1.000 Euro für jeden
Selbstversorgungswirtschaft leben, sondern in einer industrialisierten Fremdversorgungswirtschaft, sind wir alle abhängig von der Arbeit anderer, jeder von uns arbeitet für jemand anderen, keiner mehr für sich selbst. Unsere Volkswirtschaft zeichnet sich durch ein hohes Maß an Arbeitsteilung und Spezialisierung aus. Die Einzelnen sind weniger auf das Geld, das sie verdienen, angewiesen, sondern darauf, dass sie sich dafür etwas kaufen können. Ein Bankmanager kann noch so viel verdienen; wenn er kein Geschäft findet, in dem er Lebensmittel kaufen kann, wird er verhungern. Deswegen kann man unsere Wirtschaftsform als ein »organisiertes Füreinander-Leisten« bezeichnen. Ohne das fundamentale Vertrauen eines jeden, dass andere Menschen permanent die Initiative ergreifen und produzieren, müsste unsere Gesellschaft zusammenbrechen.
Als Konsumierende haben wir deswegen ein großes Interesse daran, dass diejenigen, die Leistung für uns erbringen, dies möglichst ungestört tun können – und möglichst wenig mit Kosten belastet werden. Je höher die Steuerbelastung der Produktion ist, desto teurer wird das Produkt und desto weniger können wir für unser Geld kaufen. Deswegen stehen wir ja täglich vor dem Konflikt, ob wir etwa das billige T-Shirt aus Asien kaufen, wo keine oder geringere Besteuerungen auf den Produktpreis aufgeschlagen werden müssen, oder das teure aus deutscher Herstellung, das den Arbeitsplatz unserer Nachbarin sichert. Eine Einkommensbesteuerung ist deswegen nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen stattdessen das Wertschöpfungsergebnis, also das Produkt oder die Dienstleistung besteuern, die am Ende allen wirtschaftlichen Wirkens steht. Das geschieht heute schon, durch die Mehrwertsteuer. Schließlich muss jede wirtschaftliche Wertschöpfung irgendwann zu einem konsumierbaren Gut oder zu einer sinnvollen, tatsächlich nachgefragten Dienstleistung führen. Tut sie das nicht, handelt es sich um sinnlose Beschäftigungstherapie. Kein Unternehmen wird Güter produzieren, die niemand haben will. Erst im Moment des Konsums zeigt sich, ob tatsächlich eine Wertschöpfung stattgefunden hat. Genau dann kann und muss der Steuerzugriff erfolgen. Und voilà: Das ist die Konsumsteuer.
Ein Unternehmen ist das Ergebnis des – möglichst sinnvoll geordneten – Ineinandergreifens einer großen Zahl einzelner menschlicher Initiativen. Sehen können wir dabei nur die materiellen Ressourcen selbst – die Gebäude, die Maschinen und die Werkzeuge. Doch in dem, was wir sehen, steckt nicht die kreative unternehmerische Kraft. Einer der beiden Gründer eines in Stuttgart ansässigen bekannten Kolbenherstellers pflegte, nach der Substanz seines Unternehmens befragt, gerne zu sagen: »Ohne uns – alles Schrott!«
Das Kapital ist kein Sack Geld, keine Fabrik, sondern eine gesellschaftlich produktiv wirkende Kraft. Die geistige Kraft, die ein Unternehmen formt, ist das einzig Interessante am Kapital. Ohne diese Kraft wäre jede Firma eine mehr oder weniger chaotische Ansammlung von Gebäuden, Maschinen und Schreibtischen, es wäre eben »alles Schrott«.
Die Einkommensteuer, auf der unser heutiges Steuersystem überwiegend basiert, bewirkt inzwischen etwas, das geradezu widersinnig ist: Man greift mit ihr in den Prozess der gesellschaftlichen Wertschöpfung ein, bevor dieser zu einem Abschluss gekommen ist – nämlich zu konsumfähigen Produkten und Dienstleistungen.
Knospenfrevel am gemein-
schaftlichen Apfelbaum
Es ist wie auf der Obstwiese: Bevor man Äpfel ernten kann, muss man erst einen Apfelbaum pflanzen. Unabdingbar ist es zudem, rechtzeitig Rücklagen zu bilden, sprich, neue Bäumchen zu ziehen. Man sollte vor der Ernte natürlich nicht den Baum fällen – und vor allem seine Äpfel nicht pflücken, bevor sie reif sind. Genau das aber versuchen alle Steuern, die in den laufenden Wertschöpfungsprozess eingreifen, bevor konsumfähige Güter und Dienstleistungen entstanden sind. Wer bereits den Anbau von Äpfeln besteuert und nicht erst deren Verbrauch, der betreibt Knospenfrevel. Man schmälert damit keineswegsden Profit des Obstbauern; der kann ja seine Preise so gestalten, dass er immer noch seinen Gewinn macht, doch man erschwert der Gesellschaft, möglichst viele und möglichst gute Äpfel zu möglichst günstigen Preisen zu produzieren.
Und wenn wir ausgerechnet den Lohn der Apfelpflücker besteuern, dann schmälern wir die Bezahlung der Arbeitskräfte und reduzieren gleichzeitig deren
Weitere Kostenlose Bücher