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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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dem man teilen könnte. Das bedingungslose Grundeinkommen ersetzt keine Arbeitsplätze, aber es ermöglicht sie.

6. Kapitel:
    Das Ende der Arbeit ist
der Anfang neuer Arbeit
    Arbeit ist Pflicht – Grundeinkommen
ist Würde
    Arbeit ist ein Menschenrecht. So etwa steht es auch in Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: »Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.«
    Doch das Recht wird in der Praxis ausschließlich als Pflicht interpretiert. Wer in der DDR nicht arbeiten wollte, wurde als »asozial« geächtet. Laut Paragraph 249 des DDR-Strafgesetzbuches von 1974 wurde bestraft, »wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung dadurch gefährdet, dass er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit hartnäckig entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist«. Als mögliches Strafmaß waren Verurteilung auf Bewährung, Arbeitserziehung oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vorgesehen.
    Wenn wir im Westen also beeindruckt auf die selbstverständliche Berufstätigkeit der Frauen in der DDR guckten, die durch ein umfassendes Kindergartenangebot ermöglicht wurde, ahnten wir nicht, dass es für sie nicht die Entscheidungsfreiheitgab, sich lieber eine bestimmte Zeit um ihre Kinder zu kümmern, als in irgendeiner LPG Arbeit fürs Volk zu leisten. Die es dennoch wagten, mussten Verfolgung durch die Strafbehörden fürchten – auch, dass ihnen das Kind weggenommen wurde. Das bittere Kapitel der Zwangsadoptionen in der DDR als Folge des fanatisch durchgesetzten »Rechts auf Arbeit« wird gerade mühsam aufgearbeitet.
    Im wiedervereinigten Deutschland ist diese Art von Zwangsarbeit zwar nicht im Strafgesetz verankert, aber die Pervertierung des Rechts auf Arbeit zur Pflicht steckt sowohl in den Köpfen als auch im Geist von Hartz IV. Wer die Zwangsangebote der Arbeitsagentur ablehnt, wird durch besonders harte Sanktionen in die Knie gezwungen, allen voran junge Erwerbslose.
    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert: »Wenn Sie unter 25 Jahre alt sind und eine zumutbare Arbeit ablehnen, wird Ihre Regelleistung für drei Monate gestrichen. Gestrichen werden auch die Zahlungen für Mehrbedarfe und der befristete Zuschlag. Zahlungen für Unterkunft und Heizung werden in der Regel dann direkt an den Vermieter überwiesen, damit Sie Ihre Wohnung behalten können. Das Notwendigste zum Leben erhalten Sie in Form von Sachleistungen (etwa Lebensmittelgutscheine oder Kleidung). Bei einer wiederholten Arbeitsablehnung entfällt auch die Zahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung an den Vermieter.«
    Wer sich – aus durchaus nachvollziehbaren Gründen – weigert, an sinnfreien Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen teilzunehmen, dem droht Obdachlosigkeit. Das weiß auch das Ministerium und mildert etwas ab: »Um Obdachlosigkeit bei den Jugendlichen zu vermeiden, können die Kosten für Unterkunft und Heizung jedoch sofort wieder übernommen werden, wenn der Jugendliche sich nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen.«
    Arbeit ist Pflicht. Wer sich beugt, dem wird gegeben. Wer nicht arbeiten will, muss am Existenzminimum leben. So weit sind wir damit vom DDR-Umgang mit »Arbeitsscheuen« im wiedervereinigten Deutschland nicht entfernt. Zwar droht dem Langzeitarbeitslosen keine Gefängnisstrafe, aber Sanktionen wie sinnlose Ein-Euro-Jobs, sinnlose Schulungen oder Einkommenskürzungen werden von den so Bestraften nicht als grundsätzlich anders erlebt. Sie dürfen sich nicht frei bewegen, müssen jede Art schlechtbezahlter Zwangsarbeit leisten und Details aus ihrem Privatleben offenlegen. Das ist beschämend und würdelos in einem der reichsten Länder der Welt. Erwerbslose werden faktisch ihrer Grundrechte beraubt, die der Staat laut Grundgesetz eigentlich nur im Fall einer Straftat einschränken darf. Wie gesagt: Hartz IV ist offener Strafvollzug!
    Es lässt sich erahnen, wie sehr ein bedingungsloses Grundeinkommen die psychische Verfassung der Republik beeinflussen könnte, wenn die Angst so vieler davor schwinden würde, die Existenz zu verlieren und in eine Falle von Abhängigkeit, Arbeitslosigkeit und gesellschaftlicher Ausgrenzung zu geraten oder einen erniedrigenden Job annehmen zu müssen. Es könnte ein Hauch von Würde durchs Land ziehen, weil die Einzelnen, wenn auch auf einem bescheidenen Niveau, die Freiheit hätten zu wählen. Das würde

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