass das ja nicht mein Problem sei und dass sie sich schließlich ein ganzes Jahr nicht um Askan gekümmert habe. Wir einigten uns dann darauf, dass Nora und ich Askan behalten durften. Als ich auflegte, sagte ich zu Nora: „Kann bei uns nicht mal irgendwas ohne Aufregung ablaufen?“ Nora schwieg.
***
Wir beschlossen, noch in diesem Jahr zu heiraten. Zunächst nur standesamtlich. Noras Schwestern und meine Eltern waren von unserem Vorhaben nicht besonders begeistert. Sie waren sich einig, dass wir mehr Zeit zum Kennenlernen bräuchten. Und überhaupt seien wir noch viel zu jung zum Heiraten. Nora war gerade 20, ich 21. Doch unser Entschluss stand fest. Argumente, die uns ins Grübeln bringen sollten, prallten an uns ab.
Unsere standesamtliche Trauung fand in ganz kleinem Kreis am 28. Dezember 1984 statt. Noras Trauzeugin war ihre Freundin Anja, mein Trauzeuge war mein Bruder Achim. Nach dem Standesamt waren wir zu viert essen, mehr nicht. Weder meine Eltern noch unsere restlichen Geschwister waren dabei. Wir wollten im Sommer ein großes Fest mit kirchlicher Trauung feiern.
Meine Mutter hatte das Verhängnis von Anfang an kommen sehen. Auch mein Vater war sich sicher, dass diese Ehe nicht halten würde. Dabei mochten sie Nora. Zumindest am Anfang. Später dann nicht mehr, weil sie natürlich auch in den Zeitungen lesen mussten, dass Nora Schuld sei am Ende von Modern Talking und dass sie angeblich die Karriere des Sohnes auf dem Gewissen habe. Hierbei muss ich aber fair sein. Ich hatte mir Nora ausgesucht. Niemand hatte mich gezwungen, sie zu heiraten. Nora besaß ihren eigenen Kopf, und den hat sie durchgesetzt, kostete es, was es wollte.
Rückblickend muss ich sagen, dass ich damals einfach zu schwach und zu bequem war, um mich gegen Nora aufzulehnen und ihr Einhalt zu gebieten. Es gibt Partnerschaften, die basieren auf Liebe, Vertrauen und Verständnis. Der eine ist für den anderen da, gemeinsam löst man Probleme und ist ein unschlagbares Team. So lebe ich heute mit meiner zweiten Frau Claudia. Mit Nora war es anders. Sie ist Sternzeichen Löwe und liebte es, mit Männern zu spielen. Sie suchte in unserer Beziehung stets einen neuen Reiz. Ich durfte mich bei ihr nie wirklich fallenlassen, denn das hätte sie gelangweilt. Nora durfte sich ihrer Sache nie zu sicher sein, sonst verlor sie das Interesse daran.
Kinder waren bei uns nie ein Thema. Nora wollte keine. Ehrlich gesagt, hätte ich mir Nora auch nicht als Mutter vorstellen können. Zudem waren wir mit Anfang 20 auch einfach noch zu jung dafür. Ich fing ja gerade erst an, beruflich durchzustarten. In unseren ersten gemeinsamen Jahren waren wir verdammt glücklich. Vielleicht auch deshalb, weil wir eigentlich
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